Uwe Eric Laufenberg hat auf die vielen Verrisse seiner ursprünglich für Köln geplanten, dann überraschend im Bayreuther Festspielhaus realisierten Parsifal-Inszenierung eine Erwiderung folgen lassen. Auf der Nachtkritik-Plattform kann man nicht nur seine Sicht der Dinge nachlesen, sondern auch eine Fülle von Leser-Reaktionen – und über entsprechende Links auch von kritisierten Kritikern. Ein weiterer Link offenbart, dass Laufenberg ein „Wiederholungstäter“ ist. Im Gegensatz zu seinem Widerspruch auf Kritiken seiner Otello-Inszenierung 2015 auf der eigenen Homepage, wo er seitenlang noch mit Details seiner Regiearbeit argumentierte, rekapituliert er jetzt bei seiner Parsifal-Replik unter anderem Teile der Festspiel- und Rezeptionsgeschichte und setzt neben deutschen Kritikern auch renommierte Regiekollegen herab, vor allem auch Christoph Schlingensief und Stefan Herheim, also jene zwei Szeniker, die vor ihm in Bayreuth das Bühnenweihfestspiel inszeniert und Maßstäbe gesetzt haben, von denen Laufenberg leider Lichtjahre entfernt ist.
Er meint das offenbar alles ernst. Weshalb man auch wissen sollte, dass die reglos sitzende Figur oben links in der Kuppel des Parsifal-Bühnenbilds, die sich keinem Besucher der Aufführung logisch erschließt, eine „Kritikerfalle“ sein könnte. Wie der Nordbayerische Kurier aus der Mitgliederversammlung der Gesellschaft der Freunde von Bayreuth berichtete, fragte dort jemand, ob diese Figur denn Gott, Jesus oder Christian Thielemann sei. Worauf Laufenberg antwortete: „Es ist jemand, zu dem die Menschen aufblicken.“ Der Kurier-Berichterstatter ergänzte, dass Laufenberg anschließend feixte und andeutete, dass das vielleicht eine Kritikerfalle sein könnte, also ein Detail der Inszenierung, deren Erwähnung oder Nichterwähnung erkennen lasse, ob ein Rezensent genau hingesehen hat. Also Leute, schaut um Himmels willen genau hin!
Da nicht entschlüsselbare Figuren zu Spekulationen einladen, sei dem gerne entsprochen: Es könnte sich – gewissermaßen als hausinterne Kritik des Regisseurs an den für ihn übertriebenen Sicherheitsmaßnahmen bei den Festspielen – um einen Securitymann handeln: Schließlich sitzt er hinter einem Sicherheitszaun, schließlich kann man mit einem guten Opernglas erkennen, dass er hinter einem Ohr verkabelt ist. Wahrscheinlich ist der Mann dazu verdammt, sich auf immer und ewig die Augen auszuschauen nach der schwebenden Taube, die in Parsifal bekanntermaßen eine nicht unbedeutende Rolle spielt und schon für manch schöne Anekdote gesorgt hat.
P. S. Das Verblüffendste an dieser Figur ist ja, dass sie in der Kinoversion und der Fernsehaufzeichnung überhaupt nicht auftauchte bzw. auftaucht, was diese Zuschauer zwangsläufig bei der Lektüre der Premierenkritiken verwirren musste. Wie konnte es sein, dass in der Aufzeichnung dieses ins Auge fallende Element, an dem sich viele Rezensenten, die im Festspielhaus saßen, abarbeiteten, gar nicht vorkam? Hat Laufenberg vergessen, seine abfilmenden Kollegen über die Wichtigkeit dieser seiner Regieidee zu informieren? Oder war und ist die Idee nur ein deplatzierter, schlechter Witz? Obwohl die Figur immerhin die ersten beiden Akte lang stets präsent und wohl aus Umbaugründen nur in Teilen des dritten Akts zu sehen ist? Fragen über Fragen, müßige Acht!
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