Wieder kein guter Tag für Cosima, ihre Kinder und das Hauspersonal. Dazu die Reisevorbereitungen für R., der als einziger optimistisch bleibt.
Freitag 8ten [Dezember 1817] Vorbereitungen zur Abreise R.’s[1]. Dazu andauernde Hausnot[2]; es ist durch Güte viel eingerissen und eingewurzelt. Moral Fr.’s des Großen in dieser Beziehung anzuwenden.[3] R. liest mir seinen Bericht[4] vor; ich schreibe an R. nach München, obgleich er noch hier ist![5] Unruhiger trauriger Tag; dazu ein trostloser Brief Math. Maier’s[6]; sie scheinen ihr kleines Hab und Gut gänzlich verloren zu haben. – Abendbrot mit den Kindern. Dann oben; R. sagt mir, es würde alles noch gut gehen, das Schicksal würde doch nicht aus der Rolle fallen! Es sei uns ja gut gewesen. Wie er zu Bett geht, sagt er: In solchen Stimmungen fallen ihm immer Volkslieder ein, jetzt „heute rot, morgen tot, Morgenrot, Morgenrot“[7].
[1] Siehe Fußnote 5 am 7.12.
[2] Siehe Fußnote 1 am 7.12.
[3] Klingt gar nicht gut, eher nach schwarzer Pädagogik.
[4] Siehe Abbildung und Fußnote 3 am 7.12.
[5] Ja, so vorausschauend musste man in handschriftlich-postalischen Zeiten sein! Schade nur, dass dieser Brief die späteren Zensurmaßnahmen in Wahnfried nicht überdauert hat. Immerhin wurde doch nicht alles von der Privatkorrespondenz zwischen R. und Cosima verbrannt. Mehr davon demnächst, versprochen!
[6] Mathilde Maier (1834–1910), eine Freundin Wagners aus Mainz, die er 1862 im Haus seines Verlegers Franz Schott kennenlernte und der er in seiner Biebricher Zeit mehrfach und vergeblich den Antrag machte, ihm den Haushalt zu führen. Sie blieben weiter in Kontakt, die Korrespondenz übernahm dann weitgehend Cosima. Der Briefwechsel zwischen Wagner und Maier aus den Jahren 1862 bis 1878 wurde erstmals 1930 veröffentlicht.
[7] Die ursprüngliche Volksweise stammt aus dem 18. Jahrhundert, auch den Liedtext von Wilhelm Hauff wird Wagner sicher gekannt haben. Schade, dass er seinen eigenen Einfall nicht notiert hat. Oder sollte ich nicht besser den unermüdlichen Gedicht- und auch Notenzeilensammler Frank Piontek fragen?
Quellen: Cosima Wagner: Die Tagebücher: Band I, S. 1568. Digitale Bibliothek Band 107: Richard Wagner: Werke, Schriften und Briefe, S. 34729 (vgl. Cosima-Tagebücher 1, S. 466); Dietrich Mack: Wagners Frauen.
Ähnliche Beiträge
- Tagebuch-Adventskalender (7) 7. Dezember 2020
- Adventskalender 1871 (7) 7. Dezember 2021
- Adventskalender 1871 (15) 15. Dezember 2021
- Wagner in Wien 23. März 2020