Suggestive, zu Akkorden geschichtete Farben

Karl­heinz Beer (2. von rechts) mit Ver­nis­sa­ge­gäs­ten aus Bay­reuth Foto: Mo­ni­ka Beer

Schon als jun­ger Mann ent­deck­te Karl­heinz Beer Ve­ne­dig für sich, jetzt kön­nen um­ge­kehrt die Ve­ne­zia­ner ent­de­cken, wie der seit 1997 in Bam­berg le­ben­de Ma­ler und Büh­nen­bild­ner die La­gu­nen­stadt sieht – und mit ihr ei­nen ih­rer be­rühm­tes­ten spo­ra­di­schen Be­woh­ner: Am 30. No­vem­ber wird im Pa­laz­zo Al­b­riz­zi Beers Ein­zel­aus­stel­lung „pur­pur­ro­sa“ er­öff­net, eine Hom­mage an Ri­chard Wag­ner und an die Stadt, in der der Dich­ter­kom­po­nist aus Bay­reuth im Fe­bru­ar 1883 starb.

Die Aus­stel­lung der As­so­cia­zio­ne Cul­tu­ra­le Italo-Te­de­s­ca (ACIT) läuft bis Ende Ja­nu­ar 2015 und ist Teil des dies­jäh­ri­gen Pro­gramms der „Gior­na­te Wag­ne­ria­ne“, die der Ri­chard-Wag­ner-Ver­band Ve­ne­dig all­jähr­lich Ende No­vem­ber ver­an­stal­tet und dazu in­ter­na­tio­na­le Künst­ler ein­lädt. Ge­zeigt wer­den mehr als vier­zig Ge­mäl­de aus ei­ner Schaf­fens­pe­ri­ode von fast zwan­zig Jah­ren bis heu­te, er­gänzt durch Skiz­zen und Skiz­zen­bü­cher. Ein um­fang­rei­cher Aus­stel­lungs­ka­ta­log, der für die Prä­sen­ta­ti­on die­ser Bil­der 2013 im Kunst­ver­ein Schwet­zin­gen er­schie­nen ist, wird auch in Ve­ne­dig auf­lie­gen. Dort prä­sen­tiert Beer dar­über hin­aus wei­te­re und neue Bilder.

Die Aus­stel­lung do­ku­men­tiert das enge Ver­hält­nis und das viel­fäl­ti­ge Be­zie­hungs­ge­flecht zwi­schen Karl­heinz Beer, Wag­ner und Ve­ne­dig. In „pur­pur­ro­sa“ ver­bin­det der Künst­ler sei­ne Lie­be zu Ve­ne­dig mit sei­ner Af­fi­ni­tät zur Mu­sik Ri­chard Wag­ners – und viel­leicht auch zur Lieb­lings­far­be bei­der Künst­ler. Die Hom­mage an Wag­ner und Ve­ne­dig geht durch die in­ten­si­ve und glut­vol­le Far­big­keit der Wer­ke eine in­ni­ge Ver­bin­dung ein.

Gän­gi­ge Wag­ner-The­men bil­det Beer nicht ab, sie schwin­gen al­len­falls un­ter­grün­dig mit. Er ver­ar­bei­tet sie auf sei­ne Wei­se und zeigt sug­ges­tiv und viel­fach völ­lig abs­trakt, auf­ge­löst in Far­be und Far­big­keit, oft un­ter Ver­zicht auf jede Ge­gen­ständ­lich­keit die Aura, das Ima­gi­nä­re, Dif­fu­se, das Schwe­ben­de und Schwin­gen­de, nicht Greif­ba­re. „Es ge­nügt ih­nen“, sagt der Künst­ler über sei­ne Bil­der, „Far­be zu sein, ver­gleich­bar mit Mu­sik, die nicht Nach­ah­mung der Na­tur, nicht ihr Ab­bild ist. Die Far­ben wer­den kom­po­niert, zu Ak­kor­den ge­schich­tet. Sie sol­len wir­ken, be­we­gen, ergreifen.“

Für den Schwet­zin­ger Ku­ra­tor Diet­mar Schuth steht Karl­heinz Beer mit sei­nen ve­ne­zia­ni­schen Zim­mer­stü­cken in der schö­nen Tra­di­ti­on des „Bal­kon­zim­mers“ von Adolph Men­zel oder den In­te­ri­eurs der Im­pres­sio­nis­ten: „Auch er löst die schar­fen Kon­tu­ren der Rea­li­tät mit ei­nem im­pres­sio­nis­ti­schen Pin­sel auf und pflegt ein poe­ti­sches Sfu­ma­to, das alle Ge­gen­stän­de zu­neh­mend abs­tra­hiert.“ Die Kunst­his­to­ri­ke­rin Mi­chae­la Gramm­er stell­te bei Beers letz­ter Ein­zel­aus­stel­lung in des­sen Ge­burts­stadt Am­berg fest: „Der Künst­ler Beer kennt als Kom­po­nist sei­ner Bil­der die Psy­cho­lo­gie der Far­be, kennt die Wir­kung sei­ner Kom­po­si­tio­nen, und sei­ne ei­ge­nen Stim­mun­gen wer­den kon­kret – be­wusst oder un­be­wusst – in sei­nen Wer­ken. Nichts ist ges­tisch-abs­trakt, son­dern eine tie­fe Sinn­lich­keit und In­tui­ti­on lei­tet den Farb­kom­po­si­teur, wo­bei das gro­ße kunst­his­to­ri­sche Wis­sen des Künst­lers im­mer spür­bar ist und nir­gends ne­giert wird.“

Was schon frü­her auch der Kunst­ge­lehr­te und Dich­ter Eu­gen Gom­rin­ger kon­sta­tier­te, der in ei­nem Ka­ta­log­text über den Ma­ler schrieb: „Im Ge­fühls­mä­ßi­gen ste­hen Karl­heinz Beer die Schwer­mut ei­nes Deutschrö­mers, die Flam­men­schrift ei­nes El Gre­co, im lich­ten Hö­hen­flug die Klar­heit ei­nes me­di­ter­ra­nen Geis­tes zur Ver­fü­gung. Er ver­mag die Pein­ture, die man in der Ma­le­rei so lan­ge ver­misst hat, wie­der in ih­ren Rang bei der Be­wer­tung einzusetzen.“

Zur Per­son: Karl­heinz Beer ist 1953 im ober­pfäl­zi­schen Am­berg ge­bo­ren, lebt in Bam­berg und hält sich so oft wie mög­lich in Ve­ne­dig auf. Seit 1983 ist er als Ma­ler be­kannt, er ent­wirft seit Jahr­zehn­ten au­ßer­dem Büh­nen­räu­me und Kos­tü­me für Schau­spiel und Oper, u.a. für das E.T.A.-Hoffmann-Theater und das Lan­des­thea­ter Co­burg. Im­mer wie­der schuf er auch für Ur­auf­füh­run­gen die Aus­stat­tung, dar­un­ter für „Leu­bald“, ein ver­lo­ren ge­glaub­tes Früh­werk von Ri­chard Wag­ner an der Stu­dio­büh­ne Bay­reuth. Beer war Sti­pen­di­at der Wag­ner-Sti­pen­di­en­stif­tung (für sei­nen Bil­der­zy­klus „Wag­ners Wel­ten“) und er­hielt 1996 ein USA-Sti­pen­di­um mit Ate­lier und Aus­stel­lung dort, 1999 wur­de er beim Wett­be­werb zur Wo­che für das Le­ben mit dem „Preis der Stadt Bam­berg“ aus­ge­zeich­net. Über 100 Aus­stel­lun­gen in Kunst­ver­ei­nen und Mu­se­en in Deutsch­land, Frank­reich, USA, im Pol­ni­schen Na­tio­nal­mu­se­um Wroclaw/​Breslau u.a. – Wer­ke von Karl­heinz Beer be­fin­den sich in öf­fent­li­chen und pri­va­ten Samm­lun­gen, Baye­ri­sche Staats­ge­mäl­de­samm­lun­gen Mün­chen u.a.