Wagner als Kinoheld

An­dre­as H. Höl­scher, ein neu­es Mit­glied un­se­res Ver­bands, hat Sa­bi­ne Sonn­tags Mul­ti­me­dia­vor­trag „Wag­ner im Film“ am 12. Ok­to­ber fest­ge­hal­ten. Hier sein aus­führ­li­cher Be­richt samt Fotos.

Wür­de Ri­chard Wag­ner heu­te le­ben, er wäre ver­mut­lich ein Kom­po­nist, der die Film­mu­sik für spek­ta­ku­lä­re Fil­me kom­po­niert hät­te, wie Ho­ward Shore mit der Tri­lo­gie Der Herr der Rin­ge, John Wil­liams mit den Star-Wars Fil­men oder Hans Zim­mer mit der Fluch-der-Ka­ri­bik-Se­rie. Man kann es auch an­ders­rum for­mu­lie­ren, dass ohne Wag­ner und sei­nen Ein­fluss auf die Mu­sik die­se Film­kom­po­si­tio­nen so gar nicht denk­bar ge­we­sen wä­ren. Von Theo­dor W. Ador­no stammt das Zi­tat: „Wag­ner ist der Va­ter der Film­mu­sik.“ Gro­ßen Ein­fluss hat­te Wag­ners Mu­sik vor al­lem auf zwei Kom­po­nis­ten, die als Pio­nie­re der Film­mu­sik gel­ten, näm­lich Max Stei­ner und Erich Wolf­gang Korn­gold.  Als Wag­ner starb, gab es zwar schon Fo­to­gra­fien, aber vom Film war man noch Jahr­zehn­te ent­fernt. Und doch spielt Wag­ners Mu­sik, aber auch sei­ne Bio­gra­fie, im ci­ne­as­ti­schen Schaf­fen der letz­ten hun­dert Jah­re eine be­son­de­re Rol­le. Schon 1913, zum 100. Ge­burts­tag von Wag­ner, gab es ei­nen etwa ein­stün­di­gen Stumm­film, der das Le­ben Wag­ners por­trä­tier­te und bis heu­te ein Klas­si­ker ist. In ei­nem Vor­trag des Ri­chard-Wag­ner-Ver­ban­des Bam­berg stellt die Opern­re­gis­seu­rin und Mu­sik­wis­sen­schaft­le­rin Sa­bi­ne Sonn­tag die span­nen­de The­ma­tik „Wag­ner im Kino“ den Zu­hö­rern vor. Sonn­tag, Do­zen­tin für His­to­ri­sche Mu­sik­wis­sen­schaf­ten an der Hoch­schu­le für Mu­sik, Thea­ter und Me­di­en in Han­no­ver, hat ge­nau über die­ses The­ma pro­mo­viert und dazu drei Bü­cher pu­bli­ziert. Sonn­tag nimmt die Zu­hö­rer in der Bam­ber­ger Kul­tur­fa­brik, ei­nem wun­der­schö­nen Ort für klei­ne­re kul­tu­rel­le Dar­bie­tun­gen, mit auf eine ci­ne­as­ti­sche Zeit- und Ent­de­ckungs­rei­se in die Welt des Films und der Filmmusik.

In vie­len Ki­no­fil­men wird die Mu­sik Ri­chard Wag­ners be­nutzt, ohne ei­nen di­rek­ten Be­zug zu sei­nen Opern zu ha­ben. Eine der be­rühm­tes­ten Film-Sze­nen stammt aus dem An­ti­kriegs­film Apo­ca­lyp­se Now von Fran­cis Ford Cop­po­la aus dem Jah­re 1979, des­sen Hand­lung wäh­rend des Viet­nam­krie­ges spielt. Eine ame­ri­ka­ni­sche Hub­schrau­ber­staf­fel kommt aus der auf­ge­hen­den Mor­gen­son­ne und greift ein viet­na­me­si­sches Dorf mit Na­palm un­ter den Klän­gen von Wag­ners Ritt der Wal­kü­ren an. Die­se per­ver­tie­ren­de und ver­stö­ren­de Sze­ne hat ihr his­to­ri­sches Vor­bild in der Deut­schen Wo­chen­schau vom 4. Juni 1941, in der die Luft­lan­dung der Deut­schen auf Kre­ta eben­falls mit die­ser Mu­sik un­ter­legt wur­de. Über­haupt scheint Wag­ners Mu­sik vor al­lem für Kriegs­fil­me prä­de­sti­niert zu sein, doch auch in Lie­bes­fil­men und Ko­mö­di­en grei­fen die Film­schaf­fen­den ger­ne auf die Wer­ke Wag­ners zu­rück.  Zur Ein­stim­mung zeigt Sonn­tag zwei fast iden­ti­sche Film­clips der bri­ti­schen Ko­mi­ker­grup­pe um Mon­ty Py­thon zum The­ma: „Wie ver­füh­re ich den Milch­mann?“ Der zwei­te Clip ist mit Mu­sik aus dem Vor­spiel zu Tris­tan und Isol­de un­ter­legt, und auf ein­mal be­kommt der Clip eine ganz an­de­re Aura. Die Sinn­lich­keit der Ver­füh­rung ist mit der Mu­sik auf ein­mal da, im ers­ten Clip ohne Wag­ners Mu­sik war die Sze­ne ein­fach nur platt. Ne­ben Wag­ners Wal­kü­re scheint vor al­lem die Mu­sik aus Tris­tan und Isol­de mit ih­rer Un­auf­lös­lich­keit prä­de­sti­niert für Fil­me. Der be­kann­tes­te dar­un­ter ist si­cher Me­lan­cho­lia in der Re­gie von Lars von Trier aus dem Jah­re 2010, des­sen Film­me­lo­die kom­plett aus Tris­tan und Isol­de stammt. Ein wei­te­rer Film­klas­si­ker, der sich the­ma­tisch der Mu­sik Wag­ners be­dient, ist Char­lie Chap­lins The Gre­at Dic­ta­tor aus dem Jah­re 1940. Zwei be­rühm­te Sze­nen des Films wer­den vom Vor­spiel zur Oper Lo­hen­grin un­ter­malt: Dik­ta­tor Hyn­kels Tanz mit der Welt­ku­gel und die Schluss­an­spra­che des jü­di­schen Fri­seurs. Ein wei­te­rer Klas­si­ker ist die Bil­ly-Wil­der-Ko­mö­die Love in the Af­ter­noon aus dem Jah­re 1957 mit Au­drey Hepb­urn und Gary Coo­per. Hepb­urn spielt da­bei die jun­ge Cel­lis­tin Aria­ne, die sich bei ei­nem Be­such ei­ner Vor­stel­lung von Tris­tan und Isol­de in der Pa­ri­ser Oper für den äl­te­ren Ge­schäfts­mann Frank Flan­na­gan in­ter­es­siert, den sie mit dem Opern­glas be­ob­ach­tet und vor Auf­re­gung ei­nem ne­ben ihr sit­zen­den Mu­sik­stu­den­ten, der vol­ler En­thu­si­as­mus mit­di­ri­giert, so lan­ge an ei­nem Är­mel­fa­den zieht, bis die­ser sich völ­lig ge­löst hat. Slap­stick und Wag­ner, auch das kann pas­sen. Sonn­tag kom­men­tiert die Sze­nen so herr­lich un­prä­ten­ti­ös, dass man so­fort Lust be­kommt, sich die­se Klas­si­ker anzuschauen.

Es ist nicht nur die Mu­sik Ri­chard Wag­ners, die im­mer wie­der ger­ne in Fil­men zu hö­ren ist. Auch sein rast­lo­ses Le­ben ist im­mer wie­der ger­ne fil­mi­sches Mo­tiv. Der ers­te Film, der sich der Per­son und dem Le­ben Wag­ners wid­me­te, ist Ri­chard Wag­ner, eine Film­bio­gra­fie aus dem Jahr 1913 von Carl Fr­oelich, die an­läss­lich des 100. Ge­burts­tags Wag­ners ent­stand. Die Ur­auf­füh­rung von Ri­chard Wag­ner fand zur Er­öff­nung des Uni­on-Thea­ter Fried­rich­stra­ße am 13. Mai 1913 in Ber­lin statt. Die Erst­aus­strah­lung im TV sen­de­te das Schwei­zer Fern­se­hen sieb­zig Jah­re spä­ter, am 15. Mai 1983. Es lag na­tür­lich nahe, für den Film Mu­sik aus Wer­ken von Ri­chard Wag­ner zu ver­wen­den. Al­ler­dings wa­ren die Pro­du­zen­ten des Films nicht be­reit, die da­mals noch gül­ti­gen, ho­hen Ver­lags­rech­te zu zah­len. Der ita­lie­ni­sche Kom­po­nist Giu­sep­pe Bec­ce, ein Schü­ler Bu­so­nis, der auf­grund sei­ner Ähn­lich­keit mit Wag­ner als Schau­spie­ler ver­pflich­tet wor­den war, schlug vor, eine Mu­sik zu kom­po­nie­ren, die eine ein­deu­ti­ge Ver­bin­dung zum Werk von Wag­ner her­stellt, ohne dass ju­ris­ti­sche Kon­se­quen­zen zu be­fürch­ten sei­en. Bec­ce ver­ar­bei­te­te Mu­sik von Jo­seph Haydn, Wolf­gang Ama­de­us Mo­zart, Lud­wig van Beet­ho­ven und Gio­ac­chi­no Ros­si­ni in ei­ner Art „fil­mi­schen Mu­sik­dra­ma­tur­gie“, in­dem er die Mu­sik ver­zerrt und mit mu­si­ka­li­schen Sym­bo­len na­he­zu leit­mo­ti­visch ar­bei­tet und auf die­se Wei­se auch Sze­nen mit­ein­an­der ver­knüpft. So ent­stand ein kon­ge­nia­les Pla­gi­at, das heu­te als auf­schluss­rei­ches Do­ku­ment der Wag­ner-Re­zep­ti­on gilt. Bec­ces Mu­sik ist eine der ers­ten Film­mu­si­ken des deut­schen Films und leg­te den Grund­stein für sei­ne spä­te­re Ar­beit als Film­mu­sik­kom­po­nist und Ver­fas­ser von Ki­no­the­ken so­wie des Stan­dard­wer­kes All­ge­mei­nes Hand­buch der Film­mu­sik, das er zu­sam­men mit Hans Erd­mann und Lud­wig Brav herausgab.

Do­ku­men­tiert sind der­zeit sechs Fil­me mit Ri­chard Wag­ner als „Haupt­dar­stel­ler“ und vier­zehn Fil­me, in de­nen der Kom­po­nist eine „Ne­ben­rol­le“ spielt, dar­un­ter die ver­schie­de­nen Fil­me über Kö­nig Lud­wig II von Bay­ern und di­ver­se Fil­me über Franz Liszt. Nun möch­te man mei­nen, dass die Per­son Ri­chard Wag­ners mit am häu­figs­ten Haupt­the­ma ei­nes Films war und ist. Doch in ei­nem „Film­ran­king“, dass Sonn­tag er­stellt hat, be­legt Wag­ner er­staun­li­cher­wei­se „nur“ den ach­ten Platz, den er sich mit Jo­hann Se­bas­ti­an Bach, Gus­tav Mahler und Ge­org Fried­rich Hän­del teilt. Ein­sa­mer Spit­zen­rei­ter ist Wolf­gang Ama­de­us Mo­zart mit zwei­und­zwan­zig Fil­men, ge­folgt von der Strauß-Fa­mi­lie und Franz Schu­bert mit zwan­zig Fil­men. Fré­dé­ric Cho­pin, Lud­wig van Beet­ho­ven, Franz Liszt und Ro­bert Schu­mann fol­gen auf den Plät­zen noch vor Wag­ner. Er­staun­li­cher­wei­se gibt es über so in­ter­es­san­te Kom­po­nis­ten­per­sön­lich­kei­ten wie Gi­a­co­mo Puc­ci­ni, Pjotr Il­jitsch Tschai­kow­ski und Giu­sep­pe Ver­di we­ni­ger Fil­me als von Wag­ner. Un­ter den vie­len Dar­stel­lern, die fil­misch in die Rol­le Wag­ners ge­schlüpft sind, sind so be­kann­te Na­men wie Tre­vor Ho­ward, der in der Vis­con­ti-Ver­fil­mung des Le­bens Kö­nig Lud­wigs II von 1972 an der Sei­te von Hel­mut Ber­ger den Kom­po­nis­ten mim­te, und Ri­chard Bur­ton in der ins­ge­samt neun­stün­di­gen Bio­gra­fie-Ver­fil­mung von Tony Pal­mer aus dem Jah­re 1983. Bur­ton hat­te in ei­nem In­ter­view auf die Fra­ge: „Wie wird man Wag­ner?“ mit fol­gen­dem Bon­mot ge­ant­wor­tet: „Wag­ner war ein Schau­spie­ler – wie ich. Wag­ner lieb­te die Frau­en eben­so wie ich. Wag­ner war ganz in­stink­tiv für Mu­sik emp­fäng­lich – wie ich. Er war ego­zen­trisch, lau­nisch, un­voll­kom­men und viel­leicht ver­derbt – eben­so wie ich.“ Eine be­mer­kens­wer­te Selbst­ein­schät­zung Bur­tons. In der letz­ten Ver­fil­mung des Le­bens Kö­nig Lud­wigs II von 2012 spiel­te Ed­gar Sel­ge den um­trie­bi­gen Kom­po­nis­ten, wäh­rend in dem Do­ku­dra­ma Der Wag­ner-Clan zum 200. Ge­burts­tag des Kom­po­nis­ten 2013 Jus­tus von Dohná­nyi nur die stum­me Rol­le des to­ten Ri­chard Wag­ners blieb.

Für Sonn­tag ist das Jahr 1968 so et­was wie eine Zä­sur in der Dar­stel­lung der Per­son Wag­ners und sei­ner Mu­sik im Kino. Bis dato war es eine Glo­ri­fi­zie­rung und Über­hö­hung der Per­son. Ein gu­tes Bei­spiel da­für ist die Ver­fil­mung des Le­bens Kö­nig Lud­wigs II von Bay­ern aus dem Jah­re 1955 mit dem Un­ter­ti­tel „Glanz und Elend ei­nes Kö­nigs“ in der Re­gie von Hel­mut Käut­ner. Be­son­ders prä­gnant ist das Al­ter der Haupt­prot­ago­nis­ten in die­sem Film. O.W. Fi­scher war be­reits 40 Jah­re alt, als er den 19-jäh­ri­gen Lud­wig ver­kör­per­te, der mit sei­nen schwär­me­ri­schen Fan­ta­sien den Kom­po­nis­ten ver­göt­ter­te, und den er von al­lem Bal­last, be­son­ders dem mo­ne­tä­ren, be­frei­en woll­te. Paul Bildt, der Dar­stel­ler Wag­ners, war im­mer­hin schon 70 Jah­re alt, und mim­te den in Wirk­lich­keit 20 Jah­re jün­ge­ren Kom­po­nis­ten. Im­mer­hin wur­de so der Al­ters­un­ter­schied von über 30 Jah­ren zwi­schen den bei­den his­to­ri­schen Fi­gu­ren im Film eingehalten.

Ne­ben der Glo­ri­fi­zie­rung steht das The­ma „Wag­ner und die Frau­en“ auch im Mit­tel­punkt, aber mehr im Sin­ne ei­nes alt­her­ge­brach­ten kon­ser­va­ti­ven Frau­en­bil­des, wie es auch dem Zeit­geist der Nach­kriegs­jah­re ent­sprach. Ein Bei­spiel da­für ist der US-ame­ri­ka­ni­sche Film Ma­gic Fire – Frau­en um Ri­chard Wag­ner, eine Film­bio­gra­fie aus dem Jah­re 1955 in der Re­gie von Wil­liam Die­ter­le. Alan Ba­del ver­kör­pert hier den Kom­po­nis­ten und des­sen dif­fe­ren­te Be­zie­hun­gen zu den drei wich­tigs­ten Frau­en in sei­nem Le­ben: Min­na Pla­ner, Mat­hil­de We­sen­don­ck und Co­si­ma Wag­ner. Der Ab­schied von Co­si­mas Va­ter Franz Liszt, Wag­ners Ehe­schlie­ßung mit Co­si­ma und die Ge­burt ih­res ge­mein­sa­men Soh­nes Sieg­fried, das al­les wird in die­sem Film idea­li­siert und chro­no­lo­gisch so fal­si­fi­ziert, um der his­to­ri­schen Wahr­heit – Co­si­ma war zum Zeit­punkt der Ge­burt Sieg­frieds noch mit dem Di­ri­gen­ten Hans von Bülow ver­hei­ra­tet und hat­te be­reits mit Wag­ner zwei un­ehe­li­che Töch­ter – aus dem Weg zu ge­hen. Die­se Form der „Ge­schichts­klit­te­rung“, so Sonn­tag, war zu die­ser Zeit durch­aus üb­lich. Der Film ist aber auf­grund ei­ner ganz an­de­ren Be­set­zung his­to­risch so wert­voll. Der Kom­po­nist Erich Wolf­gang Korn­gold war mit dem Ar­ran­ge­ment der Film­mu­sik be­auf­tragt. Korn­golds Ehr­geiz war es, aus dem für den Film be­nö­tig­ten Mu­sik­ma­te­ri­al Wag­ners „kei­ne ein­zi­ge Note zu ver­än­dern und kei­nen ein­zi­gen Takt ei­ge­ne Mu­sik bei­zu­steu­ern“. Korn­gold ge­lingt das in ei­ner un­nach­ahm­li­chen Art und Wei­se mit ei­ner auf vier Mi­nu­ten ge­kürz­ten Ring-Mu­sik als Hö­he­punkt. Und Korn­gold durf­te selbst als Dar­stel­ler in die­sem Film mit­wir­ken. In der Rol­le von Hans Rich­ter, dem Di­ri­gen­ten der Ur­auf­füh­rung des Ring des Ni­be­lun­gen in Bay­reuth 1876, sitzt Korn­gold am Di­ri­gen­ten­pult des Fest­spiel­hau­ses und lei­tet jene vier Mi­nu­ten Ring-Mu­sik für den Film, ein ein­zig­ar­ti­ges Do­ku­ment von Korngold.

In der Wag­ner­dar­stel­lung nach 1968 än­dert sich der Duk­tus dia­me­tral. Der Kom­po­nist wur­de ent­glo­ri­fi­ziert und teil­wei­se par­odis­tisch an­ge­legt. Sei­ne Schat­ten­sei­ten wur­den deut­lich of­fen­ge­legt, und die Fa­mi­li­en­ge­schich­te des Wag­ner-Clans wur­de zu­neh­mend the­ma­ti­siert. 1975 bringt der Re­gis­seur Ken Rus­sel, der ein Jahr zu­vor die Rock­oper Tom­my ver­filmt hat­te, mit Lisz­to­ma­nia eine teil­wei­se ab­sur­de Per­si­fla­ge auf das Gen­re der Ver­fil­mung gro­ßer Kom­po­nis­ten. Der Film the­ma­ti­siert das Le­ben und Wir­ken des ös­ter­rei­chisch-un­ga­ri­schen Kom­po­nis­ten Franz Liszt und da­bei ins­be­son­de­re sei­ne Be­zie­hung zu Ri­chard Wag­ner. Je­doch ist der Film we­ni­ger bio­gra­fisch und his­to­risch kor­rekt an­ge­legt, son­dern zeigt die Aspek­te der Haupt­per­son in zahl­rei­chen über­zeich­ne­ten und me­ta­pho­risch an­ge­leg­ten Sze­nen. Für Auf­se­hen und Kon­tro­ver­sen sorg­te zum ei­nen die Be­set­zung. Die Haupt­rol­le spiel­te der Rock­mu­si­ker Ro­ger Dal­trey von der Band The Who, und in Ne­ben­rol­len wa­ren mit Rin­go Starr, ehe­ma­li­ger Schlag­zeu­ger der Beat­les, als Papst und Rick Wak­e­man von Yes wei­te­re po­pu­lä­re Mu­si­ker zu se­hen. Da­ne­ben sind im Film auch – an­ders als in Ken Rus­sells vor­an­ge­gan­ge­nen Kom­po­nis­ten-Por­träts Tschai­kow­sky – Ge­nie und Wahn­sinn und Mahler – kaum ori­gi­na­le Mu­sik­stü­cke der dar­ge­stell­ten Kom­po­nis­ten zu hö­ren, son­dern über­wie­gend Ad­ap­tio­nen von The­men des Key­boar­ders Wak­e­man. Zum an­de­ren ist der Film we­gen sei­ner zahl­rei­chen Traum­se­quen­zen, die ins­be­son­de­re Se­xua­li­tät und Wag­ners Ein­flüs­se auf den Na­tio­nal­so­zia­lis­mus the­ma­ti­sie­ren, um­strit­ten. Mit dem Auf­tre­ten von Wag­ner als Vam­pir, der Franz Liszt am Flü­gel aus­saugt, wer­den die fan­tas­tisch-ab­sur­den Ele­men­te der Traum­se­quen­zen zu ele­men­ta­ren Tei­len der Hand­lung. Der bri­ti­sche Mu­si­ker und Sän­ger Paul Ni­cho­las spiel­te in die­sem Film die Rol­le des blut­saugen­den Ri­chard Wag­ner. In Deutsch­land er­hielt der Film eine Frei­ga­be erst ab 18 Jahren.

Der letz­te Film, der von Sonn­tag im Rah­men ih­res Vor­tra­ges Er­wäh­nung fin­det, ist das Doku-Dra­ma Der Wag­ner-Clan aus dem Jah­re 2013, der vor al­lem die Rol­le Co­si­mas nach dem Tod Wag­ners 1883 in Ve­ne­dig, ih­res Soh­nes Sieg­frieds so­wie sei­ner Schwes­tern be­leuch­tet. Co­si­ma setzt nach dem Tod Ri­chards al­les dar­an, sein An­denken zu über­hö­hen und sein Erbe in ih­rem Sinn zu ver­wal­ten. Da­für schreckt sie nicht vor ei­ner Tes­ta­ments­fäl­schung zu­rück und spannt ihre Kin­der in den Kampf um die künst­le­ri­sche Dy­nas­tie ein. Das als „Event­film“ an­ge­kün­dig­te Doku-Dra­ma wur­de am 23. Fe­bru­ar 2014 im ZDF aus­ge­strahlt, Re­gie bei dem Pro­jekt von Oli­ver Ber­ben und Gero von Boehm führ­te Chris­tia­ne Bal­tha­sar. In den Haupt­rol­len wa­ren Iris Ber­ben als Co­si­ma Wag­ner, Lars Ei­din­ger als Sieg­fried Wag­ner und Hei­no Ferch als Hous­ton Ste­wart Cham­ber­lain, dem Schwie­ger­sohn Co­si­mas, und Jus­tus von Dohná­nyi in der kur­zen Rol­le des gra­de ver­stor­be­nen Ri­chard Wag­ner zu sehen.

Sonn­tags hu­mor­vol­ler und span­nen­der, mit reich­lich De­tails ge­spick­ter Vor­trag en­det mit dem Film­aus­schnitt aus Ma­gic Fire, in dem Erich Wolf­gang Korn­gold als Di­ri­gent Hans Rich­ter die auf vier Mi­nu­ten zu­sam­men­ge­kürz­te Ring-Mu­sik im Fest­spiel­haus di­ri­giert. Die­ser Vor­trag macht Lust, sich den ei­nen oder an­de­ren „al­ten Schin­ken“ noch ein­mal an­zu­schau­en, dann mit dem Hin­ter­grund­wis­sen zu „Wag­ner im Film“, was für die meis­ten Zu­hö­rer in der Bam­ber­ger Kul­tur­fa­brik si­cher Neu­land ist. Und wer jetzt Lust auf Wag­ner im Kino be­kom­men hat: Am 28. Ok­to­ber star­tet Axel Brüg­ge­manns Do­ku­men­ta­ti­on Wag­ner, Bay­reuth und der Rest der Welt in den deut­schen Ki­nos und er­laubt ei­nen lan­gen, in­ti­men Blick hin­ter die Ku­lis­sen des Fest­spiel­hau­ses – vom Or­ches­ter­gra­ben bis in Ka­tha­ri­na Wag­ners Wohnzimmer.

Ver­öf­fent­li­chung mit freund­li­cher Ge­neh­mi­gung des Au­tors und Fotografen

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