Unser Mitglied Andreas H. Hölscher hat wie unsere Reisegruppe am 1. Oktober die Vorstellung der „Feen“ am Staatstheater Meiningen besucht und uns seine zuerst bei O-Ton veröffentlichte Besprechung zur Verfügung gestellt.
Wer die Opern Richard Wagners liebt oder sich gar als Wagnerianer bezeichnet, der meint in der Regel die zehn in Bayreuth aufgeführten Werke, vom „Fliegenden Holländer“ bis zum „Parsifal“. Für einige gehört auch noch „Rienzi oder der letzte der Tribunen“ dazu, der aber bisher in Bayreuth nicht gespielt wurde, was sich wohl aber ab 2026 ändern soll. Doch die beiden ersten Werke Wagners, „Die Feen“ und „Das Liebesverbot oder die Novizin von Palermo“, fristen eher ein kümmerliches Dasein, erscheinen so gut wie nie auf einem Spielplan. Wagner hat sich von seinen drei Jugendwerken aus unterschiedlichen Gründen später distanziert, sie gar als „Jugendsünden“ bezeichnet und verfügt, dass sie nicht in Bayreuth gespielt werden dürfen. In Leipzig hat man vor zehn Jahren anlässlich des 200. Geburtstages von Richard Wagner alle dreizehn Werke auf die Bühne gebracht, einschließlich der Frühwerke. Danach ist es wieder ruhig geworden um Wagners Jugendsünden. Nun hat das Staatstheater Meiningen Wagners erste vollendete Oper als Meininger Erstaufführung auf den Spielplan gebracht, ziemlich genau 135 Jahre nach der Uraufführung in München 1888.
Für Wagner selbst waren die „Feen“ bereits sein viertes Bühnenwerk. Von seinem Debütwerk, dem großen Trauerspiel „Leubald“ vollendete Wagner nur den Text, die Vertonung hat er möglicherweise nie begonnen. Von seiner zweiten Oper ist nicht einmal der Titel überliefert. Die Schaueroper „Die Hochzeit“ brach Wagner um die Jahreswende 1832/33 ab, nachdem die Familie, vor allem seine Schwester Rosalie, die Handlung abscheulich fand. Im Januar 1833 wendete sich Wagner dann schließlich den „Feen“ zu. Die literarische Vorlage für diese Oper war Carlo Gozzis „La donna serpente“ – Die Frau als Schlange – von 1762. Wagner hatte den Text bereits in Leipzig fertiggestellt, bevor er mit der Absicht, ihn zu vertonen, im Januar 1833 nach Würzburg zog. Dort wurde er von 1833 bis 1834 als Chorrepetitor am Würzburger Theater tätig. Die Partitur beendete er am 6. Januar 1834. Der Versuch, die Oper in Leipzig aufzuführen, schlug fehl. Nachdem die Intendanten eine Zusage über die Aufführung der „Feen“ in ihrem Hause immer weiter hinausschoben, wandte sich Wagner im Herbst 1835 wohl endgültig von dem Werk ab. „Die Feen“ spielen ab diesem Zeitpunkt keine Rolle mehr in seinem Leben. Zu Weihnachten 1865 schenkte Wagner die Originalpartitur der Oper seinem Gönner König Ludwig II. von Bayern.
Zur Uraufführung der „Feen“ kam es erst posthum am 29. Juni 1888 im königlichen Hof- und Nationaltheater in München unter Leitung von Fritz Fischer. Die Einstudierung hatten Hermann Levi und Richard Strauss vorgenommen. Die Produktion war so erfolgreich, dass das Werk bis 1891 fünfzig Mal gegeben wurde. Es wurde aber auch gleich nach der Uraufführung harsch kritisiert. So schrieb Eduard Hanslick, der zu diesem Zeitpunkt allerdings ein militanter Antiwagnerianer war: „Dies ungenießbare Feen-Ragout hat der junge Wagner in ein Gebräu von Musik getaucht, aus dem niemandem die Ahnung einer großen Zukunft aufdämmern würde. (…) Nicht ein starker origineller Gedanke, nicht eine reizvolle Melodie, nicht ein aus dem Herzensgrund aufquillender Ton unterbricht das Einerlei dieser musikalischen Fabriksarbeit.“ Auf Dauer vermochten sich die „Feen“ nicht auf den Spielplänen zu behaupten. Nun ist mit der Meininger Erstaufführung auch das letzte Werk der dreizehn Opern Richard Wagners in Meiningen auf die Bühne gebracht worden.
Musikalisch stehen „Die Feen“ in der Tradition der deutschen romantischen Oper, beeinflusst von Komponisten wie Carl Maria von Webers „Euryanthe“ und „Der Freischütz“ sowie Heinrich Marschners „Der Vampyr“. Das Buffo-Paar Gernot und Drolla, einzigartig in dieser Konstellation bei Wagner, scheint aus einer Spieloper Albert Lortzings entliehen zu sein. Aber auch der Einfluss von Beethovens „Fidelio“ und Mozarts „Zauberflöte“ ist neben anderen musikalischen Vorbildern wie Meyerbeer und Berlioz unüberhörbar. Schon in diesem frühen Werk taucht Wagners späteres Hauptthema auf, die Erlösung durch die Liebe. Auch einzelne Motive weisen schon auf spätere Werke wie „Der Fliegende Holländer“, „Tannhäuser“ und „Lohengrin“ hin. Schon in der Ouvertüre erklingt deutlich ein Motiv, das später fast notengleich im großen Duett von Holländer und Senta im zweiten Akt verwendet wird. Der junge Wagner hat sich an diesem über drei Stunden dauernden Weg musikalisch richtig ausgetobt. Es schien in ihm gebrodelt zu haben, der junge Komponist wollte ganz früh alles, was in seinem Kopf vorging, in einem Werk zusammenfassen. Das konnte so nicht funktionieren. Unterschiedliche, teilweise inhomogene Musikstile, noch komplett durchkomponierte Rezitative und Arien, die von den Sängern nahezu Unmögliches verlangen, haben auch dazu geführt, dass das Werk, von dem Wagner sich selbst sehr früh distanziert hat, so gut wie keinen Zugang mehr zum heutigen Opernrepertoire gefunden hat. Dennoch sind die „Feen“ beileibe keine Jugendsünde. Man muss sie losgelöst von Wagners späteren Werken betrachten, als ein Werk seiner Zeit, der großen Romantik, in der Nachfolge vom „Freischütz“ oder dem „Vampyr“.
Regisseurin Yona Kim, Bühnenbildner Jan Freese und Kostümbildner Frank Schönwald verlegen die Oper in die Zeit der Entstehungsgeschichte, des Vormärz, und stellen die Epoche der Romantik in den Vordergrund. Mit einer musikalisch etwas gestrafften Version geht das Konzept voll auf, ohne zu politisieren, zu moralisieren oder es in die heutige Zeit übertragen zu wollen. Das hätte bei dem Werk auch nicht funktioniert. Fast bis zum Schluss der Ouvertüre bleibt wohltuend der Vorhang geschlossen, so dass zunächst der Fokus ganz der Musik gehört, die vom jungen Dirigenten Killian Farrell sehr romantisch mit Betonung der verschiedenen Motive vorgetragen wird. Farrell, seit dieser Spielzeit der neue GMD am Staatstheater Meiningen, hat schon bei der Werkeinführung vor der Voreinstellung mit Musikbeispielen am Klavier auf die Beziehungen der „Feen“ zum „Tannhäuser“, zum „Freischütz“ und zu „Fidelio“ hingewiesen und dabei mit einer ansprechenden Gesangsstimme überrascht. Farrell ist auch ausgebildeter Chorsänger. Als sich der Vorhang öffnet, erblickt man einen weißgetäfelten Raum mit einem Krankenbett, an der Seite ein Cembalo, und in der Mitte ein Bild des Malers Johann Heinrich Wilhelm Tischbein, „Kosmische Landschaft“, der es um 1821 als romantisches Landschaftsbild anfertigte und eine mondbeglänzte Zaubernacht und Waldeinsamkeit darstellt. Das Bild wird dann auf die ganze Bühnenwand projiziert, und man taucht als Zuschauer gleich ein in die romantische, über 200 Jahre alte Zeit. Das Krankenbett symbolisiert von Beginn an den Gemütszustand Arindals, der unter Depressionen und Wahnvorstellungen leidet. Am Schluss der Aufführung wird klar, die ganze Geschichte ist die Wahnvorstellung eines psychisch kranken Menschen.
Gleichzeitig wird die Vorgeschichte der Oper, die für das Verständnis des Werkes unerlässlich ist, in großen Lettern eingeblendet: „Arindal, Prinz von Tramond, und sein Jäger Gernot sind auf der Jagd im Wald. Da sehen sie eine besonders schöne Hirschkuh. Als Arindal versucht, das Tier zu erlegen, verwandelt es sich in die Fee Ada. Arindal und Ada verlieben sich sofort ineinander. Gegen den Willen des Feenkönigs will Ada ihren Geliebten heiraten. Der Feenkönig willigt unter der Bedingung ein, dass Arindal Ada während der ersten acht Jahre nicht fragen darf, wer sie sei. Arindal akzeptiert diese Bedingung. Die Jahre vergehen, beide haben zwei Kinder, als schließlich Arindal Ada kurz vor Ablauf der Frist fragt, wer sie sei.“ Das Frageverbot und sein Bruch kommt dem Opernfreund natürlich bekannt vor. Im „Lohengrin“ ist es der Gralsritter, der das Verbot ausspricht, und seine Braut Elsa diejenige, die es noch in der Hochzeitsnacht bricht. „Als Konsequenz werden Arindal und Gernot aus dem Feenreich vertrieben und in eine wilde, öde Gegend verfrachtet. Ada, die nicht bereit ist, ihren Gemahl aufzugeben, will auf ihre Unsterblichkeit verzichten und begibt sich auf die Suche nach Arindal.“
Yona Kim sagt über ihre Inszenierung, dass Wagner das Werk in der Vormärzzeit vor der Deutschen Revolution komponiert habe, es ist die Zeit des Hambacher Festes 1832. Damals habe ein repressives Gesellschaftsklima in „bigotter Freudlosigkeit und biedermeierlicher Beklommenheit“ geherrscht. Dem vormärzlichen Menschen blieb oft nur der Rückzug ins Private. Gleichzeitig wuchs die „subversive Unruhe in der Gesellschaft wie ein Schwelbrand.“ Der Zufluchtsort aus dieser unerträglichen Realität sei die Natur gewesen. Der Wald mit all seinen unheimlichen Märchengestalten diente ja auch deshalb als Schauplatz der deutschen Romantik. Deshalb habe sie die Geschichte dort verortet und die Figuren unter der „historischen Folie des Vormärz“ untersucht, sagt Kim. Das spiegelt sich auch in den Kostümen des Chores und der Feen Farzana und Zemina sowie bei Arindal und Gernot wider, die sehr an die Biedermeierzeit erinnern, während Ada und Lora eher modern gekleidet sind. Während der Bühnenraum sich vom Grundsatz nicht ändert, nur durch Verschieben von Wänden erweitert oder verkleinert wird, werden weitere bekannte romantische Bilder gezeigt, darunter „Der Wanderer über dem Nebelmeer“, ein um 1818 entstandenes Gemälde von Caspar David Friedrich, das einen Mann in dunkelgrüner Kleidung als Rückenfigur, in aufrechter Haltung am Bergstock mit linkem Bein gestützt auf einem felsigen Gipfel eines Gebirges über das Meer aus dichtem Nebel hinwegschauend zeigt. Arindal sieht man, wie der Wanderer selbst, vor diesem Bild stehend, als ob er in das Nebelmeer eintauchen wolle. Hier steht der Nebel mehr für die Gemütsverfassung. Das gilt auch für das „Das Eismeer“, ein in den Jahren 1823/1824 ebenfalls entstandenes Gemälde von Caspar David Friedrich. Es zeigt eine arktische Landschaft mit sich auftürmenden Eisschollen, unter denen auf der rechten Seite ein gekentertes Segelschiff begraben liegt, nur mit einem Teil des Hecks und einem gebrochenen Mast sichtbar. Diese Atmosphäre liegt quasi über der Handlung, die etwas konfus und verwirrend ist, aber von Kim und ihrem Team sehr sauber herausgearbeitet wird.
Aus Liebe zu Arindal will Ada ein Mensch werden, was die Feen Zemina und Farzana jedoch zu verhindern versuchen. Auf der Suche nach Arindal trifft Morald, der Geliebte von Arindals Schwester Lora, auf Gernot, Arindals bestem Freund und Wegbegleiter. Der offenbart das Schicksal Arindals, während Morald seinerseits vom ausgebrochenen Krieg in Tramond und vom Tod des Königs berichtet. Arindal trifft auf seine Freunde. Gernot bezeichnet Ada vergeblich als Hexe, um Arindal zur Rückkehr zu bewegen. Da Gernots Verleugnung keine Wirkung zeigt, appelliert Morald an Arindals Pflichtgefühl als Thronfolger, der für den verstorbenen Vater in den Krieg ziehen soll. Letztlich stimmt Arindal der Rückkehr nach Tramond zu. Da begegnet er noch einmal Ada. Sie verspricht ihm, dass sie sich am nächsten Tag wiedersehen. Sie bittet ihn, sie nicht zu verfluchen, was auch immer geschehen werde. Arindal leistet den Schwur. Soweit der Inhalt des ersten Aktes, der in dem Krankenzimmer ähnlichem Raum spielt. Arindals zweite Arie singt er am Cembalo sitzend, und tatsächlich auch nur vom Klavier begleitet, mit einer Projektion der Klaviertastatur und der spielenden Hände. Es ist wie eine Fantasiewelt, die sich nur in Arindals Kopf abspielt, fernab jeglicher Realität. Der Übergang zum zweiten Akt erfolgt musikalisch nahtlos, lediglich der sich senkende Vorhang weist auf die Aktfolge hin. Jetzt kommt auch Lora, Arindals Schwester, ins Spiel, die vorher nur als stumme Figur zu sehen gewesen ist. Sie regiert Tramond in Abwesenheit ihres Bruders. In einem eleganten weinroten Rock mit Blazer gekleidet, fällt sie vor allem durch ihre Nervosität auf und der unseligen Marotte, sich ständig eine Zigarette anzünden zu müssen. Nach der Rückkehr Arindals bestimmt er Morald zum Oberbefehlshaber, der dann mit den Soldaten Tramonds in den Krieg zieht.
Der Wahnsinn hat Arindal schon gepackt, und er sieht, wie Ada die beiden gemeinsamen Kinder dem Feuertod aussetzt. Großartig die Szene, wie in dem alten Kinderwagen plötzlich das Feuer ausbricht. Gleichzeitig behauptet der Feldherr Harald, Ada habe sich mit dem Feind verbündet und das Heer Tramonds besiegt. An dieser Stelle hat der Chor die eleganten Biedermeierkostüme mit verdreckter und blutverschmierter Unterwäsche getauscht. Das ist alles zu viel für Arindal, er verflucht Ada, die ihn doch so innig gebeten hatte, ihn nicht zu verfluchen, was auch immer passieren möge. Denn es war eine Probe für Arindal, die er nicht bestanden hat. Hier ist auch die inhaltliche Nähe zur Zauberflöte gegeben. Der eigentliche Verräter ist Harald, und auch die Kinder sind nicht tot, es war nur eine Täuschung. Ada aber wird ob des gebrochenen Fluchverbots für 100 Jahre in einen Stein verwandelt. Für Arindal ist das nicht zu ertragen, er verfällt endgültig dem Wahnsinn. Im Schlussakt sucht Arindal verzweifelt nach Ada. Die Feen Zemina und Farzana weisen ihm den Weg, und mit Hilfe des Zauberers Groma besteht er den Kampf gegen die Geister. Der Chor der Geister ist schon ein Vorbote des Chors der toten Seeleute des „Fliegenden Holländer“. Der Feenkönig belohnt Arindals Mut, indem er ihn zusammen mit Ada in seine unterirdische Welt aufnimmt. Eine Szene, die sehr dem Auftritt Sarastros am Schluss der „Zauberflöte“ ähnelt. Man sieht eine weiße Hirschkuh mit einem blutenden Auge, während Ada in einem modernen blauen Kostüm nicht mehr in Stein verwandelt ist. Morald und Lora hingegen übernehmen die Regentschaft über Tramond. Und die beiden Feen und Gernot haben am Schluss einen Arztkittel übergezogen, geleiten Arindal zu seinem Krankenbett, eingesperrt von einer großen Gittertür, die den psychisch schwer traumatisierten Arindal für immer von der Realität entfernt.
Es sind große und nachhaltige Bilder, die Kim und ihr Team da produziert haben, die der gefühlsduseligen Romantik ein brutales Ende bereitet. Ein wunderbarer Ansatz, das so von Themen überfrachtete Jugendwerk Wagners in einer packenden und mitreißenden Inszenierung auf die Bühne zu bringen. Und auch musikalisch wie sängerisch ist es eine überzeugende Darbietung, was das Staatstheater Meiningen hier auf die Bühne bringt. Lena Kutzner in der Rolle der Fee Ada ist die brillierende Sängerpersönlichkeit des Abends. Ihre Partie, ein Zwischending zwischen Senta und Beethovens Leonore, meistert sie mit Bravour. Ihr jugendlich-dramatischer klarer Sopran bewältigt die dramatischen Ausbrüche und Spitzentöne mit scheinbarer Leichtigkeit. Ihre große Soloarie im zweiten Aufzug meistert sie grandios. Hier kündigt sich hoffnungsvoll eine große Wagner-Sängerin an. Man kann nur hoffen, dass man sie in Meiningen behutsam weiter aufbaut und Kutzner nicht den Fehler macht, sich zu früh mit den ganz großen Partien zu verbrennen. Auch spielerisch ist sie grandios, ihre Gefühlsschwankungen zeigt sie mit starkem körperlichem Einsatz.
Christopher Diffey in der Rolle des Arindal ist der einzige Gast im Ensemble und die „B-Besetzung“, die aber an diesem Abend eine eindeutige „A-Besetzung“ ist. Er ist von der Stimmlage ein Max, ein Eric, und damit ideal für die kräftezehrende Partie, die man durchaus schon mit dem Tannhäuser vergleichen kann. Diffey hat sowohl die strahlenden Höhen in den dramatischen Ausbrüchen als auch wunderbare lyrische Momente. Und im Ausdruck und im Gestus ist er kein strahlender Held, sondern ein verletzter, traumatisierter und sensibler Mensch. Die Figur gestaltet Diffey mit sehr viel Herzblut. Die Sopranistin Deniz Yetim als Fee Zemina und die Mezzosopranistin Marianne Schechtel als Fee Farzana ergänzen sich in Spiel und Gesang wunderbar, sind die Intrigantinnen und Motor der Inszenierung, haben stets die Fäden in der Hand. Emma McNairy als Arindals Schwester Lora besticht durch ihren klaren und in den Höhen leuchtenden Sopran, der stimmlich und spielerisch mit Kutzners Sopran harmoniert, ohne dabei hinten runterzufallen. Shin Taniguchi als ihr Geliebter Morald gefällt mit markantem und textverständlichem Bariton und kräftigem Spiel. Der Bass-Bariton Johannes Schwarz überzeugt als Arindals Freund Gernot mit sehr lyrisch-warmem Gesang, und die Sopranistin Sara-Maria Saalmann als seine Geliebte Drolla mit schöner Klangfärbung und sehr exaltiertem Spiel. Gemeinsam gefallen sie als Buffo-Paar, das einzige, das Wagner jemals geschrieben hat. Selcuk Hakan Tiraşoğlu als Feenkönig hat seinen großen, aber kurzen Auftritt zum Schluss und überzeugt dabei mit schöntönendem Bass.
Killian Farrell leitet die Meininger Hofkapelle mit großem Engagement und viel Fingerspitzengefühl für die schwierige Partitur. Das Orchester hat die vielen Stilschwankungen und Tempowechsel gut ausbalanciert, und zu keinem Zeitpunkt werden die Sänger von der Wucht des Orchesters erschlagen. Der Chor und Extrachor des Staatstheaters Meiningen unter dem neuen Chorleiter Roman David Rothenaicher ist stimmlich bestens eingestellt und zeigt eine große Spielfreude. Das Publikum an diesem Sonntag ist zunächst etwas verhalten mit dem Applaus, vielleicht ist es auch etwas überfordert mit dem bildreichen und stimmgewaltigen Angebot. Lena Kutzner, Christopher Diffey und Killian Farrell werden dann aber bei ihren Solovorhängen zurecht umjubelt. Dem Staatstheater Meiningen ist mit der Produktion des Frühwerks von Richard Wagner, was keine Jugendsünde ist, ein großer Coup gelungen. In dieser Spielzeit stehen „Die Feen“ noch viermal auf dem Programm. Und wer den Weg nicht nach Meiningen findet, aber neugierig auf die Musik geworden ist, dem sei die legendäre, vierzig Jahre alte Aufnahme unter Wolfgang Sawallisch, ein Live-Mitschnitt von den Münchner Opernfestspielen 1983, empfohlen.
Premiere am 15. September 2023, besuchte Vorstellung am 1. Oktober 2023
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