Die Geigerin Veronika Böhm und der Klarinettist Jonathan Weimer, unsere diesjährigen Stipendiaten, berichten über ihre Erlebnisse während ihres Bayreuth-Aufenthalts.
Erstmal in Bayreuth angekommen, wird man sofort in den Bann von Richard Wagner gezogen. Die Straßen tragen den Namen seiner Werke, kleine Statuen des Komponisten sind an vielen Ecken zu entdecken und auf den Litfaßsäulen werden Konzerte, Einführungsveranstaltungen oder leckere „Richard-Wagner-Menüs“ angepriesen. Bayreuth ist sichtlich stolz auf dieses kulturelle Erbe und dies natürlich zu Recht.
Der „Fränkische Abend“ am Mittwoch ist eine gute Gelegenheit zum Kennenlernen und zum Erfahrungsaustausch. Doch bei der Fülle an Stipendiaten – über 240 – verliert man schnell den Überblick: Es bildeten sich kleinere Gruppen zum näheren Kennenlernen und man genoss den Abend bei Speis und Trank bis in später Stunde.
Eine Führung durch das Festspielhaus am nächsten Morgen weckt schon die Vorfreude auf die Oper „Parsifal“ am Nachmittag. Besonders der Einblick in den Orchestergraben fasziniert und jeder Instrumentalmusiker stellt sich in diesem Moment vor, wie es wohl wäre, irgendwann auch mal dort musizieren zu können.
Sichtlich rausgeputzt kommen am Nachmittag alle sehr gespannt auf dem Hügel des Festspielhauses an. Es ist, wie wenn man in eine andere Welt eintaucht. Abgelegen von der restlichen Stadt Bayreuth fühlt man sich – wahrscheinlich geschuldet durch das schicke Outfit und durch die doch sehr teuren Getränke- und Speisepreise – ein Stück weit besonders. Doch wenn man das Festspielhaus betritt, sieht die Welt schon wieder ganz anders aus. Wenig Platz, harte Holzstühle und schlechte Luft passen nicht zum schicken und edlem äußeren Schein vor den Türen der Oper. Aber besondererweise hat gerade dieser Gegensatz seinen ganz eigenen Charme und gestaltet die Welt Richard Wagners mit.
Die ersten Töne des „Parsifal“ (leider etwas übertönt vom Husten und Niesen) ist ein Klangerlebnis, welches man niemals in seinem Leben vergessen wird. Die Streicher hören sich zart, aber jedoch stets klar an und verschmelzen im Tutti perfekt mit dem restlichen Orchester. Die Sänger kommen immer klar durch, ohne dass man das Gefühl hat, sie müssten gegen das Orchester ankämpfen. Alle Beteiligten verschmelzen zu einem perfekt homogenen Klang, den man gerne mehrere Stunden am Stück genießt. In den Pausen wurde sich mit anderen Stipendiaten über Inszenierung, Sänger und die Müdigkeit ausgetauscht. Und so geht auch eine Viereinhalb-Stunden-Oper wie „Parsifal“ gefühlt schnell vorbei.
Am nächsten Tag steht „Tristan und Isolde“ auf dem Programm. Zuvor gab es eine sehr hilfreiche und unterhaltsame Einführung. Geprägt von der düsteren und trostlosen Stimmung, eher wenig Handlung und sehr langen Monologen, geht man etwas erschlagen aus der Oper raus, wenn auch die Fülle an Klang und die Harmonik Wagners wieder ein unvergessliches Erlebnis ist.
Ein totaler Gegensatz dazu ist am nächsten Tag die Oper „Tannhäuser“. Die Einführung weckt schon die Vorfreude und lässt auf einen unterhaltsamen Abend deuten. Die moderne Inszenierung macht den Opernabend zu einem (leider) sehr kurzweiligen. Film und Bühne wurden kombiniert, Realität und Fiktion verschwimmen zu einer Einheit und eine Drag-Queen sorgte nicht nur während der Vorstellung, sondern auch in der Pause für eine erfrischende Auflockerung und Unterhaltung, die ehrlich gesagt, Bayreuth auch ein Stück weit nötig gehabt hat. Diese Inszenierung polarisiert und man kann beim Verlassen des Opernhauses sehr unterschiedliche Meinungen dazu aufschnappen.
Während dieser drei Tage hat man irgendwann kein Zeitgefühl mehr, weiß nicht, welcher Wochentag ist und was man eigentlich nächste Woche zu erledigen hat. Man verliert sich in der Musik von Wagner, man verliert sich in dieser Welt auf dem Hügel des Festspielhauses, wo die Uhr einfach anders tickt.
Von allen Erfahrungen und Eindrücken sind alle sichtlich geplättet und der Sonntag wird zu einem erholsamen Abschluss der Stipendiatentage. Es gab eine kurze Stadtführung mit Besichtigung des Markgräflichen Opernhauses, das als Weltkulturerbe ein weiteres Juwel für Bayreuth darstellt. Danach konnte man entweder Museen besichtigen oder einen Meiserkurs, der jedoch eher für Sänger interessant war. Das Stipendiatenkonzert mit anschließender Feier runden die Tage perfekt ab und man geht mit vielen neuen Eindrücken, Erfahrungen und vielleicht sogar neuen Zielen für die Zukunft nach Hause.
In diesem Sinne möchten wir und von ganzem Herzen beim Richard Wagner Verband Bamberg e.V. für diese einmalige Gelegenheit bedanken. Wir wissen dieses besondere Erlebnis sehr zu schätzen und haben für die Zukunft und unser Leben viel mitgenommen.
Veronika Böhm und Jonathan Weimer
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