Am 22. Mai 1877 feierte Richard Wagner seinen 64. Geburtstag in London, wo er sich auf Konzertreise befand, um das Defizit der ersten Festspiele verringern. Gemeinsam mit Ring-Uraufführungsdirigent Hans Richter leitete er von 7. bis 29. Mai insgesamt acht umjubelte Konzerte in der Royal Albert Hall. Apropos: Auch die Royals gaben sich die Ehre! Am 12. Mai 1877 wurde Wagner durch einen Empfang des Prince of Wales geehrt, am 17. Mai 1877 folgte ein Empfang von Queen Victoria in Windsor Castle. Ihr Sohn Prinz Leopold sprach Wagner auf dessen Hund Russ an, den er in Luzern gesehen hatte. Cosima notiert in ihre Tagebuch: „Windsor macht einen mächtigen Eindruck, nur will die innere Einrichtung durchaus nicht mit dem äußeren Bau stimmen; und selbst die schönen van Dycks, der herrliche Holbein und der magische Rembrandt passen nicht. Wie anders die Paläste in Italien!“ Über den Geburtstag selbst schreibt Cosima:
Dienstag 22 R.’s Geburtstag! Sehr hübsche Briefe sämtlicher Kinder und mancherlei sonstige Gratulation.* Abends Bankett, bei welchem R. die Medaille verteilt, welche ich ihm bescherte; wahrscheinlich das letzte Werk Semper’s, des großen Meisters! Materna, Richter, Wilhelmj erhalten sie. – R. spricht sehr ergreifend, dankt für den Empfang, und Semper zitierend vergleicht er Augenblicke und Jahre, solche Augenblicke, sagt er, lassen ihn die Jahre vergessen. Sonst das Fest ein wenig geräuschvoll, deutsch; man läßt Fidi leben!* Dieser Seite liegt ein Telegramm von Franz Liszt bei, aus Hannover vom gleichen Tage gerichtet an „Richard Wagner, Albert Hall, London. Herzensgruß Deines F.“
Zwei Tage später geht der gerade 64 Jahre alt gewordene Wagner ins Foto-Atelier Elliott & Fry in der Londoner Baker Street. Es entsteht eine Serie von acht Aufnahmen, die etwas Besonderes ist. Laut Gunther Braam, dem Autor des Standardwerks Richard Wagner in der zeitgenössischen Fotografie, welches dieser 2016 auch bei uns in Bamberg vorstellt hat, sticht diese Serie aus der Wagner-Ikonographie hervor, „weil sie uns Wagners Büste von (fast) allen Seiten zeigt.“ Die Abbildung oben zeigt eine dieser Aufnahmen als Postkartenmotiv, die Aufnahme unten den sogenannten Wagnerorden nach einem Entwurf von Gottfried Semper, den Wagner vermutlich auch in London an die Künstler verteilte.
Ähnliche Beiträge
- Neues von Wagner, dem Zappelphilipp 20. Juni 2016
- Wagnerischer Geburtstagsgruß 22. Mai 2016
- Wie Isolde ihrem Vater gratulierte 22. Mai 2020
- Unser Wagner 22. Mai 2016
- „Jubelnd feiere ich den heutigen Tag“ 22. Mai 2019