„Besseres«„schrieb der Journalist, Bayreuth- und Wagnerkenner Dieter David Scholz in der Neuen Musikzeitung über das im Sommer 2015 erschienene Standardwerk von Gunther Braam, „ist zu Wagner-Fotografien nie vorgelegt worden.“ Ein Satz, der Autor und Verlag gleichermaßen adelt – und das vollkommen zu Recht. Richard Wagner in der zeitgenössischen Fotografie beleuchtet zwar nur einen ziemlich kleinen und scheinbar nicht so wichtigen Ausschnitt aus dem Leben des Dichterkomponisten, aber das so gründlich, dass kaum noch Fragen offen bleiben. Wer vor dem Kauf des Buches erst mal reinschnuppern will, hat dazu jetzt Gelegenheit: Gunther Braam kommt auf unsere Einladung nach Bamberg und zeigt am 13. Juni um 19.30 Uhr in seinem Vortrag im Saal der Katholischen Hochschulgemeinde (Friedrichstraße 2), worauf es bei der Porträt-Fotografie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ankam und was bei den Sitzungen mit berühmten Zeitgenossen und speziell mit Wagner herauskam. Das Buch aus dem ConBrio Verlag stellt in einer ausführlichen, reich bebilderter Einleitung die Wagner-Bilder in den Kontext der frühen Porträtfotografie, dokumentiert die 68 Fotografien Wagners in chronologischer Reihenfolge durchgehend farbig reproduziert und mit entsprechenden Informationen aus den verschiedensten Quellen. Im Anhang wird illustriert, wie sich die Fotos schon zu Lebzeiten des Komponisten in den unterschiedlichsten Formen, bis hin zur Karikatur, verbreiteten. Zahlreiche Klapptafeln ermöglichen die Zusammenschau ganzer Aufnahmesitzungen und somit den Vergleich von Gesichtsausdrücken und Haltungen. (Eine ausführlichere Buch-Rezension finden Sie unter Beers Blog.)
Zur Person: Gunther Braam ist hauptberuflich Studienrat für Mathematik und Physik am Pestalozzi-Gymnasium in München, ist aber in der Musikwelt kein Unbekannter. Als ein Spezialist für französische Musikgeschichte hat er unter anderem für die neue 26-teilige Hector-Berlioz-Edition den Abschlussband mit Berlioz-Porträtfotos gestaltet. Es versteht sich von selbst, dass er sein musikalisches Fachwissen auch Schülern näher bringt - und zwar auf eine faszinierende Weise, von der zu erfahren sich lohnt. In den Projektseminaren unter Braam edieren die Schüler jeweils ein in Vergessenheit geratenes Werk eines Komponisten des 19. Jahrhunderts, so dass aus der mit Hilfe des computergestützten Notensatzprogrammes SIBELIUS erstellten Dirigierpartitur, den zugehörigen Stimmen und des Klavierauszugs das Werk von einem Ensemble zur Aufführung gebracht und nach Möglichkeit auch als CD vertrieben werden kann. Bislang sind so in moderner Form Werke von Jacques Offenbach, Félicien David, Étienne-Nicolas Méhul und Charles Gounod überarbeitet worden. „Projekt 1“, so Braam, „wurde von uns noch ganz alleine gestemmt und im Rahmen eines Konzerts hier am musischen Pestalozzi-Gymnasium München von Schülern aufgeführt. Seit Projekt 2 arbeiten wir mit der französischen Stiftung Palazzetto Bru Zane (Venedig) zusammen, die sich vergessenen Werken der französischen Musik der Jahre 1780 bis 1920 widmet. Diese schlägt uns Werke vor, die in den nächsten Jahren zur Aufführung gebracht werden sollen. Wir wählen entsprechend der Schülerzahl ein uns genehmes Werk aus, erstellen die Partitur, die Stimmen und den Klavierauszug und stellen diese über die Stiftung jedermann kostenlos zur Aufführung zur Verfügung. Im Gegenzug werden die Schüler nach Möglichkeit zu Proben der beteiligten Musikformationen und zur Aufführung des von Ihnen wiederbelebten Werkes bzw. zum Sitz der Stiftung in Venedig eingeladen.“ Projekt 2 wurde in Versailles, Gent und auf dem Berlioz-Festival in La Côte Saint-André unter der Leitung von Francois-Xavier Roth, GMD in Köln, aufgeführt; die CD wird 2017 erscheinen. Projekt 3 wird im Oktober 2016 im Rahmen des Beethovenfests in Bonn (ebenfalls unter Roth) und danach in weiteren europäischen Städten aufgeführt werden und läutet in der Saison 2016/2017 das Méhul-Jahr 2017 ein (200.Todestag), die CD wird 2018 erscheinen. Für Projekt 4 laufen noch die Verhandlungen mit international bekannten Dirigenten über Aufführungen in der Saison 2017/2018 und im Gounod-Jahr 2018 (200. Geburtstag) mit anschließender CD-Veröffentlichung. Der Vortrag Richard Wagner in der zeitgenössischen Fotografie in Kooperation mit der Katholischen Hochschulgemeinde ist nicht nur für Wagnerianer und Musikfreunde interessant, sondern füllt garantiert auch manche Bildungslücke bei Profi- und Hobbyfotografen. Der Eintritt ist, frei, Nicht-Mitglieder sind willkommen.
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