Noch bis Ende Januar läuft die reguläre Kartenbestellung für die Bayreuther Festspiele 2023. Nur jeweils 330 Besucher können den neuen „Parsifal“ in voller Blüte sehen, sprich als eine Produktion mit „Augmented Reality“ (AR).
Bei den kommenden Festspielen gibt es zwar keinen „Wagner für alle“, wie der Slogan zum ersten Public Viewing vor fünfzehn Jahren verhieß, aber erfreulicherweise wieder zwei kostenlose Festspiel-Open-Air-Abende im Festspielpark. Auf dem Programm der Saison 2023 von 24. Juli bis 28. August stehen als Neuinszenierung „Parsifal“ (7 mal) sowie die Wiederaufnahmen von „Tristan und Isolde“ (2 mal), der „Ring“-Tetralogie (3 mal), von „Tannhäuser“ (5 mal) und „Der fliegende Holländer“ (5 mal). Geplant sind außerdem „Parsifal“ als Kinderoper sowie das Rahmenprogramm Diskurs Bayreuth.
Das Bühnenweihfestspiel „Parsifal“ dürfte unter den Karteninteressenten begehrter sein als sonst jede Bayreuth-Neuinszenierung: Das Außergewöhnliche, Spektakuläre der Neuproduktion (Musikalische Leitung: Pablo Heras-Casado, Regie: Jay Scheib, Bühne: Mimi Lien, Kostüm: Meentje Nielsen) können im Saal nämlich nur jeweils 330 Zuschauer erleben. Von den 1937 offiziell in den Verkauf gehenden Plätzen ist nur rund ein Sechstel mit den dafür notwendigen Spezialbrillen für AR ausgerüstet, deren Nutzung je nach Kartenkategorie einen Aufpreis von 32 bis maximal 80 Euro kostet.
AR ist die Abkürzung für „Augmented Reality“ und bedeutet „erweiterte Realität“. Wie auf der Homepage der Festspiele nachzulesen ist, gehört AR „zu den immersiven Technologien und ermöglicht so ein Eintauchen in neue, virtuelle Welten. Bei Augmented Reality wird die Umgebung mit digitalen Bildern überlagert und der reale Bühnenraum erweitert. Sie folgen der Inszenierung auf der Bühne, während gleichzeitig der gesamte Raum vor und neben der Bühne digital erweitert und bespielt wird.“
Man kann sich in einem Video ansehen, was das heißt. Es geht hier also nicht um „Virtual Reality“, um eine vollständig digital simulierte Umgebung, sondern der Sichtkontakt in den realen Bühnenraum bleibt erhalten. Die AR-Plätze funktionieren offenbar nur im hinteren Teil des Parketts und in den ersten Logen-, Balkon und Galerie-Reihen optimal.
Die AR-Brillen sollten beziehungsweise müssen für jeden Zuschauer individuell angepasst werden, soweit sie Brillenträger sind, denn die eigene Brille (deren Daten nach der Kartenbestellung abgefragt werden) kann dabei nicht getragen werden. Schlechte Karten haben alle, die stark kurz- oder weitsichtig sind, eine starke Hornhautverkrümmung haben oder schielen: Für sie funktioniert die AR-Technologie (noch?) nicht.
Fürs AR-Bühnenweihfestspiel sollten die Zuschauer mehr Zeit mitbringen, denn die individuelle Anpassung, die maximal zehn Minuten dauert, sollte schon zwei Stunden vor Vorstellungsbeginn erledigt sein. Wer ins erweiterte Gralsgebiet pilgert, darf es also nicht eilig haben. „Ist ‚Parsifal‘, so wie er ist, nicht schon für sich eine erweitere Realität?“, schrieb auf Slippedisc ein Kommentator zur aktuellen AR-Meldung. Ein weiterer Leser der englischen Musikplattform schlug folgende Alternativen vor:
Alternative (cheaper and more popular) “augmented reality” solutions:
1) 3D glasses. Most people still got theirs from the first Avatar movie.
2) LSD squares for each patron.
3) Psychedelic mushrooms locally sourced from the nearby forest.
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