Das Richard-Wagner-Museum Bayreuth zeigt bis 27. Mai eine Sonderausstellung zur „Entarteten Musik im NS-Staat“.
Nach den nationalsozialistischen Bücherverbrennungen von 1933 und der Vertreibung und Inhaftierung regimekritischer Künstler folgte 1937 die Münchner Ausstellung „Entartete Kunst“. Auch in der Musik wurden vor allem die ästhetischen und stilistischen Tendenzen der Moderne als „Degeneration“ und „Zersetzung“ gebrandmarkt. So wurde im Mai 1938 bei den „Reichsmusiktagen“ in Düsseldorf eine Ausstellung „Entartete Musik“ gezeigt. Wie die Münchner Schau stellte sie angeblich „Undeutsches“ an den Pranger und diskriminierte jüdische Operetten- und Schlagerkomponisten, atonale Werke und den Jazz als „artfremd“.
Während die zu Wagners 125. Geburtstag eröffneten Reichsmusiktage mit der Ausstellung zur ‚Entarteten Musik‘ deren Diffamierung popularisierten, wurde in Bayreuth der Geburtstag des „Meisters“ mit der endgültigen Verstaatlichung des Wagner-Erbes begangen: Auf Anregung Winifred Wagners wurde am 22. Mai 1938 per „Führer-Erlass“ die „Richard-Wagner-Forschungsstätte“ errichtet und direkt der Reichskanzlei unterstellt. Als oberstes Ziel formulierte die der Gründung zugrunde liegende Denkschrift die stete „Gegenwartsbezogenheit“ der Wagner-Forschung. Neben zahllosen Zeugnissen stramm nationalsozialistischer Gesinnung bestand diese ‚Forschung‘ vorwiegend in dem langwierigen Nachweis der ‚arischen‘ Abkunft Richard Wagners. Ansonsten diente die „Forschungsstätte“ der pseudowissenschaftlichen Affirmation der Wahnfried-Ideologie. Standen schon die Festspiele mit ihrer vor allem jüdische Mitwirkende ausgrenzenden Besetzungspolitik fest auf dem Boden der Nürnberger Gesetze, war nun auch die ideologische Fundierung des nationalsozialistischen Wagner -Bildes ein gemeinsames Anliegen der Wahnfried -Familie und der politischen Propaganda des Regimes. Thomas Mann sprach später von den Bayreuther Festspielen als „Hitlers Hoftheater“.
Fünfzig Jahre nach der Eröffnung der Ausstellung „Entartete Kunst“ haben Peter Girth (Düsseldorfer Symphoniker) und Albrecht Dümling (Berlin) in einer kommentierten Rekonstruktion der NS-Schau an die diskriminierende ideologische Reglementierung und Indienstnahme des deutschen Musiklebens durch den Nationalsozialismus erinnert. Im Auftrag der Stiftung Berliner Philharmoniker und der Tonhalle Düsseldorf entstand 2007 eine Neufassung unter dem Titel „Das verdächtige Saxophon. ‚Entartete Musik‘ im NS-Staat“. Das Plakat zur Ausstellung zeigt das Titelmotiv der die Ausstellung 1938 begleitenden Broschüre von Hans Severus Ziegler: Ein schwarzer Jazzmusiker, Titelfigur der Oper „Jonny spielt auf“ von Ernst Krenek, galt als Symbol der „Entartung“, unterstrichen durch den Judenstern im Knopfloch.
Seit 15. März und bis 27. Mai zeigt das Richard Wagner Museum Bayreuth diese Wanderausstellung, erweitert durch Exponate, welche die politische Indienstnahme des Wagner-Erbes dokumentieren. Der Eintritt zur Wechselausstellung ist im regulären Museumseintritt inbegriffen. Das Museum ist dienstags bis sonntags von 10 Uhr bis 17 Uhr geöffnet.
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