Minna-Briefe-Kalender (15)

Ri­chard Wag­ner aus Mag­de­burg an Min­na Pla­ner, zeit­wei­lig in Ber­lin, Brief vom 12. No­vem­ber 1835.

Nun, mei­ne lie­be Braut, wie geht Dir’s, wie ist Dir’s, wie denkst Du? Wie ist Dei­ne Es­me­ral­da[1] ab­ge­lau­fen? So sehr ich Dir Dei­ner Ehre we­gen Glück wün­sche, so we­nig wür­de ich doch im Gan­zen ver­zwei­feln, wenn es nicht so son­der­lich ab­ge­lau­fen sei, weil mir Dein wirk­li­cher Be­sitz weit lie­ber als Dein schein­ba­res Büh­nen­glück ist. O – daß Du um die­ses Wil­len von mir ge­gan­gen bist, und mir so un­end­li­chen Jam­mer u. Kum­mer be­rei­tet hast! – Min­na, Min­na, – wie glück­lich wer­den wir sein, wenn wir uns wie­der ha­ben wer­den, wenn wir uns nie, – nie­mehr las­sen werden!
Mei­ne Sil­hou­et­te[2] habe ich heu­te wie­der in Dei­ner Stu­be auf­ge­henkt; – ich habe sie vom Gold­ar­bei­ter recht schön fas­sen las­sen; – Du wirst Dei­ne Freu­de ha­ben! – Ich woll­te sie Dir ei­gent­lich nach Ber­lin schi­cken, – aber die Mut­ter sag­te: „Ach, Min­na kommt ja spä­tes­tens in acht Ta­gen wie­der, – was sol­len Sie es ihr schi­cken, – sie kann es hier selbst in Emp­fang neh­men.“ – Ja, ja, so ste­hen wir jetzt mit der Mut­ter; – heu­te habe ich ihr eine schö­ne sil­ber­ne Dose ge­schenkt, da­mit sie auch schnup­fen kann; – kurz, – wir ste­hen auf dem bes­ten Fuße! – O mei­ne Min­na, wie lebe ich auf in Freu­de und Hoff­nung; – ich habe eine kur­ze, aber furcht­ba­re Zeit über­stan­den! Sie ist vor­bei, u. Dein Be­sitz Be­sitz ist mir ge­wiß![3] – Ach, – sieh, ich har­re Dei­ner Rück­kunft, wie der Bräu­ti­gam auf die Hoch­zeit, – ich kann es nicht er­war­ten; – eile, – eile, – kom­me bald! – Nun, – Ama­lie[4] wird Dir’s wol auch schrei­ben, daß Du bald kom­men sollst, – sie hat mir’s ge­sagt. – Wenn Du nun hier bist, so wol­len wir ge­hö­rig Ernst ma­chen; – ent­beh­ren wol­len wir nichts, Min­na, – soll­te es aber sein, so wol­len wir dieß eher tra­gen, als eine Tren­nung: – dar­über wol­len wir schon ei­nig wer­den; – wenn das Glück gut geht, füh­re ich Fe­bru­ar oder März mei­ne neue Oper[5] ent­we­der in Ber­lin oder in Leip­zig auf,[6] – u. bis da­hin bie­te ich schon Al­les auf, um uns zu Os­tern ein neu­es gu­tes En­ga­ge­ment zu ver­schaf­fen;[7] – kom­me nur bald, da­mit wir uns zei­tig ge­nug dar­über be­ra­then kön­nen, – so et­was muß man voll­ends zu­sam­men be­spre­chen. Wir mei­nen es ja gut, war­um soll uns denn Gott ver­las­sen? – Komm’, komm’! –
Oh, vor Freu­de u. Wol­lust sprin­gen mir die Adern, wenn ich Dein u. Dei­nes Be­sit­zes den­ke! – Komm’ bald, komm’ bald zu
Dei­nem Richard.

[1] Im­mer noch die weib­li­che Haupt­rol­le im „Glöck­ner von Not­re Dame“.
[2] Es han­delt sich um den Sche­ren­schnitt ei­nes un­be­kann­ten Künst­lers, der als das ers­te ver­bürg­te  Wag­ner­bild­nis gilt. Das Brust­bild nach rechts mit Pro­fil ist vor No­vem­ber 1835 in Mag­de­burg ent­stan­den und stammt aus der Bur­rell-Samm­lung (sie­he Abbildung).
[3] Die Wie­der­ho­lung ist kein Schreib­feh­ler. Er meint das so.
[4] Ob Mut­ter, Schwes­ter oder Schwä­her in spe: alle wer­den ein­ge­spannt, um die Frau heimzuholen.
[5] Im­mer noch „Das Liebesverbot“.
[6] Die­se Plä­ne zer­schlu­gen sich.
[7] Und auch mit dem neu­en En­ga­ge­ment wur­de erst­mal nichts.

Quel­len: Di­gi­ta­le Bi­blio­thek Band 107: Ri­chard Wag­ner: Wer­ke, Schrif­ten und Brie­fe; Sämt­li­che Brie­fe, Bd. 1, 1967; Mar­tin Geck: Die Bild­nis­se Ri­chard Wagners,1970; https://​de​.wi​ki​pe​dia​.org/

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