Intensive Tage am Grünen Hügel

Ein Beitrag von Laura Barthel.

Das Sti­pen­dia­ten­pro­gramm be­gann für mich per­sön­lich schon im Juli, also ei­nen gu­ten Mo­nat vor der ei­gent­li­chen Zeit bei den Fest­spie­len. In Bam­berg durf­te ich ei­nem In­ter­view von Mu­sik­jour­na­list Nick-Mar­tin Ster­nitz­ke mit dem Re­gis­seur des ak­tu­el­len „Par­si­fal“ Jay Scheib lau­schen. Durch Jay Scheib er­hielt ich eine Kar­te für die Ge­ne­ral­pro­be zwei Wo­chen spä­ter. So konn­te ich schon vor Be­ginn der Fest­spie­le die Luft am Grü­nen Hü­gel at­men und den „Par­si­fal“ so­gar mit AR-Bril­le sehen.

Bay­reu­ther Fest­spie­le, Ge­ne­ral­pro­be - Fo­tos: Ul­ri­ke Müller

Ein paar Tage spä­ter in­for­mier­te mich die Vor­sit­zen­de Uli Mül­ler, dass ich tat­säch­lich für das dies­jäh­ri­ge Stipendiat*innen-Konzert aus­ge­wählt wur­de. Um ehr­lich zu sein, konn­te ich das im ers­ten Mo­ment kaum glau­ben … und habe mich dann un­heim­lich ge­freut! Ich mach­te mich also auf den Weg nach Bay­reuth, wo ich noch am Bahn­hof auf die Pia­nis­tin Jus­ti­ne aus Ber­lin traf. Eine sehr net­te Be­geg­nung und de­fi­ni­tiv ein gu­ter Start für fünf Tage Fest­spiel­zeit!  Wirk­lich schön fand ich den frän­ki­schen Abend gleich zu Be­ginn. Da ich am Kon­zert sin­gen soll­te, war ich na­tür­lich ab dem zwei­ten Tag mehr ein­ge­spannt - wir muss­ten schließ­lich pro­ben. Doch am ers­ten Abend war ich noch sorg­los und konn­te in span­nen­de Ge­sprä­che mit den an­de­ren Stipendiat*innen eintauchen.

Emp­fang vor Haus Wahnfried

Nach der Be­grü­ßung am Haus Wahn­fried am nächs­ten Mor­gen ging es für mei­ne Pia­nis­tin An­ni­ka und mich di­rekt zur Pro­be in den Räu­men der Kla­vier­ma­nu­fak­tur Stein­grae­ber & Söh­ne. Ein Traum, dort pro­ben zu dür­fen! An­ni­ka und ich har­mo­nier­ten auf An­hieb gut und ich hat­te gro­ßen Spaß, ge­mein­sam mit ihr Mu­sik zu ma­chen. Die Zeit ver­flog, schon fan­den wir uns alle im Fest­spiel­haus ein, um den „Tann­häu­ser“ zu er­le­ben. Eine tol­le, fas­zi­nie­ren­de In­sze­nie­rung mit ei­ner noch tol­le­ren Pau­sen­ein­la­ge. Alle ström­ten zum Teich, um die Drag­queen Le Gateau Cho­co­lat ge­mein­sam mit ih­ren Mit­strei­ten­den Ve­nus und Os­kar per­for­men zu se­hen. Auch am nächs­ten Mor­gen tra­fen An­ni­ka und ich uns wie­der in den Pro­be­räu­men. Eine klei­ne Be­las­tungs­pro­be für mei­ne Stim­me, denn um neun oder zehn Uhr mor­gens pro­ben, heißt: Früh ge­nug auf­ste­hen, da­mit der Kör­per schon mal wach wird und min­des­tens eine hal­be Stun­de vor Pro­ben­be­ginn da zu sein, um sich in Ruhe ein­sin­gen zu können.

Lau­ra Bart­hel (rechts) beim In­ter­na­tio­na­len Stipendiatenkonzert

Un­se­re zwei­te Oper, der „Sieg­fried“, war mir per­sön­lich in der sze­ni­schen Aus­füh­rung zu schlicht, doch das mu­si­ka­li­sche Ni­veau war - wie je­den Abend - be­ein­dru­ckend! Un­glaub­lich fand ich Klaus Flo­ri­an Vogt, der am ei­nen Abend die Ti­tel­par­tie im „Tann­häu­ser“ und am dar­auf­fol­gen­den eben­die­se im „Sieg­fried“ sang. Am vier­ten Tag gab es noch ein­mal „Par­si­fal“ für uns. Auch dies­mal hat­te ich eine AR-Bril­le an mei­nem Sitz. Teil­wei­se war es wirk­lich et­was über­for­dernd, der Mu­sik, der rea­len Büh­ne und der Aug­men­ted Rea­li­ty zu fol­gen. Aber es war höchst span­nend! Mei­ner Mei­nung nach hat die­ses Kon­zept de­fi­ni­tiv sei­ne Da­seins­be­rech­ti­gung und zeigt uns, dass es eine Zu­kunft für die Oper gibt. Denn wir brau­chen neue, in­no­va­ti­ve Her­an­ge­hens­wei­sen an die­se Kunst­form und schließ­lich darf ja jede*r selbst ent­schei­den, ob mit oder ohne Bril­le. Ins­ge­samt konn­te ich lei­der auf­grund der Vor­be­rei­tungs­zeit für das Kon­zert an nur we­ni­gen Ver­an­stal­tun­gen der Sti­pen­di­en-Tage teil­neh­men. Be­rei­chernd fand ich das En­sem­ble-Ge­spräch mit Solist*innen der Fest­spie­le und die Füh­rung durch das Fest­spiel­haus. Au­ßer­dem durf­te ich end­lich ei­nen mei­ner liebs­ten Opern­sän­ger, Ge­org Zep­pe­n­feld, live on stage hö­ren. Be­ein­dru­ckend, wie gut er sein In­stru­ment be­herrscht. Nicht zu ver­ges­sen, dass ich tol­le, jun­ge Musiker*innen ken­nen­ge­lernt habe, mit wel­chen ich si­cher in Zu­kunft wie­der Kon­takt ha­ben wer­de. Be­son­ders un­ter uns Kon­zert-Teil­neh­men­den wuchs der Zu­sam­men­halt von Tag zu Tag und am Abend des Er­eig­nis­ses war die ge­gen­sei­ti­ge Un­ter­stüt­zung wirk­lich groß und rich­tig schön.

Fest­spiel­haus-Be­sich­ti­gung, v.l. Lau­ra Bart­hel, The­re­sa Dau­er, Lil­li Kuen, Uli Mül­ler. Foto: Dirk Röbbel

Ein Dan­ke­schön geht an den Ri­chard-Wag­ner-Ver­band Bam­berg, der mir er­mög­licht hat, die­ses Jahr als Sti­pen­dia­tin bei den Bay­reu­ther Fest­spie­len da­bei sein zu dür­fen. Be­son­de­ren Dank ver­dient Uli Mül­ler, die mich in­ten­siv be­treut hat und stets ein of­fe­nes Ohr für Fra­gen al­ler Art hat­te. Ich bin glück­lich und dank­bar, die­se in­ten­si­ven Tage am Grü­nen Hü­gel ver­bracht zu ha­ben und alle kom­men­den Stipendiat*innen in Bam­berg dür­fen sich auf ei­nen Ver­band freu­en, der un­ter­stützt und zu­kunfts­ori­en­tiert arbeitet.