Minna-Briefe-Kalender (3)

Ri­chard Wag­ner an Min­na Pla­ner, ge­schrie­ben am 25. Mai 1835 in Leip­zig, ge­sen­det nach Dresden.

Lei­der ganz ge­gen mei­ne Ge­wohn­heit nur sehr flüch­tig, mein lie­ber En­gel, kann ich Dir jetzt schrei­ben. Du bist mir hier ein Traum ge­we­sen, we­nigs­tens kam es mir ges­tern den gan­zen Tag so vor. Nach­dem ich Dich schei­den ge­se­hen hat­te,[1] ging ich nach Haus, u. voll Kum­mer, Sehn­sucht, Gram u. Mis­muth leg­te ich mich be­trübt noch ein­mal auf’s Bett. Ich träum­te da noch ein­mal recht leb­haft von Dir, ich sah Dich wie­der, sah Dich aber auch fort­gehn; – im­mer wei­ter, im­mer wei­ter, wei­ter, – mir wur­de so bang, u. mit ei­nem Angst­seuf­zer wach­te ich auf! – Du kannst Dir wol den­ken, wie froh ich bin, mich wie­der so ver­las­sen u. al­lein zu se­hen! – Ach, es ist schreck­lich! Leb’ wohl, mei­ne Ge­lieb­te, – ich schrei­be Dir bald ru­hi­ger u. mehr! Grüß mir un­be­kann­ter Wei­se die Dei­ni­gen bes­tens, u. emp­fiehl mich ih­rer Ge­neigt­heit, die ich wol noch in An­spruch zu neh­men ge­den­ke! – Gott schüt­ze Dich, Adieu, Adieu, mei­ne Minna!
Dein
Ri­chard Wagner.

[1] Min­na hat­te Wag­ner drei Tage in Leip­zig be­sucht und fuhr an­schlie­ßend wei­ter nach Dres­den, wo sie wäh­rend der Som­mer­fe­ri­en bei ih­ren El­tern wohn­te. Ge­gen­über sei­nem Freund Theo­dor Apel, dem er un­ter an­de­rem Ende März in ver­meint­li­cher Ken­ner­schaft brief­lich be­rich­tet hat­te, „Min­na hat jetzt das mo­nat­li­che u. ist et­was krank“, prahl­te Wag­ner am 6. Juni 1835 über Min­nas Be­such wei­ter: „Min­na war hier u. setz­te sich mir zu lieb 3 Tage hier­her, beim schlech­tes­ten Wet­ter, ohne ir­gend sonst ei­nen Men­schen zu ken­nen, u. ohne ir­gend wo­hin aus­zu­kom­men, nur um mich zu ge­nie­ßen: – so et­was rührt; – es ist merk­wür­dig, wel­chen Ein­fluß ich auf das Mäd­chen ge­won­nen habe, – Du soll­test die Brie­fe le­sen, – sie bren­nen vor Feu­er, u. daß ihr dies nicht an­ge­bo­ren ist, wis­sen wir bei­de.– Sie grüßt Dich. –“

Quel­len: Di­gi­ta­le Bi­blio­thek Band 107: Ri­chard Wag­ner: Wer­ke, Schrif­ten und Brie­fe; Ri­chard Wag­ner: Sämt­li­che Brie­fe, Bd. 1, 1967.

Sie kön­nen Beers Blog abon­nie­ren – Wir freu­en uns sehr, wenn Sie un­se­re Ar­beit un­ter­stüt­zen und Mit­glied bei uns wer­den. Dar­über hin­aus ist uns na­tür­lich auch jede Spen­de hoch­will­kom­men. Die liebs­te Tä­tig­keit un­se­res Schatz­meis­ters ist es, Spen­den­quit­tun­gen aus­zu­stel­len. Un­se­re Bank­ver­bin­dung bei der Spar­kas­se Bam­berg: DE85 7705 0000 0300 2814 41

Ähnliche Beiträge