Prof. Dr. Holger Noltze, der uns am Samstag über Wagners Umgang mit der Vorlage Wolframs von Eschenbach informiert und am Sonntag das Podiumsgespräch moderiert, hat gerade den Relaunch der von ihm mitgegründeten Online-Plattform takt1 hinter sich gebracht. Klassische Musik gibt es im Internet reichlich – allerdings ist die Suche beschwerlich und die Qualität nur selten zufriedenstellend. takt1 ist die erste digitale Plattform, die die Möglichkeiten des Internet für Mozart, Bach, Beethoven und Boulez ausschöpft. takt1 bietet nicht nur mehr als 1300 handverlesene Videos, Mitschnitte von Symphonien, Opern, Kammer-, Klavier- und Chormusik – zu jedem Werk gibt es eine Fülle von Informationen für Einsteiger und Liebhaber: Einführungen, Rezensionen, Noten. „Das Netz ist ein Ozean von Inhalten, aber je mehr es gibt, desto komplizierter und aufwändiger wird die Suche“, sagt Holger Noltze, takt1-Mitgründer und Musikjournalismus-Professor an der TU Dortmund: „Wir finden und kuratieren das Beste – mit täglich frischen Tipps, sachverständig und unabhängig.“ takt1 setzt auf gute Inhalte: exklusive und lizenzierte Aufführungen stehen neben kostenlosen Angeboten. Zum Service gehören auch tägliche Audio-Empfehlungen und eine auf klassische Musik zugeschnittene Suchfunktion. Die Autoren und Kolumnisten sind Fachleute, darunter der deutsche Stimmen-Papst Jürgen Kesting und der renommierte Musikwissenschaftler Martin Geck, aber auch Junior-Experten mit jungem Blick auf das Thema Klassik. Zum Gründungsteam von takt1 gehört auch Benedikt Stampa, noch Intendant am Konzerthaus Dortmund und designierter Intendant des Baden-Badener Festspielhauses: „Jeden Abend finden in den Konzerthäusern sensationelle Konzerte statt. takt1 wird die digitale Bühne für die spannendsten Künstler an den interessantesten Orten.“ Die Plattform setzt auf Kooperationen mit Künstlern und Spielorten, eine kluge Mischung aus Übernahmen und Eigenproduktionen. Die ersten Erfahrungen mit Live-Streams, etwa dem Mahler Chamber Orchestra unter Daniel Harding, waren „extrem ermutigend, sowohl technisch wie ästhetisch.“ Stampa und Noltze sind überzeugt, dass das Internet die klassische Musik neu erschließen wird – und das weltweit. Deshalb gibt es neben der deutschsprachigen Ausgabe takt1.de schon jetzt das englische takt1.com: Gerade konnte das Angebot mit neuem Layout gestartet werden, entweder als Premium-Abo oder einem kostenlosen Bereich für registrierte Nutzer. Der Premium-Preis von 15 Euro im Monat entspricht dem, was reine Video-Plattformen kosten. Die Gründer sind sich aber sicher: takt1 hat mehr zu bieten.
Prof. Dr. Stephan Mösch, der am 22. April ideengeschichtliche und aufführungsästhetische Hintergründe der Gralsoper beleuchten und tags darauf auch beim Podiumsgespräch aktiv sein wird, ist gerade dabei, ein Mammutprojekt zu beenden, an dem er als Herausgeber seit über dreieinhalb Jahren gearbeitet hat: Im Juni 2017 soll im Bärenreiter Verlag in Kooperation mit der Hochschule für Musik Karlsruhe das Handbuch Komponieren für die Stimme. Von Monteverdi bis Rihm erscheinen. In der Verlagsankündigung heißt es: Was Rainer Maria Rilke mit dem „Und er gehorcht, indem er überschreitet“ in seinen Orpheus-Sonetten formuliert, lässt sich auch als Motto des Komponierens für Stimme lesen. Von Monteverdi bis heute versuchen Komponistinnen und Komponisten, den Möglichkeiten der menschlichen Stimme zu folgen und gleichzeitig diese Möglichkeiten des Singens und damit die Grenzen des Musiktheaters zu erweitern. Aus dem Inhalt: Singend sprechen – sprechend Singen oder Versuch einer Antwort auf die Frage, was der Gesang in der Oper zu suchen hat; Zwischen Kulturtransfer und Eigenständigkeit: Komponieren für Stimme in Italien und Frankreich im 17. und 18. Jahrhundert; Von gut gemachten Kleidern, geläufigen Gurgeln und dem richtigen Ausdruck: Mozart und der Gesang; Belcanto und lange Melodien: Die Epoche Rossinis; Von „Nervenschocks“ und „Gesangswohllaut“: Richard Wagner und der Gesang; „Befreiung der Stimme?“ Post-tonales Singen bei Arnold Schönberg und Alban Berg; Mit der Seele statt mit der Kehle: Stimmfächer und Weiblichkeiten; Komponisten von Weltrang im Gespräch: John Adams, Chaya Czernowin, Peter Eötvös, Beat Furrer, Adriana Hölszky, Toshio Hosokawa, Helmut Lachenmann, Aribert Reimann, Wolfgang Rihm, Kaija Saariaho, Miroslav Srnka und Jörg Widmann. Die Autoren des Handsbuchs sind Matthew Gardner, Anselm Gerhard, Nanny Drechsler, Michael Heinemann, Sabine Henze-Döhring, Sieghart Döhring, Rebecca Grotjahn, Arnold Jacobshagen, Tobias Janz, Silke Leopold, Stephan Mösch, Wolfgang Rathert, Christina Richter-Ibáñez, Dörte Schmidt, Uwe Schweikert, Thomas Seedorf und Arne Stollberg (ca. 400 S. mit Notenbeispielen und Abb., ca. 39,95 Euro).
Jakob Peters-Messer, Regisseur der Parsifal-Neuinszenierung in Coburg (Premiere am 9. April) und einer der Hauptakteure bei der Podiumsdiskussion am Vormittag des 23. April im Grünen Saal der Harmonie, hat schon mal den Trailer zur der Produktion online gestellt. Nach dem Parsifal wird sich Peters-Messer intensiv Giuseppe Verdis Don Carlos widmen: Er inszeniert das Werk zum Auftakt der Jubliäumsspielzeit „325 Oper in Leipzig“, wo eine ganze Saison lang gefeiert wird, unter anderem auch mit einer Tannhäuser-Neuinszenierung von Wagner-Urenkelin Katharina Wagner. Zu Don Carlos teilt das Opernhaus mit: »Als Kontrapunkt zum Reformationsjubiläum 2017 eröffnet am 30. September 2017 Giuseppe Verdis großes Historiendrama Don Carlo in der Regie von Jakob Peters-Messer die Opernsaison. In der tragischen Hauptfigur, interpretiert von Gaston Rivero, einem Schüler von Plácido Domingo, spiegelt sich der Konflikt aus Liebe, Macht und Politik in einer Welt, in der die katholische Kirche als Instanz die Verhältnisse kontrolliert. […] In seiner wohl düstersten Oper entwirft Verdi nach Schillers gleichnamigem Drama eine klaustrophobische Welt, in der Liebe und Gefühl vor dem Hintergrund eines kompromisslosen Machtsystems und fanatischer Religiosität zum Scheitern verurteilt sind. Keine andere Oper hat Verdi so häufig redigiert wie Don Carlo, insgesamt erstellte er nicht weniger als sieben Versionen. In Leipzig erklingt die vieraktige Mailänder Fassung, in der Verdi die Protagonisten mit unerreichter psychologischer Sensibilität gestaltet. Regisseur Jakob Peters-Messer zeichnet in seiner Inszenierung ein kafkaeskes Labyrinth der Zwänge, das unweigerlich in die Katastrophe führt – Freiheit heißt letztlich nur der Tod.
Thomas Goerge, der am 22. April mit einer multimedialen Performance den Auftakt zu unserer „Parsifal“-Werkstatt gibt, erarbeitet momentan am Theater Trier ein Musiktheaterprojekt zu Wagners „Ring“, das am 7. April uraufgeführt wird. Es ist betitelt mit Ring-Babybabyballaballa und versucht den tiefliegenden archetypischen, oneirologischen (griech. oneiros, der Traum) und globalen Kern des „Rings“ freizulegen. Das Gerüst der Inszenierung besteht aus zwei Säulen. Die eine ist Wagners „Ring“, die andere die Spiegelung der „Ring“-Geschichte in den Mythen der Welt. Diese werden vom südafrikanischen Komponisten Richard van Schoor vertont. Beide Stränge werden musikalisch, szenisch und bildnerisch miteinander verwoben. Das Musiktheater-Projekt Ring-Babybabyballaballa schaut sich Wagners „Ring“ durch die Brille Samuel Becketts und eines afrikanischen Schamanen an. Die Interpretation ist eine Collage, eine Stilmischung aus isländischer Vorzeitsaga, Traumdeutung, Hollywoodglamour, Kasperldrastik, afrikanischer Dodo-Oper, Nō-Theater und Psychothriller. Sie wirft einen globalisierten Blick auf die deutsche Nibelungensage, eine Geschichte über Gier, Mord, Verrat und Liebe. Thomas Goerge zeichnet verantwortlich für die Regie und das Libretto, als Art Director fungiert an seiner Seite Daniel Angermayr, mit dem er unter anderem gemeinsam das Bühnenbild zu Christoph Schlingensiefs Bayreuther „Parsifal“-Inszenierung geschaffen und ein Projekt an der Wiener Kammeroper inszeniert hat. Wer sich ein Bild von Thomas Goerge machen will, kann verschiedenste Medien benutzen: Blogspot, Instagram, Facebook, Vimeo, Youtube und Twitter.
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