Eine Sonderausstellung im Richard Wagner Museum Bayreuth spürt bis 4. November 2018 dem Welttheater-Begriff nach – ein zweitägiges Festival von 22. bis 24. August inbegriffen.
„Die ganze Welt ist eine Bühne.“ – Dieser zum geflügelten Wort gewordene Satz William Shakespeares besitzt im Zeitalter des Barock besondere Gültigkeit: Die Idee, das irdische Leben sei purer Schein und eine göttliche Inszenierung, in der jeder Mensch die ihm zugewiesene Rolle zu spielen habe, ist Fundament der europäischen Weltsicht im 17. und 18. Jahrhundert. In höfischen Festen und dem sich verbreitenden multimedialen Gesamtkunstwerk der Oper inszenieren und spiegeln die damaligen Herrscher diese Welt als vorgebliche Vertreter Gottes zu dessen Lob und zum eigenen Machterhalt.
Unter völlig anderen Vorzeichen verwirklicht sich im bürgerlichen Zeitalter des 19. Jahrhunderts die Idee des „Theatrum Mundi“ (Welttheater) wohl nirgends nachdrücklicher als in Richard Wagners Gesamtkunstwerk der Bayreuther Festspiele. Vor allem im „Ring des Nibelungen“ spiegelt sich eine überkommene Ordnung aus Aristokratie, korrupter Finanzwelt und dekadenter Politik, die zu überwinden Wagners Ziel ist, um sie durch eine „ästhetische Weltordnung“ zu ersetzen.
Hundert Jahre später, zu Beginn der studentischen Unruhen des Mai 1968, konstatiert der französische Autor Guy Debord, dass die Menschen in einer „Gesellschaft des Spektakels“ leben, einer Scheinwelt des Konsumismus, in der die ‚Wirtschaft’ die Rollen zum alleinigen Zweck des zeitlosen Selbsterhalts verteilt – eine Feststellung, die auch im Zeitalter von Social Media nichts an Aktualität und Prägnanz verloren hat.
In Kooperation mit der Hochschule Hof/Campus Münchberg, dem Iwalewahaus Bayreuth und BayFinK nimmt das Richard Wagner Museum Bayreuth die Wiedereröffnung des UNESCO-Weltkulturerbes Markgräfliches Opernhaus zum Anlass, um in seiner diesjährigen Sommerausstellung dem Begriff des Welttheaters nachzuspüren.
Mit den multimedialen Mitteln unserer Zeit nähert sich die Ausstellung den Fragen nach Inszenierung und Inhalt, Schein und Sein, Rolle und Selbstbestimmtheit als Gemeinsamkeit von barocker Oper, Wagners Gesamtkunstwerk und den heutigen virtuellen Realitäten des Internets gleichermaßen. Aktuell in diesem Rahmen gibt es als Begleitprogramm von 22. bis 24. August ein zweitägiges Festival mit Veranstaltungen und Performances aus allen Kunstsparten – für alle und im Museumseintritt inbegriffen.
22. August, 20 Uhr: Afrofuturism and Gesamtkunstwerk – through the art-music of Sun Ra and Wagner. A performance lecture Hannah Catherine Jones aka Foxy Moron, London
23. August, 15 bis 17 Uhr: Theatrum (mini) Mundi! Ein Workshop für Kinder von 6 bis 12 Jahren mit Katharina Fink. Um Anmeldung wird gebeten: katharina.fink@uni-bayreuth.de
23. August, 21 Uhr: im Iwalewahaus Bayreuth Objects and Volumes. An experimental live set experience Steloolive, Accra/Ghana
24. August, 20 Uhr: An Initial Encounter. A performance Simon Vincent, London
24. August, 22 Uhr: DJ-Set Hannah Catherine Jones aka Foxy Moron, London
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