Dagny Beidler aus der Schweiz ist die letzte Wagner-Urenkelin aus dem Stamm der Wagner-Tochter Isolde. Am 5. April 2016 kommt sie erstmals zu uns nach Bamberg. Gemeinsam mit der Musikwissenschaftlerin Eva Rieger wird sie über Malwida von Meysenbug sprechen, eine faszinierende Frau und Freundin der Familie Richard Wagners.
Sie heißt Dagny Ricarda Beidler, und auf beide Vornamen legten ihre Eltern Ellen Gottschalk und Franz Wilhelm Beidler Wert: Dagny bedeutet „neuer Tag“, Aufwachen und Morgenröte, denn sie hofften nach der Geburt ihrer einzigen Tochter ausgerechnet am 20. April 1942, dass das Hitlerregime bald vorbei sein würde. Und Ricarda sollte auf den Urgroßvater verweisen, auf Richard Wagner. Bei ihrem Festspielbesuch 2012 gab die weithin unbekannte Wagner-Urenkelin aus der Schweiz ein Exklusiv-Interview.
Es gibt einen überall, selbst in der Autobiographie von Wolfgang Wagner so abgedruckten Stammbaum der Familie Richard Wagners, in dem Sie gar nicht existieren. Was denken Sie darüber?
Dagny Beidler: Ich nehme meine Generation nicht so wichtig. Ich bin wenigstens froh, wenn mein Vater drin ist.
Warum werden nur die Kinder aus dem Siegfried-Stamm wichtig genommen?
Erstens liegt das daran, dass der Beidler-Stamm in der Schweiz ansässig geworden ist. Und natürlich ist alles, was direkt mit dem Festspielhaus zu tun hat, wichtig. Das
ist zu einem gewissen Grad auch berechtigt.
Wann ist Ihnen selber klar geworden, zu welcher Familie Sie gehören?
Das war relativ früh, schon als Kind. Mein Vater hatte eine Wagner-Nase und die dahinter stehenden Biografien habe ich natürlich Stück für Stück auch mitbekommen. Aber es ist nicht so, dass wir unsere Abstammung als Anspruch genommen hätten: Es wäre immer, auch bei meinem Vater, in erster Linie eine Verantwortung gewesen, nie ein Freipass für irgendetwas.
Wie war das, als nach dem Krieg plötzlich sein Name für die Festspielleitung ins Spiel kam?
Das war 1946/47, aus eigener Erinnerung kann ich nichts dazu sagen. Aber natürlich hat er auch später darüber gesprochen. Er fühlte sich verpflichtet – Bayreuth gegenüber, das er letztlich auch liebte, und Wagner, dem er doch kritisch gegenüber stand. Einfach aus dem braunen Sumpf raus – das war ihm die Berufung. Er hat schon dazumal von einer Stiftung gesprochen, die erst viel später realisiert worden ist. 1951 hat er sich noch einmal gewehrt, mit seinem Artikel Bedenken über Bayreuth. Aber dann hat er akzeptiert und sich damit abgefunden.
Ihr Vater hat ein Buch über seine Großmutter Cosima geschrieben, das erst posthum 1997 veröffentlicht wurde. Warum so spät?
Er hatte, eben weil er 1933 Deutschland aus Überzeugung verließ, ein eher rastloses Leben. Und dabei ist leider einfach Material verloren gegangen, zum Beispiel die Fußnoten. Später, in den 60er-Jahren, hat er sogar seine Tagebücher einfach zurückgelassen, als wir umgezogen sind. Er hatte damit abgeschlossen. Es würde ihn erstaunen, wenn er wüsste, dass man überhaupt noch an ihn denkt und über ihn spricht.
Es sind nicht wenige, die nach dem Krieg Thomas Mann und ihn gemeinsam an der Spitze der Bayreuther Festspiele sehen wollten. Er wäre für Neubayreuth wahrscheinlich der bessere Festspielintendant gewesen …
Ich denke, das war und ist eine grauenvolle Position. Wie immer man entscheidet, man wird angegriffen. Das Tragische daran ist nur – und da mache ich eben nicht mit –, dass die eigene Familie andere aus der Familie in aller Öffentlichkeit bloßstellt. Sich untereinander zu kritisieren, wäre gut. Da gäbe es, auch in der Familie, viele, die etwas zu sagen hätten. Aber man sollte davon wegkommen, dass der eine über den andern spricht. Ein bisschen Distanz könnte nicht schaden.
Was hat Ihnen Ihr Vater über Ihre Großmutter Isolde erzählt?
Er hat sie sehr geliebt, auch wenn sie nicht mit beiden Füßen auf dem Boden stand und er mit ihr schwere Zeiten erlebte. Er sah beide Eltern auch kritisch. Mein Vater war eigentlich unbegreiflich! Mit achtzehn Jahren hat er sich seine Volljährigkeit erkämpft. Er wusste, was er will – und hat sein Elternhaus verlassen. Wobei man sagen muss, dass er, selbst wenn er objektiv sein wollte, nicht alles durchschauen konnte, was da von Wahnfried aus vor sich ging. Isolde und Franz Beidler waren ein merkwürdiges Paar. Sie hat sich, als es Probleme gab, hinter ihren Mann gestellt, wie es sich damals für eine Frau gehörte. Aber vielleicht wäre sie besser gefahren, wenn sie gesagt hätte, höre auf Cosima! Ich denke, dass Cosima gute Ratschläge gegeben hatte. Aber dann kommt natürlich das Hierarchische dazu – das mir, wenn ich aus der Schweiz hier herkomme, immer wieder zeigt, wie verschieden wir doch sind. Das ist mir schon 1964 aufgefallen, als ich auf Einladung von Winifred zum ersten Mal in Bayreuth war: Der Knicks vor der Wini und so weiter, das ist für einen Schweizer fast nicht machbar!
Waren Sie öfter in Tribschen, wo auch Ihre Urgroßeltern lebten?
Sicher. Ich kann gleich noch hinzufügen: Meine Eltern kamen 1933 als Emigranten erst nach Paris, dann in die Schweiz. Als sie dort keine Unterkunft fanden, wollte mein Vater in eine freistehende Etage über dem in Tribschen eingerichteten Museum einziehen. Die Stadt Luzern ließ ihn, obwohl er ein Wagner-Enkel und Schweizer Bürger war, wissen, dass diese Räumlichkeiten nur für die Wagners und nicht für die Beidlers zur Verfügung stünden.
Hatten Sie auch Kontakt zu Friedelind Wagner, der ebenfalls emigrierten Wagner-Enkelin?
Ich habe sie 1964 kennengelernt, besuchte einige ihrer Meisterklassen und war, seitdem ich 1972 für ein Jahr in England war, eng mit ihr befreundet – bis der Kontakt, was bei ihr wohl öfter passierte, irgendwann unvermittelt abriss. Es wäre jetzt spannend, das Leben der beiden Wagner-Exilanten, also von Friedelind und meinem Vater, mal nebeneinander zu sehen. Im Moment, seitdem Eva Riegers Friedelind-Biografie erschienen ist, habe ich ein bisschen das Gefühl, dass sie als die Rebellin rausgestellt wird. Mein Vater war natürlich älter als sie, aber er hat Deutschland schon 1933 aus Überzeugung verlassen.
Was bedeutet Ihnen diese Familie?
Wenn man solche Größen in seiner Dynastie hat – gerade Liszt könnte man sich als Vorbild nehmen, Wagner vielleicht weniger – ist es einfach eine Verpflichtung, dass man sich das Erbe genau ansieht und feststellt, was daran gut war und ist, dass es
Wert hat, dass man es fortführt und auch weiter entwickelt. Daher finde ich die
Familie schon faszinierend. Aber ich selber – ich stehe schon daneben.
Was unterscheidet Wagner von anderen Komponisten?
Es ist schon wie mein Vater sagt: Wenn man das Werk kennt, ist da eine gewisse Magie. Natürlich bin ich schon als Kind mit dem Klavierauszug vor dem Radio gesessen; seine Musik hat mich von klein auf begleitet. Aber es gibt auch wunderschöne andere Musik. Bei Wagner hat mir früher das Bombastische imponiert, heute habe ich die leisen Stellen sehr gern – aber das ist vielleicht auch eine Frage des Alters. Was mich immer wieder erstaunt ist, wie er noch vor Freud die Frauenrollen psychologisch ausleuchtet. Er hatte ein besonderes Empfinden für das andere Geschlecht, obwohl er die Frauen im Leben oft schlecht behandelt hat. Aber trotzdem diese Feinheit, diese Sensibilität, die man eigentlich, wenn man sein Leben kennt, nicht erwarten würde.
Welche seiner Frauenfiguren gefällt Ihnen am besten?
Es ist schwierig zu sagen. Kundry zum Beispiel ist faszinierend. Und Isolde und Brünnhilde – das sind großartige, starke Frauen. Wobei ich mich immer noch frage, ob eine liebende Frau wie Brünnhilde die Stelle preisgeben würde, wo ihr Mann verletzbar ist. Man kann es zwar aus dem Moment heraus verstehen, aber Wagner war eben auch ein echter Dramatiker. Wenn man über diese Frauenrollen nachdenkt, sieht man eben auch, dass meine Großmutter Isolde aus ihrer Rolle nicht ausbrechen konnte. Für sie war die Tragik, dass sie an den Ort Bayreuth gebannt war, an Wahnfried, Cosima und die ganze Familie. Sie war nicht stark genug, dieses Haus, die Familie, all ihre Erinnerungen und letztlich auch das Gefühl, ein „Königskind“ zu sein, loszulassen und zu sagen: Wenn ihr den Mann nicht haben wollt, dann gehen wir zusammen weg. Und daran hat sie letztlich ihr ganzes Leben gelitten.
Welche Frau aus der Familie hat es denn am besten hingekriegt?
Wirklich unabhängig zu werden und sich zu verwirklichen, hat am ehesten noch Winifred geschafft. Ist es nicht interessant, dass ausgerechnet die, die von außen dazukamen – auch Chamberlain zählt dazu – die Starken waren? Sie war ungeheuer direkt und irgendwo ehrlich, war amüsant, hatte zum Teil auch unkonventionelle und moderne Ideen. Aber ihre Entourage, die war schlimm.
Und Ihr Vater, wie stand er zu ihr?
Er hat ihr ja noch 1933 geschrieben: „Sind dir eigentlich zweihundertprozentige, aber offene anständige Gegner nicht lieber als Deine Gesinnungsgenossen?“ Aber ihre Hitlerei gab dann den Ausschlag. Als ich 1964 in Bayreuth war und ihm ausgerichtet habe, er solle sich doch bei ihr melden, sagte er einfach: „Hallo Wini, nach tausend Jahren melde ich mich!“
Und wie haben Sie damals Bayreuth erlebt?
Ich habe Wieland Wagners Ring gesehen. Es war beeindruckend, vor allem auch das Theater, das einmalige Festspielhaus. Ich denke, das war es auch, warum mein Vater es mir offen ließ, ob ich nach Bayreuth fahren wollte oder nicht. Vieles war für mich neu, auch weil ich bisschen aus der „Provinz“ kam. Ich war erstaunt zu sehen, wie sehr die Familie Wagner hofiert wurde und was für Hitler-Bände da im Büchergestell standen.
Kommen Sie regelmäßig?
In den letzten Jahren wieder eher. Zwischendrin hat es auch wegen meiner Arbeit und Terminschwierigkeiten große Abstände gegeben. Den Chéreau-Ring habe ich natürlich gesehen und die wichtigen Inszenierungen. Jetzt, seit ich mich beruflich zurückgezogen habe, finde ich es wieder schön. Es ist vom Orchester, von den Stimmen und vom Ambiente der Stadt her immer wieder großartig, hier zu sein.
Als im Stiftungsrat der Richard-Wagner-Stiftung die reguläre Amtszeit von Neill Thornborrow, dem Erben von Friedelind Wagner, zu Ende gehen sollte, haben die Wieland-Töchter vorgeschlagen, dass Sie an seiner Stelle Mitglied werden sollten.
Das hat mich zuerst einmal erstaunt. Es hätte mich gefreut und fasziniert. Ich hätte mich gerne eingebracht und vielleicht etwas bewegt. Aber es ist nicht so. Da waren einfach die vier Stämme der Siegfried-Familie, die gefragt wurden. Außerdem hat man im Stiftungsrat Neill Thornborrow gekannt und wusste, wie er sich einbringt.
Das ist doch unglaublich, dass man an der Beidler-Familie gleich drei Generationen hindurch soviel falsch macht!
Ja, aber jetzt war es keine richtige Wahl. Außerdem haben wir gelernt, dass es so ist, wie es ist. Wir haben gelernt, damit umzugehen. Mein Vater war nicht der Typ dazu, verbittert zu sein, ich bin es auch nicht. Ich danke meiner Familie, dass sie mir die Größe gegeben hat, einfach zu sagen: Es hat nicht geklappt – und fertig! Wir lassen uns unser Leben dadurch nicht vermiesen. Ich bin aber auch glücklicherweise nie im Wartesaal gewesen, um hier irgendeinen Posten zu kriegen. Und ich bin glücklich verheiratet, das ist wesentlich und trägt einen über vieles hinweg. Es ist gut so, wenn man Abstand hat.
Rechtlich gesehen sind Sie immer noch keine Wagner-Urenkelin.
Nein, der Beidler-Stamm wurde nie anerkannt.
Wollen Sie denn nicht betreiben, dass Ihre Großmutter Isolde offiziell als Kind Richard Wagners gilt?
Wie könnte man das heute noch machen? Höchstens mit einem Gentest. In der Familie war es natürlich bekannt, dass sie eine Wagner ist. Das ist ganz klar. Es stehen in Bayreuth halt immer auch die eigenen Interessen dahinter – oder?
Und das geht weiter bis heute.
Was soll ich sagen? Mit den Wieland-Kindern habe ich wenig Kontakt, Frau Katharina kenne ich überhaupt nicht, mit Eva Wagner-Pasquier stehe ich gut. Mit den Lafferentz-Kindern habe ich eher Kontakt.
Auch mit Amélie Hohmann, die auf einem nicht unheiklen Kompendium an Briefen und Dokumenten sitzt?
Sie wird jetzt von allen Seiten angegangen. Aber die Frage ist doch: Ist es Amélie alleine, die das zurückhält? Ich kann mir da kein Urteil anmaßen, ich sehe da zu wenig rein. Und ich habe mich herausgehalten. Also ist da ein gewisser Druck.
Als Wagner-Urenkelin kennen Sie die Wagneropern sicher in- und auswendig?
Ja, für mich als Kind war das ohnehin normal. Später, mit meinem Mann, der nicht so kein Wagnerianer ist, habe ich das Zitieren etwas zurückgenommen. Wenn ich früher am Radio die Übertragung von Bayreuth anhörte, sagte mein Vater ja immer erst: »Also ich komm nicht.« Aber, so geteilt er Wagner gegenüber auch war, kam er dann doch schnell und sagte: »Der alte Magier holt mich wieder.«
Haben Sie ein Lieblingszitat?
Zum Beispiel „Nicht so geeilt! Nicht jeder eure Meinung teilt“ von Hans Sachs.
Zur Person: Dagny Ricarda Beidler ist eine Urenkelin von Richard und Cosima Wagner sowie Enkelin von deren erster gemeinsamen Tochter Isolde und des schweizerischen Dirigenten Franz Philipp Beidler. Da Isolde geboren wurde, als Cosima noch mit dem Wagner-Dirigenten Hans von Bülow verheiratet war, galt sie offiziell als dessen Kind. In einem Aufsehen erregenden Prozess 1914 gelang es der schon äußerlich als Wagner-Tochter erkennbaren Isolde jedoch nicht, ihre Herkunft gerichtlich bestätigen zu lassen. Weil Siegfried, Wagners einziger Sohn, noch nicht verheiratet war, sah man in Wahnfried dessen Erbfolge gefährdet und blieb bei der Verleugnung. Dagny ist die Tochter von Isoldes einzigem Sohn Franz Wilhelm und dessen Frau Ellen, die aus einer jüdischen Familie stammte; sie ist verheiratet, lebt in Winterthur und ist der letzte Spross des wagnerischen Beidler-Stamms. Die vormalige Gymnasiallehrerin mit Englisch als Hauptfach beschreibt in dem Katalogband Liebe ohne Glauben ausführlich die Beziehung zwischen ihrem Vater und Thomas Mann. Die damit verbundene Ausstellung wurde 2013 in Bayreuth gezeigt. Im selben Jahr gab es in Zürich erstmals eine Ausstellung über die Beidlers, die in 2014 auch in Bayreuth gezeigt wurde, fußend auf dem Buch Die Beidlers. Im Schatten des Wagner-Clans von Vernea Naegele und Sibylle Ehrismann aus dem Schweizer Sachbuchverlag rüffer & rub (Zürich 2013, 333 Seiten). Weitere Bücher zum Thema: Franz Wilhelm Beidler: Cosima Wagner-Liszt. Der Weg zum Wagner-Mythos. Ausgewählte Schriften des ersten Wagner-Enkels und sein unveröffentlichter Briefwechsel mit Thomas Mann, herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Dieter Borchmeyer, Pendragon Verlag (Bielefeld 1997, 427 Seiten); Holger Pils/Christina Ulrich: Liebe ohne Glauben. Thomas Mann und Richard Wagner. Katalogband zur gleichnamigen Ausstellung im Buddenbrookhaus Lübeck 2011 und im Neuen Rathaus Bayreuth 2013, unter anderem mit dem Beitrag „Thomas Mann und Franz W. Beidler“ von Dagny Beidler, Wallstein Verlag (Göttingen 2011, 253 Seiten).
Kommentar: Ein Bannstrahl auf ewig?
Als sich 2008 erstmals abzeichnete, dass die zwei Wolfgang-Töchter Eva Wagner-Pasquier und Katharina Wagner sich um die Nachfolge ihres Vaters als Festspielleiter bewerben würden, stand im Tagesspiegel unter anderem: „Formal erging nach der Stiftungsratssitzung vom 6. November 2007 an alle dreizehn Wagner-Urenkel die Aufforderung, Vorschläge zur Zukunftsgestaltung der Bayreuther Festspiele einzureichen: An Dagny Beidler, an die vier Wieland-Kinder, an die fünf Kinder Verenas sowie die drei Kinder Wolfgangs.“
Dagny Beidler ist zwar inzwischen über siebzig, aber sie ist sicher, dass sie dieses Schreiben nie erhalten hat. Warum auch? Für die Richard-Wagner-Stiftung, deren Regularien Wolfgang Wagner intensiv mitbestimmt hat, war stets die Siegfried-Familie das Maß aller Dinge. Ob sich bis zu Toni Schmid, seit langem Stiftungsratsvorsitzender und jetziger Verwaltungsratschef, je durchgesprochen hat, dass es in der Wagner-Dynastie auch einen noch belebten Isolden-Stamm gibt?
Wie auch immer: Er muss sich fragen lassen, ob die staatlichen Kontrollorgane den familiären Bannstrahl verinnerlicht haben, der zu Unrecht erst Isolde, dann ihren Sohn Franz Wilhelm und zuletzt ihre Enkelin Dagny traf. Natürlich kann er sich darauf hinausreden, dass die Familie sich in der Sache ja nicht einig war. Aber das hieße, den Teufel mit dem Beelzebub austreiben zu wollen.
Und wahrscheinlich ist noch niemandem aufgefallen, dass Neill Thornborrow, der Erbe der kinderlosen Friedelind und erneut berufenes Stiftungsratsmitglied, nichts weiter sein dürfte als ein verlängerter Arm der Festspielleitung, weil er als Künstleragent zwangsläufig auch handfeste Geschäftsinteressen pflegt. Wäre es nicht an der Zeit, die seit gut einem Jahrhundert ausgegrenzten Beidlers als Wagnernachkommen anzuerkennen und Dagny Beidler in den Stiftungsrat zu berufen, die mit ihrer abgeklärten, distanzierten und schweizerischen Sicht etwas einbringen könnte, was in diesem Gremium garantiert fehlt? Ach, Bayreuth.
Foto und Interview: Monika Beer, Erstveröffentlichung 2012 auf www.infranken.de
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