Bamberger Marionettentheater
Im ersten Teil unseres Abends stellte Prinzipalin Dr. Marta Famula ihr Haus vor. Das Theater muss im Frühjahr 2026 von der Unteren Sandstraße umziehen in den Barockflügel von Schloß Geyerswörth und benötigt für dieses Projekt dringend Spenden, worum wir anlässlich dieser Kooperation baten. Ein herzliches Dankeschön an unsere Besucher für ihre Großzügigkeit!
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Fotos: Roland Gröber
Dr. Frank Piontek: Die unendliche Fahrt
Nachstehend die Kurzfassung von Frank Pionteks Vortrag:
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Wagner hat die Figur des Fliegenden Holländers nicht erfunden. Bekannt ist, dass er sich von Heinrich Heine und einer lebensgefährlichen Schifffahrt inspirieren ließ, doch schon lange zuvor segelte der unheimliche Kapitän über die literarischen Weltmeere. Zu den Ur-Motiven der späteren Sage gehört der Meerfahrer Odysseus. Dante versetzt ihn in seiner Göttlichen Komödie in die Hölle. Der „Läuterungsberg“, d.h. das Kap der Guten Hoffnung, das der Fliegende Holländer umrundete, spielte eine wichtige Rolle bei den portugiesischen Seefahrern des späten 15. Jahrhunderts: Vasco da Gama und Bartholomeu Diaz. In der Lusiade des Luis de Camoes von 1572 scheitert Vasco am satanischen Genius des Teufelsbergs. Dass der historische Julius Vanderdecker, der 1821 zum ersten Mal mit der Holländer-Sage in Verbindung gebracht wird, 1553 geboren wurde und im spanischen Jute-Handel tätig war, passt gut zu der Legende, die im 17. Jahrhundert weiteres Material erhielt, als die holländischen Kalvinisten unnachgiebig mit den Portugiesen um die Wette fuhren, um sich ein Kolonialreich zu erobern. Richard Wagner hat Columbus schon vor der Komposition des Fliegenden Holländers in Form einer Ouvertüre ein Denkmal gesetzt; später parallelisierte er Columbus mit dem musikalischen Weltentdecker Beethoven.
Die erste literarische Überlieferung der Sage, die das Motiv des Kaps, aber nicht das der Wette mit dem Teufel enthält, wurde 1790 von John MacDonald in seinen Travels in various part of Europe, Asia and Africa during a series of thirty years and upward festgehalten. 1795 veröffentlichte George Barrington seinen Reisebericht A voyage to New South Wales, in dem er von einem holländischen Kriegsschiff berichtet, das vor dem Kap der Guten Hoffnung verloren ging. Die Schuld, die den Holländer ruhelos über die Meere jagt, wurde 1797 zum ersten Mal von Samuel Taylor Coleridge literarisiert. Mit dem irischen Dichter und Balladensänger Thomas Moore kommen wir 1804 (Verses Written on Passing Deadman´s Isle in the Gulf of St. Lawrence) zum ersten Mal in das Gebiet der konkreten Holländer-Poesie. Walter Scott war der erste, der 1812 das Schiff als Piratenschiff bezeichnete; viele weitere Versionen folgten. 1826 erhielt die Sage durch Edward Fitzball und George Rodwell ihre erste Musiktheaterfassung (The Flying Dutchman or the Phantom Ship), 1825 veröffentlichte Wilhelm Hauff seine Geschichte von dem Gespensterschiff, 1834 publizierte Heinrich Heine seine Erzählung Aus den Memoiren des Herren von Schnabelewopski. Diese Version sollte zur wichtigsten und unmittelbaren literarischen Quelle für Wagners Oper werden. Kurz vor dem Fliegenden Holländer instrumentierte Wagner 1838 in Riga Rossinis Duett Li Marinari (Die Seemänner), in dem die Matrosen wie Wagners Steuermann auf dem Ausguck stehen, 1839 erschien Frederick Marryatts Abenteuerroman The Phantom Ship – und 1842 kam an der Pariser Oper Pierre-Louis Dietschs Le vaisseau fantôme ou Le maudit des mers (Das Geisterschiff oder Der Verfluchte der Meere): nach einem von Wagner verfassten, französischsprachigen Prosaentwurf, den er den Librettisten Paul Foucher und Bénédict-Henri Révoilverkauft hatte. Seit 2013 liegt eine Aufnahme des Werks vor, so dass wir sowohl die großen Unterschiede als auch die naheliegenden Ähnlichkeiten zu Wagners Oper studieren können: eine weitere und nicht die letzte Version des so alten wie relativ jungen Stoffs.
Beitrag: Frank Piontek
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Wir bedanken uns ganz herzlich für einen wunderbaren informativen Abend.
Beitragsbild: Peter Eberts
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