Nein, der Titel des Blogs „Mein Wagner-Jahr“ war ernst gemeint und bezog sich konkret auf das Jubliäumsjahr mit dem 200. Geburtstag und dem 130. Todestag Richard Wagners. Eine Fortsetzung in dem Sinne wird es also nicht geben, selbst wenn seit Jahrzehnten jedes Jahr für mich unter anderem auch ein Wagnerjahr war und ist. Sogar 2014, meinem seit Jahrzehnten ersten Jahr, in dem ich die Festspiele nicht besuchen werde. Was allerdings nicht heißen soll, dass mein kritisches Auge nicht doch auf Bayreuth ruht.
Gestern zum Beispiel fand eine Sitzung zum Thema Stiftungssatzung statt, zu deren Inhalt mir auf Anfrage Joachim Oppold, der Pressesprecher der Stadt Bayreuth, im Auftrag von Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe, die unter anderem auch Geschäftsführerin der Richard-Wagner-Stiftung ist, folgende Information zukommen ließ:
Die Sitzung, die heute stattfindet, ist keine Sitzung des Stiftungsrates oder des Vorstands der Richard-Wagner-Stiftung. Zu dieser Sitzung heute sind aufgrund eines Beschlusses des Stiftungsvorstands die Stifter bzw. deren Nachfahren eingeladen. Gemeinsam will man erörtern, ob und wenn ja welche Veränderungen in der Stiftungssatzung notwendig sind und – falls sie notwendig sind – wie sie unter Berücksichtigung des dokumentierten Stifterwillens umgesetzt werden können.
Diese umständlich erscheinende Antwort offenbart in eben ihrer Umständlichkeit, dass der Teufel im Detail steckt. Genauer: in der nach wie vor gültigen Stiftungssatzung, die nach dem Willen von maßgeblichen CSU-Politikern und von Toni Schmid, dem Verwaltungsratsvorsitzenden der Festspiel-GmbH und für Bayreuth zuständigen Strippenzieher im bayerischen Kultusministerium, dringend geändert werden muss, damit die Verträge der amtierenden Festspielleiterinnen oder zumindest von Katharina Wagner ohne Komplikationen und unter Ausschluss der Öffentlichkeit verlängert werden können.
Nun dürften aber zumindest in Teilen die Stifter (sprich: Mitglieder der vier Stämme der Abkömmlinge von Siegfried und Winifred Wagner) etwas dagegen haben. Dass die Wolfgang-Familie mit den aktuellen Geschäftsführerinnen der Festspiel GmbH, Katharina Wagner und Eva Wagner-Pasquier dafür ist, an der Macht zu bleiben, versteht sich von selbst; die interne Gegenstimme von Bruder bzw. Halbbruder Gottfried zählt da nicht. Vermutlich wurde er, wenn überhaupt, nur pro forma gefragt.
Spannender ist die Frage nach dem Verhalten von Neill Thornborrow, dem Erben und Nachlassverwalter Friedelind Wagners und Stiftungsratsmitglied. Interessanterweise wurde sein Mandat verlängert, obwohl in der Stiftungssatzung ausdrücklich steht, dass Stellvertreter nur zwanzig Jahre lang amtieren können und Adoptivkinder einen Stamm nicht fortsetzen. Wer weiß, dass Thornborrow ein Theateragent ist, der seine Sänger unter anderem schon in der späten Ära Wolfgang Wagners und anschließend bei dessen Töchtern immer wieder in Bayreuth untergebracht hat und unterbringt, versteht das Eine-Hand-wäscht-die-andere-Arrangement schon besser.
Wie sich die einzige noch lebende, am 2. Dezember 1920 geborene Wagner-Enkelin Verena Lafferentz verhält, ist schon aus Altergründen schwer abzuschätzen. Und erst recht, wie gegebenenfalls deren fünf Kinder entscheiden würden – darunter Amelie Hohmann, die nach wie vor vermutlich brisante Unterlagen von Winifred und Siegfried Wagner unter Verschluss hält. Fest steht, dass Verena zum Beispiel den Wahnfried-Umbauplänen lange skeptisch gegenüberstand. Ebenso wie die erst jüngst verstorbene Wieland-Tochter Iris Wagner, die am 24. Januar 2014 auf dem Bayreuther Stadtfriedhof begraben wird. Dass deren drei Geschwister – Daphne, Nike und Wolf-Siegfried Wagner – einer weiteren Aushöhlung der Stiftungssatzung nicht tatenlos zusehen werden, darf als gesetzt gelten. Der juristische Bayreuth-Krimi geht erst richtig los.
Um den Schlusspunkt unter „Mein Wagner-Jahr“ zu setzen, sei an dieser Stelle die Auflösung der letzten Wissenswette vermeldet. Aus den richtigen Einsendungen auf die drei Fragen – 1.) „Eine Pilgerfahrt zu Beethoven“, 2.) Fritz Busch, 3.) Richard Wagners Symphonie in C-Dur – wurden folgende Gewinner gezogen: Der Hauptpreis – der Besuch einer Wagner-Premiere – ging an Harald Schneider in Bamberg, über „Richard’s Rommé“ dürfen sich Gerhard Dresselhaus in Oldenburg, Lore Kleemann in Bamberg, Klaus Kramer in Möhrendorf, Yvonne Welling in Dormagen und Hans-Werner Wüschem in Neuburg freuen.
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