Markus Lüpertz gelingt für die Barockoper „Una cosa rara“ von Vicente Martín y Soler in Regensburg eine überzeugende Opernausstattung.
Nein, das Publikum hat den Künstler am Ende nicht, wie er es sich vorher scherzhaft vorgestellt hatte, im Triumphzug aus dem Theater getragen. Aber gefeiert wurde Markus Lüpertz bei der Premiere von Vicente Martín y Solers Buffo-Oper „Una cosa rara“ mit großem und herzlichen Beifall. Kein Wunder, hat er doch gezeigt, dass ein veritabler Maler und Skulpteur durchaus in der Lage ist, eine Operninszenierung so auszustatten, dass die Betrachter ihre helle Freude daran haben.
Das liegt natürlich zunächst einmal daran, dass Jens Neundorff von Enzberg, der Intendant des Theaters Regensburg, das richtige Stück oder besser gesagt die richtige Ausgrabung getätigt hat. Denn die 1786 uraufgeführte Oper des spanischen Komponisten im Textbuch Lorenzo da Pontes war zwar auf Anhieb ein Kassenschlager, der Mozarts „Figaro“ auf die Plätze verwies und sogar einen Modetrend setzte, überlebte aber nur als musikalisches Zitat in Mozarts „Don Giovanni“.
Die Wiedererweckung der weithin unbekannten idyllischen Schäferoper ist vor allem deshalb so überzeugend gelungen, weil die Hauptverantwortlichen die Produktion mit großem handwerklichem Können und mit der notwendigen großen Portion Ironie angegangen sind. Regisseur Andreas Baesler, der hiesigen Opernfreunden durch seine Arbeiten in Nürnberg ein Begriff ist, und Dirigent Christoph Spering haben entschlossen gekürzt.
Das zweiaktige Dramma giocoso wurde verdichtet auf schöne Arien und rhythmisch durchaus anspruchsvolle Ensembleszenen, auf unterhaltsame Liebeswirren und Intrigen sowohl im Hochadel als auch beim niederen Volk. Wenn Königin Isabella eingangs auf der Jagd die auf der Drehbühne vorbeirauschenden wuchtigen Wildschweine verfehlt und nur einen Frischling erlegt, wird sofort klar: Augenzwinkern ist angesagt – gerade, aber nicht nur bei den Großkopferten.
Was auch die naiv wirkende Ausstattung suggeriert, die in ihrer Pinselstrichästhetik und den Schiebekulissen nicht auf Perfektion, sondern eher aufs Provisorische und damit auf die Phantasie in den Köpfen der Zuschauer setzt. In dieser Mischung aus Märchenwald und Geisterbahn – die Bühne von Markus Lüpertz hat Ruth Groß umgesetzt, die Kostüme haben beide gemeinsam entwickelt – kabbeln, seufzen und lieben sich Kunstfiguren, die so lebendig und witzig geführt sind, dass die ach so ferne barocke Schäferoper ohne Bauchlandung im 21. Jahrhundert ankommt.
Die Solisten haben erkennbar selber Spaß an dieser Rarität (Una cosa rara), die im Untertitel mit der Kombination von Schönheit und Tugend präzisiert wird: Die heftig umworbene Schäferin Lilla hat es nicht leicht, trotzt aber allen Verführungen und bleibt ihrem Schäfer treu, während die Königin, die das einfache Landleben idealisiert, Stück für Stück, Kostümteil für Kostümteil, zumindest für sich die gesellschaftliche Realität entdeckt. Bei allem Spaß darf auch etwas Tiefe sein.
Bei der Premiere am Samstag war Sinéad Campbell-Wallace als Isabella auch sängerisch die Königin des Abends, alle weiteren Solisten und das historisch informiert geführte Philharmonische Orchester unter Christoph Spering sorgten mit Präzision und viel Spielwitz dafür, dass Vicente Martín y Soler für alle, die diese seine Musik jetzt hören, kein Unbekannter mehr ist und in angenehmer Erinnerung bleibt.
Dass Markus Lüpertz, wie es sich für einen Malerfürsten gehört, die Huldigungen des Publikums nicht auf der Bühne, sondern in der Fürstenloge entgegennahm, sei ihm ausnahmsweise vergönnt. Seine Entwürfe zu „Una cosa rara“ und einige weitere Werke sind bis 21. November in der Regensburger Galerie Artaffair (Neue-Waag-Gasse 2) ausgestellt. Auch dieser Besuch lohnt sich, denn in den zeichnerischen Details zeigt sich mehr noch und anders als in der vom soßigen Licht manchmal doch unmalerisch realisierten Bühnenumsetzung, dass dieser Künstler, auf dessen Kirchenfenster die Bamberger sich freuen dürfen, ein Könner ist.
Termine und Karten
Weitere Vorstellungen (jeweils um 19.30 Uhr) am 10., 18. und 24. November, am 13. Dezember sowie 2019 bis Saisonende wenigstens einmal. Karten telefonisch unter 0941/5072424, per E-Mail: karten@theaterregensburg.de und online unter https://www.theater-regensburg.de/home/
Erstveröffentlichung im Feuilleton des Fränkischen Tags vom 1. November 2018
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