„Der Ehe Hüterin hörte ihn“

Sa­bi­ne Sonn­tag will bei ih­rem Vor­trag am 8. No­vem­ber ent­hül­len, war­um Ri­chard Wag­ner sich vor­zugs­wei­se in Frau­en ver­lieb­te, die schon ver­ge­ben wa­ren und wie sich das in sei­nen Opern­fi­gu­ren spiegelt.

Sa­bi­ne Sonn­tag nach ih­rem ers­ten Vor­trag im KUFA-Saal – Foto: An­dre­as Hölscher

Ri­chard Wag­ner wur­de nicht müde, die Ehe als – wie er sie sah – In­sti­tu­ti­on des Be­sit­zes und der Un­ter­drü­ckung zu brand­mar­ken und ihr die freie Lie­be ohne amt­li­che Bin­dung als das Ide­al ent­ge­gen zu stel­len. Noch we­ni­ge Stun­den vor sei­nem Tod ge­dach­te er der Ehe in sei­nem letz­ten Auf­satz, der sich be­kannt­lich mit der „Eman­zi­pa­ti­on des Wei­bes“ be­schäf­tig­te. War­um aber hat er dann – sei­ne ers­te Ehe­frau wur­de Min­na Pla­ner, sei­ne zwei­te Co­si­ma von Bülow, geb. Liszt – zwei Mal geheiratet?

Die Ant­wort ist wie im­mer viel­schich­tig, sie hat mit Wag­ners en­ger Mut­ter­bin­dung, sei­ner ge­sell­schaft­li­chen Stel­lung, sei­nem Fa­mi­li­en­traum und nicht zu­letzt sei­ner se­xu­el­len Ge­sund­heit zu tun. Sei­ne Bio­gra­phie of­fen­bart das, was sein muss­te, sein Werk aber je­nes, was sein soll­te. Die Schnitt­stel­le ist im­mer Ri­chard Wag­ner selbst, der wie sei­ne Fi­gu­ren um be­gehr­te Frau­en stets als der „ge­schä­dig­te Drit­te“ ge­wor­ben hat, ein Be­griff, den Sig­mund Freud für jene Män­ner ent­wi­ckelt hat, die an Frau­en nur dann In­ter­es­se fin­den, wenn die­se nicht frei sind, son­dern ei­nem an­de­ren gehören.

Die­se kom­ple­xen Vor­gän­ge, die Tris­tan und Ri­chard mit­ein­an­der ver­schmel­zen las­sen, be­leuch­tet Sa­bi­ne Sonn­tag in ih­rem zwei­ten Bam­ber­ger Vor­trag, bei dem sie, wie der Ti­tel ver­heißt, in die Rol­le von Wo­tans Göt­ter­gat­tin, der „Ehe Hü­te­rin“, schlüpft. Ein we­sent­li­cher Aspekt und so­zu­sa­gen Schlüs­sel ist da­bei Wag­ners ers­tes, aber nie voll­ende­tes Mu­sik­dra­ma „Die Hoch­zeit“. Aus­ge­hend von der „Hoch­zeit“ wird Sa­bi­ne Sonn­tag den „Eid, der Un­lie­ben­de eint“ in „Tris­tan und Isol­de“, der „Wal­kü­re“ und in sei­ner bei Or­trud und Tel­ra­mund im­mer­hin po­li­tisch recht er­folg­rei­chen Va­ri­an­te beleuchten.

Zur Per­son Dr. Sa­bi­ne Sonn­tag ist Schü­le­rin des be­rühm­ten Re­gis­seurs Götz Fried­rich. Sie hat ihm in Mün­chen, Stutt­gart und Lon­don as­sis­tiert, be­vor sie ihre Thea­ter­kar­rie­re als Re­gis­seu­rin und Dra­ma­tur­gin in Braun­schweig be­gon­nen hat. Bis 2001 war sie stellv. In­ten­dan­tin der Oper von Han­no­ver. Da­nach wech­sel­te sie an die Mu­sik­hoch­schu­le Han­no­ver, zu de­ren Lehr­kör­per sie bis heu­te ge­hört. Sie hat meh­re­re Bü­cher zum The­ma Wag­ner ver­öf­fent­licht, dar­un­ter Un­ter­su­chun­gen zu Wag­ner als Fi­gur in Spiel­fil­men und zur Tris­tan-Mu­sik als Film­mu­sik. Mit ih­rem Vor­trag „Wag­ner im Kino“ war sie im Ok­to­ber 2021 erst­mals bei uns zu Gast.

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