Marlene Lou Kleinerüschkamp, die in Bamberg den Bachelor in Germanistik und Anglistik gemacht und jetzt mit ihrem Master-Studium in Neuerer deutscher Literatur begonnen hat, bedankt sich bei uns für ihr Bayreuth-Stipendium 2017 mit einem außergewöhnlichen Vortrag: Am 8. Mai um 19.30 Uhr betreibt sie im Hotel Bamberger Hof unter dem Titel „Die Macht der Entscheidungen“ ein Personal Coaching für die Figuren der Wagner-Oper „Die Walküre“. Der Eintritt zu dieser Veranstaltung ist frei. Hier ein Kurzinterview mit der gerade 25 Jahre alt gewordenen Opernfreundin.
Wie kamen Sie auf die Idee, Opernfiguren zu coachen?
Marlene Lou Kleinerüschkamp: Ich bin im April 2017 durch die „Parsifal“-Werkstatt zum Richard-Wagner-Verband gekommen und wollte jetzt meinen persönlichen Zugang zur „Walküre“ schildern. Mir ist nämlich mit Erschrecken aufgefallen, dass die „Walküre“-Figuren meiner Meinung nach leider alle ganz furchtbare Entscheidungen treffen. Und daher frage ich mich: Hätten sie das nicht besser machen können? Und wenn ja: wie?
Sie suchen also neue Lösungswege?
Nehmen wir Siegmund als Beispiel: Muss Siegmund vor Hunding fliehen und das Duell mit ihm schlagen? Ist sein Tod in irgendeiner Weise gerechtfertigt? Er scheint mir einen sehr hohen Ehrbegriff zu haben und folgt diesem, will sich männlich stellen. Aber wäre es nicht klüger zu sagen: Ich habe die Frau gefunden – na gut, es ist meine Schwester –, die ich über alles liebe, und möchte mich dem Tod nicht aussetzen, zumal ich nun weiß, dass das Schwert, das mich beschützen sollte, zerbrechen wird. Warum begibt er sich dann in dieses Todesduell?
Dann geht die Oper aber anders aus.
Das hätte natürlich weitreichende Folgen, und zwar nicht nur für „Siegfried“. Aber das ist ja genau mein Ansatz zu fragen, was wäre wenn? Das ist teilweise idealistisch, teilweise auch utopisch – und wäre vermutlich als Drama überhaupt nicht so interessant wie das, was Wagner wirklich geschrieben hat. Aber es ist trotzdem eine Ergründung wert.
Welche Figur kennt sich selber am wenigsten?
Ich glaube Wotan. Wotan hält sich für sehr starken – Mann darf man ja nicht sagen – Gott. Eigentlich ringt er nach Liebe, will von allen gemocht werden, erkennt das aber nicht und stößt die meisten, die ihm diese Liebe geben könnten, auch wirklich von sich. Die ihm am nächsten sind, sind am Schluss tot oder von ihm verbannt.
Was wird die Zuhörer am meisten überraschen?
Ich hoffe, mein lockeres, humorvolles, unkonventionelles Konzept. Ich möchte einfach einen Abend gestalten, der allen Freude bereitet und den man nicht nur stumm absitzt.
Lernt man das an der Uni Bamberg?
Teilweise ja. Man darf sehr viele Referate halten und viele hören, und da kann man durchaus für sich selbst entscheiden, was einem gefällt, wo man wach war oder wo man fast eingeschlafen ist. Und daraus dann Konsequenzen für sich selbst ziehen.
Was hat das Bayreuth-Stipendium für Sie gebracht?
Ich bin dadurch Wagner zum ersten Mal überhaupt nahe gekommen, habe im letzten Sommer in Bayreuth – auch durch zusätzliches Kartenglück – alleine sieben Aufführungen sehen dürfen, das war ein absoluter Wahnsinn. Aber tatsächlich ist es erst letzte Woche geschehen, dass ich sagen würde, ich bin Wagner-Begeisterte geworden – als ich mit dem Wagner-Verband eine tolle „Walküre“-Aufführung in Chemnitz erleben durfte, mit wunderbaren Solostimmen. Da war ich wirklich zu Tränen gerührt.
Dann fahren Sie bestimmt im Herbst auch mit zu „Siegfried“ und „Götterdämmerung“?
Ja, natürlich, sehr gerne.
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