Wagner – historisch informiert?

Von 20. bis 22. Sep­tem­ber 2022 be­schäf­ti­gen sich Wis­sen­schaft­ler und Thea­ter­prak­ti­ker im For­schungs­in­sti­tut für Mu­sik­thea­ter in Thur­n­au mit der his­to­ri­schen Auf­füh­rungs­pra­xis kon­kret bei Wagner.

Bay­reu­ther Fest­spie­le 1876, „Das Rhein­gold“, 1. Bild, Schwimm­tech­nik – Vor­la­ge: Diet­rich Mack, „Der Bay­reu­ther In­sze­nie­rungs­stil 1876–1976“

Wäh­rend die his­to­risch in­for­mier­te Auf­füh­rungs­pra­xis in der Al­ten Mu­sik und dar­über hin­aus in­zwi­schen weit­ge­hend durch­ge­setzt ist, spielt die Idee der wis­sen­schaft­lich fun­dier­ten In­ter­pre­ta­ti­on im Thea­ter kaum eine Rol­le. Zu flüch­tig sei das Me­di­um von der An­la­ge her, zu zeit­spe­zi­fisch, zu we­nig re­kon­stru­ier­bar. Das Pu­bli­kum von heu­te wür­de eine (in der Pra­xis un­mög­li­che) his­to­risch ak­ku­ra­te Auf­füh­rung an­ders auf­neh­men als die Zu­schau­en­den der Ur­auf­füh­rung. Die Pa­ra­me­ter der leib­li­chen Ko­prä­senz von Per­for­men­den und Zu­se­hen­den und die da­mit ver­bun­de­ne an­dau­ern­de Feed­back­schlei­fe wä­ren also grund­le­gend an­ders konstituiert.

Den­noch wur­den der Ein­be­zug von his­to­ri­scher Aus­spra­che, Mi­mik und Ges­tik in die kon­zer­tan­te Auf­füh­rung des Rhein­gold durch Con­cer­to Köln un­ter der mu­si­ka­li­schen Lei­tung von Kent Na­ga­no im No­vem­ber 2021 von Mit­wir­ken­den, Be­su­chen­den und Fach­pres­se sehr po­si­tiv be­ur­teilt. Im nächs­ten Schritt stellt sich das For­schungs­in­sti­tut für Mu­sik­thea­ter (fimt) der Uni­ver­si­tät Bay­reuth im Rah­men des DFG-Er­kennt­nis­trans­fer­pro­jekts „Wag­ner­ge­sang im 21. Jahr­hun­dert – his­to­risch in­for­miert?“ in Ko­ope­ra­ti­on mit Con­cer­to Köln und Kent Na­ga­no die Fra­ge, ob sich die Fra­ge­stel­lun­gen der his­to­risch in­for­mier­ten Auf­füh­rungs­pra­xis auch auf eine voll-sze­ni­sche Pro­duk­ti­on an­wen­den lie­ßen. Die­ser Fra­ge soll im Rah­men der Kon­fe­renz Wag­ner­thea­ter! His­to­risch in­for­miert? nach­ge­gan­gen wer­den. In drei Sek­tio­nen (Ree­nact­ments als Me­tho­de von Thea­ter und Thea­ter­wis­sen­schaft, His­to­ri­sche Spiel-, De­kla­ma­ti­ons- und Ge­sangs­pra­xis, His­to­ri­sche Aus­stat­tung) dis­ku­tie­ren Expert*innen aus Wis­sen­schaft und Pra­xis die Po­ten­zia­le und Gren­zen ei­nes sol­chen Ex­pe­ri­ments. In­ter­es­sier­te sind herz­lich will­kom­men, die Kon­fe­renz zu be­su­chen. Der Ein­tritt zu den Vor­trä­gen auf Schloss Thur­n­au ist kostenlos.

PRO­GRAMM
Diens­tag, 20. Sep­tem­ber 2022
15:00 Uhr Open Doors, klei­ne Schloss­füh­rung, Kaffee
Pro­log
16:00–16:45 Uhr Anno Mun­gen / Do­mi­nik Frank (fimt, Uni­ver­si­tät Bay­reuth) - Er­öff­nungs­vor­trag, Fra­ge­stel­lung und Pro­blem­auf­riss: Kann his­to­risch in­for­mier­te Auf­füh­rungs­pra­xis im Sze­ni­schen ana­log zur Mu­sik funktionieren?
16:45–17:30 Uhr Ge­spräch mit Sa­rah We­ge­ner (Sän­ge­rin, Stutt­gart): Re­fle­xi­on der sze­ni­schen Ele­men­te im kon­zer­tan­ten Rhein­gold
Block I: Ree­nact­ments als Me­tho­dik von Thea­ter und Theaterwissenschaft
17:45–18:45 Uhr Ulf Otto (LMU Mün­chen): Evi­denz der Wie­der­ho­lung – Zur Me­tho­do­lo­gie des Reenactments
18:45–19:45 Uhr Ge­spräch mit Mi­cha­el von zur Müh­len (Re­gis­seur, Ber­lin): Ree­nact­ment als In­sze­nie­rungs­pra­xis, Mo­de­ra­ti­on: Ul­ri­ke Har­tung (fimt, Uni­ver­si­tät Bayreuth)

Mitt­woch, 21. Sep­tem­ber 2022
8:30 Uhr Open doors, Kaffee
Block II: His­to­ri­sche Darstellungspraxis
9:00–10:00 Uhr Ul­rich Hoff­mann (Mar­tin-Lu­ther-Uni­ver­si­tät Hal­le-Wit­ten­berg): Aus­spra­chenor­men der Wagnerzeit
10:00–11:00 Uhr Mar­tin Knust (Lin­nae­us Uni­ver­si­ty Väx­jö): Die his­to­risch in­for­mier­te Thea­ter­ge­bär­de: Mög­lich­kei­ten und Gren­zen des Möglichen
11:00–11:30 Uhr Pause
11:30–12:30 Uhr Chris­ti­na Mon­schau (Uni­ver­si­tät zu Köln): „Mi­mik“ in Wag­ners Ring – Theo­rie und Praxis
12:30–13:30 Uhr Sara Hub­rich (Hoch­schu­le Darm­stadt, Uni­ver­si­ty of Ap­pli­ed Sci­ence): Crea­ti­ve Em­bo­di­ment: Der Kör­per als Schau­platz der Küns­te und als Po­ten­zi­al in In­ter­pre­ta­tio­nen von Wag­ners Instrumentalmusik
13:30–14:30 Uhr Pause
Block III: His­to­ri­sche Ausstattung
14:30–15:30 Uhr Bar­ba­ra Eich­ner (Ox­ford Broo­kes Uni­ver­si­ty): Dra­chen, Göt­ter und Wal­kü­ren: My­thos­bil­der von der Büh­ne nach Net­flix und zurück
15:30–16:30 Uhr Gun­du­la Kreu­zer (Yale Uni­ver­si­ty): „Qualm der Ma­schi­ne“? Zur Am­bi­va­lenz von Wag­ners Bühnentechnik
16:30–17:00 Uhr Pause
17:00–18:00 Uhr Kor­du­la Knaus (Uni­ver­si­tät Bay­reuth): „Ger­ma­nen“ ein­klei­den. Zur Kos­tüm­fra­ge im Ring des Ni­be­lun­gen
18:00–19:00 Uhr Do­mi­nik Frank: Büh­nen­bil­der der Ring-Uraufführung(en)

Don­ners­tag, 22. Sep­tem­ber 2022
9:00 Uhr Open doors, Kaffee
Fa­zit-Block: „Und jetzt?“
9:30–10:30 Uhr­Ge­spräch  mit San­dra Leu­pold (Re­gis­seu­rin, Ber­lin): Zum Um­gang der Pra­xis mit der wis­sen­schaft­li­chen In­for­ma­ti­on, Mo­de­ra­ti­on: Do­mi­nik Frank (fimt, Uni­ver­si­tät Bayreuth)
10:30–13:00 Uhr Ab­schluss-Dis­kus­si­on mit al­len Beteiligten

Ver­an­stal­tungs­ort:
Ah­nen­saal im For­schungs­in­sti­tut für Musiktheater
Schloss Thurnau
Markt­platz 1
95349 Thurnau