Adventskalender 1871 (6)

Zum  Ni­ko­laus­tag packt Wag­ner wie­der mal ei­nen schö­nen Satz aus, wäh­rend Co­si­ma Kum­mer mit den Kin­dern und dem Per­so­nal hat.

Die Bülow- und Wag­ner-Kin­der Co­si­mas in ei­ner Auf­nah­me von 1873 (von links): oben Isol­de und Blan­di­ne, un­ten Eva, Sieg­fried und Da­nie­la. – Vor­la­ge: Na­tio­nal­ar­chiv der Ri­chard-Wag­ner-Stif­tung Bayreuth

Mitt­woch 6ten [De­zem­ber 1871] R. sagt: „Selbst wenn wir noch viel vom Le­ben zu lei­den hät­ten, wir könn­ten nicht mehr un­glück­lich wer­den.“ Er ar­bei­tet an der Ni­be­lun­gen-Ge­schich­te[1] und wird bald fer­tig; die Kin­der um­ge­sie­delt, um sie von den Leu­ten oben[2] gänz­lich zu tren­nen und zu ei­ner bes­se­ren Ent­wi­cke­lung der Din­ge zu kom­men. Gott gebe sei­nen Se­gen. Ich schrei­be an den Va­ter[3]. Be­sor­gun­gen in der Stadt, Boni’s [4] Pho­to­gra­phie u.s.w. – Abends Brief von Dr. Kaf­ka[5], ob R. wirk­lich am 2ten, 4ten Fe­bru­ar nach Wien kommt, wir hat­ten nichts da­von ge­hört! Abends Schopenhauer.

[1] Es han­delt sich um den schon mehr­fach er­wähn­ten „Ring“-Bericht an den Wagner-Verein.

[2] Ver­mut­lich geht es um je­nen Teil des Per­so­nals, der im Ober­ge­schoss des Land­hau­ses in Trib­schen un­ter­ge­bracht war. Na­tür­lich war die Si­tua­ti­on schon des­halb nicht ein­fach, weil auch die Dienst- und Kin­der­mäd­chen und Haus­die­ner wuss­ten, dass die Wag­ners ein ehe­bre­che­ri­sches Ver­hält­nis hat­ten, be­vor 1870 Co­si­mas Schei­dung von Bülow er­folgt war – und mit der Hoch­zeit am 25. Au­gust die Le­gi­ti­mie­rung ih­rer Be­zie­hung zu Wagner.

[3] Franz Liszt (1811–1886), Kla­vier­vir­tuo­se, Kom­po­nist und Va­ter von Cosima.

[4] Boni = Blan­di­ne von Bülow (*20.3.1863), zwei­te Toch­ter aus Co­si­mas ers­ter Ehe. Die er­wähn­te Pho­to­gra­phie ist nicht ermittelbar.

[5] Theo­dor Kaf­ka (1840–1904), Ju­rist und Mit­be­grün­der des Wag­ner-Ver­eins in Wien. Wag­ner ant­wor­tet auf sei­nen Brief tags dar­auf, dass sei­ne an­ste­hen­de Win­ter­rei­se (nach Mün­chen, Bay­reuth und Mann­heim) vor al­lem der Bay­reuth-Plä­ne we­gen nicht nach Wien füh­ren wird und ver­trös­tet ihn aufs Früh­jahr 1872.

Quel­len: Co­si­ma Wag­ner: Die Ta­ge­bü­cher: Band I, S. 1565. Di­gi­ta­le Bi­blio­thek Band 107: Ri­chard Wag­ner: Wer­ke, Schrif­ten und Brie­fe, S. 34726 (vgl. Co­si­ma-Ta­ge­bü­cher 1, S. 466); Ri­chard Wag­ner: Sämt­li­che Brie­fe, Band 23 (hg. v. An­dre­as Miel­ke); Chris­ti­an Bühr­le, Mar­kus Kie­sel, Joa­chim Mild­ner: Pracht­ge­mäu­er. Wag­ner-Ort in Zü­rich, Lu­zern, Trib­schen und Venedig;

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