Adventskalender 1871 (8)

Wie­der kein gu­ter Tag für Co­si­ma, ihre Kin­der und das Haus­per­so­nal. Dazu die Rei­se­vor­be­rei­tun­gen für R., der als ein­zi­ger op­ti­mis­tisch bleibt.

Mor­gen­rot-Volks­lied, lei­der nicht in der Kom­po­si­ti­on von R.

Frei­tag 8ten [De­zem­ber 1817] Vor­be­rei­tun­gen zur Ab­rei­se R.’s[1]. Dazu an­dau­ern­de Haus­not[2]; es ist durch Güte viel ein­ge­ris­sen und ein­ge­wur­zelt. Mo­ral Fr.’s des Gro­ßen in die­ser Be­zie­hung an­zu­wen­den.[3] R. liest mir sei­nen Be­richt[4] vor; ich schrei­be an R. nach Mün­chen, ob­gleich er noch hier ist![5] Un­ru­hi­ger trau­ri­ger Tag; dazu ein trost­lo­ser Brief Math. Maier’s[6]; sie schei­nen ihr klei­nes Hab und Gut gänz­lich ver­lo­ren zu ha­ben. – Abend­brot mit den Kin­dern. Dann oben; R. sagt mir, es wür­de al­les noch gut ge­hen, das Schick­sal wür­de doch nicht aus der Rol­le fal­len! Es sei uns ja gut ge­we­sen. Wie er zu Bett geht, sagt er: In sol­chen Stim­mun­gen fal­len ihm im­mer Volks­lie­der ein, jetzt „heu­te rot, mor­gen tot, Mor­gen­rot, Mor­gen­rot“[7].

[1] Sie­he Fuß­no­te 5 am 7.12.

[2] Sie­he Fuß­no­te 1 am 7.12.

[3] Klingt gar nicht gut, eher nach schwar­zer Päd­ago­gik.

[4] Sie­he Ab­bil­dung und Fuß­no­te 3 am 7.12.

[5] Ja, so vor­aus­schau­end muss­te man in hand­schrift­lich-pos­ta­li­schen Zei­ten sein! Scha­de nur, dass die­ser Brief die spä­te­ren Zen­sur­maß­nah­men in Wahn­fried nicht über­dau­ert hat. Im­mer­hin wur­de doch nicht al­les von der Pri­vat­kor­re­spon­denz zwi­schen R. und Co­si­ma ver­brannt. Mehr da­von dem­nächst, versprochen!

[6] Mat­hil­de Mai­er (1834–1910), eine Freun­din Wag­ners aus Mainz, die er 1862 im Haus sei­nes Ver­le­gers Franz Schott ken­nen­lern­te und der er in sei­ner Bie­bri­cher Zeit mehr­fach und ver­geb­lich den An­trag mach­te, ihm den Haus­halt zu füh­ren. Sie blie­ben wei­ter in Kon­takt, die Kor­re­spon­denz über­nahm dann weit­ge­hend Co­si­ma. Der Brief­wech­sel zwi­schen Wag­ner und Mai­er aus den Jah­ren 1862 bis 1878 wur­de erst­mals 1930 veröffentlicht.

[7] Die ur­sprüng­li­che Volks­wei­se stammt aus dem 18. Jahr­hun­dert, auch den  Lied­text von Wil­helm Hauff wird Wag­ner si­cher ge­kannt ha­ben. Scha­de, dass er sei­nen ei­ge­nen Ein­fall nicht no­tiert hat. Oder soll­te ich nicht bes­ser den un­er­müd­li­chen Ge­dicht- und auch No­ten­zei­len­samm­ler Frank Piontek fragen?

Quel­len: Co­si­ma Wag­ner: Die Ta­ge­bü­cher: Band I, S. 1568. Di­gi­ta­le Bi­blio­thek Band 107: Ri­chard Wag­ner: Wer­ke, Schrif­ten und Brie­fe, S. 34729 (vgl. Co­si­ma-Ta­ge­bü­cher 1, S. 466); Diet­rich Mack: Wag­ners Frauen.

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