Als Cellist und Assistent war Franz Fischer schon früh Richard Wagner verbunden und blieb es als Dirigent in Bayreuth und München, wo er am 29. Juli 1849 geboren wurde, sein Leben lang.
Natürlich sollte Franz Fischer, der am 29. Juli 1849 geborene Sohn des Prokuristen der Münchner Lokomotiven- und Maschinenfabrik Maffei in die Fußstapfen seines Vaters treten, doch die Erbmasse seiner Mutter, der Mezzosopranistin Josephine Mailhammer, setzte sich durch: Seine musische Begabung, zunächst am Klavier, dann auch am Cello, war nicht zu überhören. Als Zwölfjähriger trat er erstmals öffentlich auf, mit fünfzehn erlebte er Richard Wagners Tristan und war, wie sich zeigen sollte, endgültig für den Kaufmannsstand verloren. Als Cellist wirkte er bei der Münchner Rheingold-Uraufführung im September 1869 mit – zunächst unter Hans Richter, der das Werk einstudierte, auf Wagners Wunsch aber vor der Premiere absprang, dann unter Franz Wüllner, der die Aufführungen dirigierte und dafür von Wagner verflucht wurde. Von Richter wurde der junge Fischer als Solocellist ans Nationaltheater Pest engagiert, wo er für drei Jahre blieb. Schon 1872 kam er mit Richter nach Bayreuth, als Cellist des allerersten Festspielorchesters, das zur Grundsteinlegung des Festspielhauses an Wagners 59. Geburtstag am 22. Mai im Markgräflichen Opernhaus Beethovens Neunte aufführte. 1875 und 1876 wirkte er mit Anton Seidl, Hermann Zumpe und anderen in der Nibelungenkanzlei – übrigens ohne jegliche Vergütung. Wie sehr Wagner gerade diesen musikalischen Assistenten schätzte, lässt sich an folgendem Gedicht ablesen, das er ihm im Februar 1876 mit einer Siegfried-Partitur widmete:
Zumpe-Seidl’scher Fehler-Verwischer,
Cello kühn mit Klavier-Vermischer,
schlechter Musik unerbittlicher Zischer,
Zukunfts-Musik-Kapellmeister Fischer,
Dilettanten-Orchesterspiels-Auffrischer!
Gische das Bier Dir immer gischer,
decke der Tisch sich dir immer tischer!
Wer reimte wohl künstlicher, verschlag’ner,
als Ihr ergebener Freund Richard Wagner?
1877 nahm Wagner Fischer mit auf seine Konzertreise nach London und empfahl diesen „ganz vortrefflichen Musiker, welchem ich jeden Augenblick die Direktion meiner schwierigsten Werke übergeben würde“ brieflich als Musikdirektor sowohl Hofrat Lorenz von Düfflipp nach München als auch seinem Freund Emil Heckel nach Mannheim. Als neuer Hofkapellmeister am Mannheimer Nationaltheater dirigierte Fischer im November 1877 als Erstes Tannhäuser und wurde überschwänglich gelobt – auch dafür, „dass die Jagdmusik wie vorgeschrieben und allein richtig auf der Bühne hinter der Scene und nicht im Orchester erschallte, und dadurch, dass die Trompetenfanfaren bei dem Einzuge der Gäste auf der Wartburg, statt wie seither im Orchester, von drei Trompeten auf der Bühne geblasen wurde, was zwar in der Ausführung sehr difficil und schwierig ist, aber von sehr schöner Wirkung war.“
Drei Jahre darauf wurde Fischer in seine Heimatstadt München berufen, unter Generalmusikdirektor Hermann Levi 1882 zum Hofkapellmeister ernannt und in den persönlichen Adelsstand erhoben. Alternierend mit Levi dirigierte er im Uraufführungsjahr 1882, 1883 und 1884 sowie solo nochmals 1899 in Bayreuth Parsifal, 1888 leitete er die postume Uraufführung von Wagners Opernerstling Die Feen in München – aufgrund einer Entscheidung des Intendanten Karl von Perfall, die den viel jüngeren dritten Hofkapellmeister Richard Strauss, der sämtliche Proben geleitet hatte, verständlicherweise erboste. Zehn Jahre später stand zum 50. Geburtstag von Franz Fischer in der Neuen Musikzeitung zu lesen: „Alles kann unser Fischer, nur falsch sein und intriguiren – das kann er in Ewigkeit nicht. Er gehört nicht zu Jenen, welche auf Anderer Kosten vorwärts kommen; er hat es noch niemals verstanden, etwas aus sich selbst zu machen; aber für jeden, auch den letzten seiner Musiker tritt er ein.“
Was er nicht nur in Opernaufführungen tat. Fast drei Jahrzehnte dirigierte er auch immer wieder die Odeonskonzerte der Musikalischen Akademie und die großen Choraufführungen an Allerheiligen und am Palmsonntag; ein Höhepunkt seiner Laufbahn war das Festkonzert zum Zentenarium 1911 mit Beethovens Neunter. Er starb am 8. Juni 1918 in seiner Heimatstadt München, die daraufhin im Stadtteil Bogenhausen eine Straße nach ihm benannte.
Erstveröffentlichung auf https://www.takt1.de/
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