Himmel und Hölle

„Klang­wun­der“ heißt die brand­neue Au­to­bio­gra­fie des aus Bam­berg stam­men­den Obo­is­ten Al­brecht May­er. Un­ser Mit­glied An­dre­as H. Höl­scher hat sie für uns gelesen.

Al­brecht May­er – Foto: © Chris­toph Köstlin

Wer die Obo­en­kon­zer­te von Mo­zart liebt, der kommt an den Ein­spie­lun­gen mit Al­brecht May­er nicht vor­bei. Für sein ak­tu­el­les Al­bum Mo­zart: Works for Oboe and Orchestra/​Piano hat May­er ver­gan­ge­ne Wo­che ei­nen Preis für die „Kon­zert­ein­spie­lung des Jah­res (Oboe)“ er­hal­ten. May­er gilt als ei­ner der welt­be­kann­tes­ten Obo­is­ten, er­folg­reich und um­ju­belt. Doch sein Weg zum Obo­en-Olymp war schwer und stei­nig, in sei­ner Kind­heit war May­er ein Au­ßen­sei­ter und Stot­te­rer. Wie er es ge­schafft hat, die Schat­ten der Ver­gan­gen­heit zu be­sie­gen, be­schreibt sei­ne be­we­gen­de Au­to­bio­gra­fie Klang­wun­der, die er mit sei­ner Co-Au­torin Hei­di Fried­rich ge­schrie­ben und vor kur­zem ver­öf­fent­licht hat. Es ist kei­ne die­ser ge­wöhn­li­chen Au­to­bio­gra­fien von Stars, die zu al­lem et­was sa­gen müs­sen, son­dern eine in­ti­me Le­bens­beich­te, ein See­len­strip­tease, der den so er­folg­rei­chen Künst­ler von ei­ner Sei­te zeigt, wie man es nicht ver­mu­tet hät­te. Ver­letz­lich, sen­si­bel, nach Lie­be und An­er­ken­nung stre­bend, ein Stot­te­rer als Kind, ein Au­ßen­sei­ter ohne Freun­de, ver­spot­tet we­gen sei­ner Sprech­stö­rung. Wie die Kraft der Mu­sik mich ge­heilt hat, so lau­tet der Untertitel.

May­er wächst in ei­ner gut­bür­ger­li­chen Fa­mi­lie im frän­ki­schen Bam­berg auf. Sein Va­ter ist au­to­ri­tär, herrsch­süch­tig, streng, aber als Kin­der­arzt hoch an­er­kannt und be­kannt. Die El­tern strei­ten sich viel, und das Da­mo­kles­schwert der el­ter­li­chen Tren­nung und die mög­li­che Ab­schie­bung in ein In­ter­nat schwe­ben dro­hend über ihm. Und der klei­ne Al­brecht ist das „stot­tern­de En­fant ter­ri­ble der Fa­mi­lie“, so lau­tet gleich der Ti­tel des ers­ten Ka­pi­tels der Au­to­bio­gra­fie. Ein Tol­patsch, dem nichts ge­lingt, der al­les ka­putt macht, was ihm in die Hän­de fällt. Der Va­ter greift schon mal zum Rie­men und züch­tigt den Jun­gen, weil er trotz Ver­bots wie­der was an­ge­fasst und zer­bro­chen hat, was das Stot­tern na­tür­lich nur noch ver­schlim­mert. Le­dig­lich sei­ne Oma Anni ist die gute See­le in Al­brechts kind­li­chem Um­feld, die ihn be­schützt und Ge­bor­gen­heit gibt. Al­brecht ist ein un­ru­hi­ges, hy­per­ak­ti­ves, aber neu­gie­ri­ges Kind. Auf­grund sei­nes Stot­terns wird er ge­hän­selt, nicht nur von den Mit­schü­lern, auch ei­ni­ge Leh­rer ver­schlim­mern durch ihr de­mü­ti­gen­des Ver­hal­ten die Lage für Al­brecht. Wer selbst die­ser Ge­ne­ra­ti­on ent­stammt, May­er ist Jahr­gang 1965, kann viel­leicht er­mes­sen, wel­che Lei­den er als Kind hat er­dul­den müssen.

Doch dann ge­schieht ein Wun­der. Der Va­ter kauft dem Sohn eine Oboe. Er hofft, mit ei­ner neu­en Atem­tech­nik kön­ne der 10-jäh­ri­ge Al­brecht das Stot­tern über­win­den, die Oboe qua­si als The­ra­pie. Au­ßer­dem wer­den im Schul­or­ches­ter noch zwei Obo­is­ten ge­sucht, so dass Al­brechts Bru­der gleich das In­stru­ment mit­er­ler­nen muss. Al­brecht ist fas­zi­niert von die­sem In­stru­ment, und er ent­wi­ckelt eine un­ge­ahn­te Lei­den­schaft für das Mu­si­zie­ren. Er lernt schnell, hat eine hohe Auf­fas­sungs­ga­be. Ein In­tel­li­genz­test be­stä­tigt, dass Al­brecht hoch­be­gabt ist. Die Oboe wird zu sei­ner Freun­din, und plötz­lich hat der Jun­ge Er­folgs­er­leb­nis­se, wird für sein Spiel ge­lobt und ge­schätzt. May­er be­schreibt die­sen Wan­del so: „Die Oboe ist mein Schick­sals­in­stru­ment. Sie ist das Bes­te, was mir in mei­nem Le­ben hät­te pas­sie­ren kön­nen, was mein Va­ter je hät­te für mich tun kön­nen. Sie war das En­trée in eine bes­se­re Welt für mich. Ich bin der hö­he­ren Macht, die mich ge­lenkt hat, da­für un­end­lich dank­bar. Und mei­nem Va­ter, der ur­sprüng­lich ja gar kei­ne Mu­si­ker­kar­rie­re für mich im Sinn hat­te. Doch wel­che Iro­nie: Der Mensch, der si­cher­lich nicht ganz un­schul­dig dar­an war, dass ich stot­ter­te, gab mir gleich­zei­tig das Werk­zeug an die Hand, mit dem ich letzt­end­lich mei­ne Be­hin­de­rung nicht nur über­wand, son­dern mich zu Hö­hen­flü­gen aufschwang.“

Und das Wun­der tritt tat­säch­lich ein, Al­brecht über­win­det sei­ne Sprech­stö­rung. Doch we­ni­ger auf­grund der er­lern­ten Zwerch­fell­vi­bra­ti­on-Atem­tech­nik, die Al­brecht im Lau­fe sei­ner Kar­rie­re per­fek­tio­niert, son­dern durch das neue Selbst­wert­ge­fühl, dass ihm das Spiel auf der Oboe ver­schafft. Dann geht es Schlag auf Schlag. Al­brecht spielt im Baye­ri­schen Lan­des­ju­gend­or­ches­ter, macht auf sich auf­merk­sam. Doch sei­ne auf­stre­ben­de Kar­rie­re er­hält ei­nen ers­ten Dämp­fer, Al­brecht wird als Wehr­pflich­ti­ger zur Bun­des­wehr ge­zo­gen. Eine Ar­mee im Kal­ten Krieg, mit da­mals noch knall­har­ten Hier­ar­chien und ei­nem Um­gangs­ton, der für den sen­si­blen Mu­si­kus kaum zu er­tra­gen ist. Der Dienst an der Waf­fe ist für ihn un­er­träg­lich, doch die Ver­wei­ge­rung des Kriegs­diens­tes kam für ihn auf­grund sei­nes kon­ser­va­ti­ven und au­to­ri­tä­ren fa­mi­liä­ren Um­fel­des nicht in Be­tracht. Zu­dem hat Al­brecht ein Au­to­ri­täts­pro­blem, er stellt al­les in Fra­ge, eckt an, wird drang­sa­liert und dis­zi­pli­niert. Den­noch wird auf sei­ne mu­si­ka­li­sche Be­ga­bung Rück­sicht ge­nom­men, und nach der Grund­aus­bil­dung darf er sei­nen Wehr­dienst beim da­ma­li­gen Hee­res­mu­sik­korps 4 in Re­gens­burg ab­leis­ten und wäh­rend des Diens­tes Mu­sik ma­chen. Nach die­ser für ihn be­las­ten­den Zeit stu­diert Al­brecht bei Ingo Go­ritz­ki in Han­no­ver. Hier muss er schmerz­lich ler­nen, dass er sich wie­der un­ter­ord­nen muss und die gan­zen Vor­schuss­lor­bee­ren aus dem Baye­ri­schen Lan­des­ju­gend­or­ches­ter nichts zäh­len. Aber May­er zieht das Stu­di­um er­folg­reich durch.

Mit ge­ra­de mal 25 Jah­ren wähnt sich Al­brecht am Ziel, er wird Solo-Obo­ist bei den Bam­ber­ger Sym­pho­ni­kern in sei­ner frän­ki­schen Hei­mat­stadt. Sein Va­ter ist jetzt stolz auf ihn, auch weil er in Al­brecht das ver­wirk­licht sieht, was ihm selbst ver­wehrt ge­blie­ben ist, eine Mu­si­ker­kar­rie­re. Zwei Jah­re spä­ter ge­schieht das Un­glaub­li­che. Die Stel­le des Solo-Obo­is­ten bei den Ber­li­ner Phil­har­mo­ni­kern ist neu zu be­set­zen, ein Freund hat ihn dar­auf auf­merk­sam ge­macht. Über 250 Be­wer­ber welt­weit für die­se Stel­le, 28 wer­den zum Vor­spiel ein­ge­la­den. Al­brecht fährt hin, rech­net sich kei­ne re­el­le Chan­ce aus, will das Vor­spie­len als Er­fah­rung mit­neh­men. In ins­ge­samt drei Run­den kann sich Al­brecht May­er durch­set­zen und er­hält die wohl be­gehr­tes­te Stel­le für ei­nen Obo­is­ten. Und wie­der fängt Al­brecht von vor­ne an. Die zwei­jäh­ri­ge Pro­be­zeit ist nicht nur Him­mel, son­dern auch Höl­le für den Mu­si­ker, der sich nach nichts mehr sehnt als An­er­ken­nung und Lie­be. Er wird ge­mobbt, zu Un­recht kri­ti­siert, klein ge­hal­ten von sei­nen Or­ches­ter­kol­le­gen. Es ist das frü­her und wohl auch in ei­ni­gen Or­ches­tern heu­te noch üb­li­che Ver­hal­ten der ar­ri­vier­ten Mu­si­ker ge­gen­über den Neu­lin­gen. Le­dig­lich Clau­dio Ab­ba­do, der da­ma­li­ge künst­le­ri­sche Lei­ter der Ber­li­ner Phil­har­mo­ni­ker, pfleg­te ei­nen lie­be­vol­len Um­gang mit dem jun­gen Al­brecht und för­der­te ihn, so gut es ging. Das von Ab­ba­do ge­grün­de­te Lu­cer­ne Fes­ti­val Or­ches­tra war dann oft auch Spiel­stät­te für May­er. Als die Pro­be­zeit end­lich vor­bei war, pas­sier­te das nächs­te Wun­der. Al­brecht wur­de, wenn auch mit knap­pem Vo­tum, als fes­ter Mu­si­ker der Ber­li­ner Phil­har­mo­ni­ker über­nom­men, wo­mit er nach die­ser un­glück­li­chen Zeit über­haupt nicht mehr ge­rech­net hat. Und schlag­ar­tig än­der­te sich das Ver­hal­ten der Kol­le­gen ihm ge­gen­über, er war nun ei­ner der Ih­ren, ein ar­ri­vier­ter, der es ge­schafft hat.

Nun stand der Kar­rie­re nichts mehr im Weg. Al­brecht Mey­er, das stot­tern­de Kind, hat­te den Obo­en-Olymp be­tre­ten. Auf­trit­te auf der gan­zen Welt mit den re­nom­mier­tes­ten Or­ches­tern und Di­ri­gen­ten soll­ten fol­gen, zahl­rei­che CD-Ein­spie­lun­gen zeu­gen von der Mu­si­ka­li­tät und durch­drun­ge­nen Tie­fe des Aus­nah­me­künst­lers. Die Oboe hat­te ihn ge­heilt und den Weg in eine neue Welt er­öff­net. „Ich wur­de auf zwei Ar­ten von der Mu­sik ge­heilt – pas­siv und ak­tiv. Ich darf sie hö­ren und er­fah­ren. Und hei­len. Und ich darf Mu­sik auch ma­chen. Wie oft habe ich von Men­schen ge­hört, dass ich sie durch mei­ne Mu­sik aus ei­nem schlim­men see­li­schen Tief her­aus­ge­holt hät­te. Auch die­ses wun­der­ba­re Feed­back heilt mich, weil es mich in mei­nem Selbst­wert be­stä­tigt. Es ist wie mit ei­nem Per­pe­tu­um mo­bi­le, das ewig hin und her schwingt. Ich hel­fe an­de­ren, was wie­der­um mir hilft“, er­zählt Mayer.

Ein vor­läu­fi­ger Hö­he­punkt sei­ner Kar­rie­re war sein De­büt mit den Ber­li­ner Ba­rock­so­lis­ten im No­vem­ber 2007 in der New Yor­ker Car­ne­gie Hall, 2008 ein wei­te­rer Auf­tritt mit dem Or­pheus Cham­ber Or­ches­tra und dem Obo­en­kon­zert von Ri­chard Strauss folg­te. Die­sen gro­ßen Er­fol­gen, de­nen vie­le wei­te­re fol­gen soll­ten, wa­ren har­te Jah­re des Übens und Ler­nens vor­an­ge­gan­gen. Und Al­brecht Mey­er ist am­bi­tio­niert und ehr­gei­zig, will den per­fek­ten Klang kre­ieren. Mit dem be­freun­de­ten In­stru­men­ten­bau­er Lud­wig Frank ent­wi­ckelt er eine, von der Fir­ma Ge­brü­der Mön­nig her­ge­stell­te Oboe d’amore, die er seit 2009 spielt, und die sehr nahe an sein Klang­ide­al her­an­reicht. May­er spricht auch vom „Ge­sang der Oboe“. In ei­nem Ka­pi­tel wid­met er sich den tech­ni­schen Din­gen des Obo­en-Spiels, spricht aber auch von den ge­sund­heit­li­chen Her­aus­for­de­run­gen, wie dem kon­stant ho­hen Druck, der durch das Spie­len er­zeugt wird, und die Ge­fahr, durch das at­mungs­be­dingt zu viel an­ge­rei­cher­te Koh­len­di­oxid wäh­rend des Spie­lens ohn­mäch­tig zu wer­den und wie er durch die Per­fek­ti­on sei­ner Atem­tech­nik qua­si beim Spiel eins wird mit sei­nem Instrument.

May­ers drei Mu­sik­göt­ter sind Bach, Beet­ho­ven und Mo­zart, mit de­nen er eine See­len­ver­wandt­schaft auf un­ter­schied­li­chen Ebe­nen spürt. „Ja, die Kraft der Mu­sik hat mich ge­heilt. Nicht nur, dass ich Mu­sik ma­chen, mit mei­ner Oboe spre­chen und sin­gen darf, vor al­lem die Kraft der Kom­po­si­tio­nen von Jo­hann Se­bas­ti­an Bach, Wolf­gang Ama­de­us Mo­zart und Lud­wig van Beet­ho­ven ha­ben zu der Hei­lung der Ver­let­zun­gen mei­ner kind­li­chen See­le bei­getra­gen. Und noch heu­te stär­ken sie mich und hel­fen mir durch schwie­ri­ge Stun­den“, sagt May­er über die drei gro­ßen Kom­po­nis­ten. Im­mer wie­der kehrt Al­brecht in sei­ner Au­to­bio­gra­fie zu den Er­leb­nis­sen sei­ner Kind­heit zu­rück, die ihn so trau­ma­ti­siert ha­ben, und von de­nen er sich dann im Lau­fe des Le­bens hat be­frei­en kön­nen. Hin­zu kommt ein re­li­giö­ser Aspekt. May­er ist gläu­big, und sei­nen Glau­ben hat er vor al­lem durch die Mu­sik ge­fun­den. „Ver­bun­den hat die drei Kom­po­nis­ten zu­dem, dass sie re­li­giö­se Wer­ke ge­schaf­fen ha­ben, die eine ein­zig­ar­ti­ge Über­hö­hung spü­ren las­sen und wahr­haft in die Tran­szen­denz deu­ten. Ich bin da­von über­zeugt, dass Gott durch die­se Kom­po­nis­ten und ihre Wer­ke zu uns spricht. Denn sie füh­ren uns in eine Sphä­re, die dem Höchs­ten ge­wid­met ist, egal, wel­chen Na­men er trägt. Sie wur­den von Gott mit Si­cher­heit als Werk­zeug aus­ge­wählt, um eine Ver­bin­dung zu ihm her­zu­stel­len.“ So sind sei­ne ge­spiel­ten Stü­cke nicht ein­fach nur Me­lo­dien, son­dern eine tran­szen­den­te Ver­bin­dung zu den Kom­po­nis­ten, die durch das Spiel sei­ner Oboe schein­bar zu uns spre­chen. Ganz be­son­ders be­merk­bar macht sich das auf sei­nem ak­tu­el­len Al­bum, wo er ein Ar­ran­ge­ment von Mo­zarts Ave ver­um cor­pus (KV 618) für Oboe spielt. Das Ave ver­um cor­pus ist eine Mo­tet­te in D-Dur für vier­stim­mi­gen ge­misch­ten Chor, Strei­cher und Or­gel. Ins­be­son­de­re der lei­se an­stim­men­de Chor­ge­sang macht das Stück so be­we­gend. Al­brecht May­ers Oboe er­setzt hier den gan­zen Chor, und doch ist es wie Ge­sang, wenn er die­sen Hym­nus an­stimmt. Das ist das Klang­wun­der, das Al­brecht mit sei­ner Oboe pro­du­ziert, von be­rüh­ren­der Schön­heit und der mensch­li­chen Stim­me so nah.

May­er ist stolz auf das, was er er­reicht hat. Eine Samm­lung hoch­wer­ti­ger Arm­band­uh­ren ist auch für ihn ein Zei­chen sei­nes Er­fol­ges. Doch das Wich­tigs­te ist ihm auch heu­te noch die Be­wun­de­rung, die Zu­nei­gung und die Lie­be sei­ner Fans. Er braucht den Ap­plaus zum Le­ben wie die Luft zum At­men. Die Co­ro­na-Pan­de­mie, der da­mit ver­bun­de­ne Lock­down und der Still­stand des Kul­tur­be­trie­bes hat ihn aus ei­nem wild dre­hen­den Hams­ter­rad zum Still­stand ge­bracht. Da war sie wie­der da, die Angst vor den al­ten Dä­mo­nen. Doch sei­ne Frau und vor al­lem sei­ne klei­ne Toch­ter Lau­ra ha­ben ihn auch durch die­se Zeit ge­führt, in der er sein letz­tes Al­bum ein­spie­len konn­te, wo­für er jetzt aus­ge­zeich­net wurde.

Die­se Au­to­bio­gra­fie ist nicht nur ein sehr per­sön­li­ches und in­ti­mes Le­bens­be­kennt­nis ei­nes gro­ßen Künst­lers, es ist auch be­we­gend und span­nend for­mu­liert. Man kann die­se Bio­gra­fie ohne Pau­se durch­le­sen, so sehr fes­selt der Mensch und Künst­ler Al­brecht May­er nicht nur mit sei­ner Mu­sik, son­dern auch mit sei­nen Wor­ten. Am Ende des Bu­ches fühlt man sich ihm so nah, als ob man ihn schon ewig kennt, wie ei­nen al­ten Ju­gend­freund. Wenn man dann sei­ne Ein­spie­lun­gen wie­der hört, dann be­kommt das Wort Klang­wun­der eine neue Be­deu­tung, und der Ge­sang der Oboe wird noch be­wuss­ter hör­bar. Und dass das Buch auch Teil ei­ner le­bens­lan­gen The­ra­pie ist, das be­wei­sen die letz­ten Zei­len Al­brecht May­ers in sei­ner Au­to­bio­gra­fie: „Soll­ten Sie also ir­gend­wann ei­nem klei­nen, blas­sen som­mer­spros­si­gen Jun­gen be­geg­nen, der gro­ße Mühe hat, sich zu ar­ti­ku­lie­ren, der viel­leicht Zeit braucht, um ei­nen Satz voll­stän­dig aus­zu­spre­chen, dann – bit­te – ge­hen Sie be­hut­sam und ge­dul­dig mit ihm um! Denn: Wer weiß, was noch aus ihm wer­den kann …“ Mit sei­nem Va­ter hat sich Al­brecht längst ver­söhnt und ihm die Au­to­bio­gra­fie gewidmet.

Die­ses Buch ist nicht nur für Lieb­ha­ber der Mu­sik von Al­brecht May­er ein Muss, son­dern es spricht durch sei­ne so of­fe­ne Dar­stel­lung sei­ner Er­leb­nis­se ei­gent­lich je­den sen­si­blen Men­schen an. Ei­ni­ge Fo­tos aus sei­nem Pri­vat­ar­chiv ver­an­schau­li­chen die per­sön­li­che und lie­be­vol­le Dar­stel­lung. Das ist eine Bio­gra­fie, die jede Sei­te des Bu­ches wert ist, ge­le­sen zu werden.

Erst­ver­öf­fent­li­chung der Kri­tik auf O-Ton

Buch­co­ver „Klang­wun­der“