Stephan Jöris: Die Bayreuther „Ring“-Inszenierungen

Ex­per­te Ste­phan Jö­ris lässt am 13. No­vem­ber um 19 Uhr im VHS-Saal die bis­her fünf­zehn Pro­duk­tio­nen von Wag­ners  „Ring“-Tetralogie in Bay­reuth seit der Ur­auf­füh­rung 1876 Re­vue pas­sie­ren. Der Ein­tritt ist frei, Saal­öff­nung ist um 18.30 Uhr.

Ste­phan Jö­ris Foto: © Nar­va Festival/​Julia Savitskaja

„Wie er mit­singt, tak­tiert, auf dem Thea­ter her­um­fährt usw.! Al­les ist ein not­wen­di­ges Be­dürf­nis für Wag­ners See­len­zu­stand, der al­les noch ein­mal aus­schwit­zen will, was er kom­po­niert hat. In­dem er sei­ne Mu­sik hört, über­kommt ihn – so scheint es mir – eine Art Paroxis­mus und in die­sem Aus­strö­men der Ge­füh­le be­fin­det er sich kör­per­lich wohl und es scheint mir, als ob es ihm eine Wohl­tat ist, zu ra­sen.“ So schreibt Ri­chard Wag­ners Re­gie­as­sis­tent Ri­chard Fri­cke in sei­nen Er­in­ne­run­gen zum Ent­ste­hen der „Ring“-Uraufführung 1876 in Bay­reuth. Drei­und­zwan­zig Jah­re hat Ri­chard Wag­ner für die Ge­samt­auf­füh­rung sei­nes Opus Ma­gnum ge­lebt und ge­kämpft, um es in sei­nem ei­gens da­für ge­bau­ten Fest­spiel­haus er­leb­bar zu ma­chen. In bis­her fünf­zehn An­läu­fen voll­zog sich in der „Werk­statt“ auf dem grü­nen Hü­gel der fas­zi­nie­ren­de Pro­zess, Wag­ners kom­ple­xe Kopf­ge­burt ad­äquat zu ver­wirk­li­chen. Durch­setzt mit un­wahr­schein­li­chem Ge­sche­hen auf und vor al­lem hin­ter der Bühne.

Der 64-jäh­ri­ge Re­gis­seur und Dra­ma­turg Ste­phan Jö­ris, der von 1988 bis 2010 künst­le­risch-or­ga­ni­sa­to­ri­scher Mit­ar­bei­ter Wolf­gang Wag­ners bzw. der Fest­spiel­lei­tung war, bringt in Wort und Bild auf den Punkt, war­um die Te­tra­lo­gie auch an ih­rem thea­tra­li­schen Ge­burts­ort ein Ex­pe­ri­ment ist, das nie ab­ge­schlos­sen sein wird. Un­ter an­de­rem wird er zei­gen, wie sich seit der „Ring“-Uraufführung das Büh­nen­bild des Wal­kü­ren­fel­sens ge­wan­delt hat und  er­läu­tern, war­um es schon bei der der An­zahl der In­sze­nie­run­gen auf die Les­art an­kommt.  Die Schwer­punk­te sei­nes Vor­trags lie­gen auf 1876 und den Pro­duk­tio­nen der neue­ren Zeit. In Zu­sam­men­ar­beit mit der Volks­hoch­schu­le Bam­berg Stadt la­den wir zu die­sem Vor­trag am 13. No­vem­ber um 19 Uhr in den Gro­ßen VHS-Saal (Tränk­gas­se 4) ein. Der Ein­tritt ist frei, Saal­öff­nung ist um 18.30 Uhr.

Jo­seph Hoff­mann, „Die Wal­kü­re“, 3. Akt, Auf dem Wal­kü­ren­fel­sen. Sze­ne der Wal­kü­ren (far­bi­ge Öl­skiz­ze des Büh­nen­bilds für die Bayreuther-„Ring“-Uraufführung 1876 in der In­sze­nie­rung von Ri­chard Wagner)

Zur Per­son: Ste­phan Jö­ris wur­de 1954 in Köln ge­bo­ren und wuchs in ei­ner Thea­ter­fa­mi­lie auf. Schon als Zwölf­jäh­ri­ger be­gann er, am Thea­ter zu ar­bei­ten – als So­list, Chor­mit­glied, Büh­nen­mu­si­ker und Büh­nen­bild-As­sis­tent, als In­spi­zi­ent und Souf­fleur. Er stu­dier­te als Haupt­fach Schul­mu­sik für hö­he­re Schu­len, zu­sätz­lich Ge­sang, Horn und Di­ri­gie­ren in Han­no­ver und wirk­te als Hor­nist in vie­len Or­ches­tern mit. Nach Dra­ma­tur­gie- und Re­gie-Hos­pi­tan­zen an den Städ­ti­schen Büh­nen Frank­furt in der Ära Gie­len war er Re­gie­as­sis­tent Her­bert Wer­ni­ckes und As­sis­tent von In­ten­dant Hans-Pe­ter Leh­mann in Han­no­ver. Ers­te ei­ge­ne In­sze­nie­run­gen ent­stan­den un­ter an­de­rem in Dub­lin, Gel­sen­kir­chen, Hof und Stralsund.

Von 1988 bis 2010 war er künst­le­risch-or­ga­ni­sa­to­ri­scher Mit­ar­bei­ter der Lei­tung der Bay­reu­ther Fest­spie­le bei Fest­spiel­lei­ter Wolf­gang Wag­ner und hat dort fünf­zehn Aus­stel­lun­gen kon­zi­piert und durch­ge­führt. Er ar­bei­te­te in Bay­reuth un­ter an­de­rem für die Re­gis­seu­re Wer­ner Her­zog, Har­ry Kup­fer, Hei­ner Mül­ler, Wolf­gang Wag­ner und Keith War­ner so­wie für die Di­ri­gen­ten Pierre Bou­lez, Ja­mes Le­vi­ne, Giu­sep­pe Si­no­po­li und Chris­ti­an Thie­le­mann. Gleich­zei­tig wirkt er seit 1992 als Do­zent für Sze­ni­sche Aus­bil­dung im Be­reich Mu­sik­thea­ter. An den Hoch­schu­len in Augs­burg, Bay­reuth, Frank­furt, Det­mold, Ros­tock und Tal­linn war er als Re­gis­seur und Aus­stat­ter an zahl­rei­chen Opern­pro­duk­tio­nen be­tei­ligt. Sei­ne In­sze­nie­rung von Udo Zim­mer­manns „Die wei­ße Rose“ in Frank­furt wur­de bei den Hes­si­schen Thea­ter­ta­gen 2005 prä­miert, 2007 führ­te er im Rah­men des Bay­reu­ther Os­ter­fes­ti­vals im Mark­gräf­li­chen Opern­haus Re­gie bei An­to­nio Sa­li­e­ris „Pri­ma la mu­si­ca e poi le parole“.

In Sa­chen Wag­ner hat Jö­ris 2012 als Co-Re­gis­seur von Hans Pe­ter Leh­mann in Niz­za „Tris­tan und Isol­de“ her­aus­ge­bracht und 2013 als „Re­vi­val Di­rec­tor“ am New Na­tio­nal Theat­re To­kyo Hans Pe­ter Leh­manns „Tannhäuser“-Inszenierung wie­der auf­ge­legt. Sei­ne Pro­duk­ti­on von Pur­cells „Dido and Aene­as“ an der est­ni­schen Mu­sik- und Thea­ter­aka­de­mie in Tal­linn wur­de für den Mu­sik­thea­ter­preis 2017 in Est­land no­mi­niert. 2008 war er Mit­her­aus­ge­ber des Bands „Angst vor der Zer­stö­rung – Der Meis­ter Küns­te zwi­schen Ar­chiv und Er­neue­rung“, der auf ei­nem Sym­po­si­um zu Ka­tha­ri­na Wag­ners Bay­reu­ther „Meistersinger“-Inszenierung fußt. Seit 2012 schreibt er re­gel­mä­ßig über Ri­chard Wag­ner im Al­ma­nach der Ge­sell­schaft der Freun­de von Bay­reuth und gibt un­ter an­de­rem in Alex­an­der Herr­manns Post­ho­tel in Wirs­berg wäh­rend der Fest­spiel­sai­son Einführungsvorträge.

Al­ek­sand­ar De­nic, „Die Wal­kü­re“, 3. Akt, Auf dem Wal­kü­ren­fel­sen. Sze­nen­fo­to von 2018 (Büh­nen­bild für die Bayreuther-„Ring“-Inszenierung 2013 von Frank Cas­torf) Foto: © Bay­reu­ther Festspiele/​Enrico Nawrath