Ein bekennender Wagnerianer, der 35 Jahre jung ist und Anekdoten so unterhaltsam und inhaltsreich erzählt, als wäre er ein alter Hase; ein Wirbelwind, der offenbar genau weiß, was er kann und – für Männer eher ungewöhnlich – was er nicht kann; einer, der Frauen an Theatern grundsätzlich unterrepräsentiert, stattdessen dort viel Männer-Dünkel findet und der jetzt in leitender Funktion mit dafür gesorgt hat, dass in Chemnitz ein genuin „weiblicher ‚Ring‘“ entstehen kann mit einer Sängerbesetzung, die aufhorchen lässt bzw. lassen wird: Patrick Wurzel, Direktor für künstlerische Planung und Betriebsdirektor Oper, hat die Zuhörer seines Vortrags am Aschermittwoch intensiv hinter die Kulissen blicken lassen.
Was es bedeutet, an einem mittelgroßen Haus sukzessive innerhalb von nur zehn Monaten einen „Ring“ zu schmieden, illustrierte er beispielhaft mit dem Arbeitspensum der Korrepetitoren, die eben nicht nur Wagners Tetralogie, sondern auch andere Opern und Operetten auf ihrem Plan stehen haben. Anhand von drei wichtigen „Ring“-Requisiten – Augenklappe, Schwert und Speer – machte Wurzel schnell deutlich, dass die Zuschauer nicht Altgewohntes erwarten sollten: „Oper würde nicht überleben, wenn wir es so inszenieren wie im Jahr 2000. Sie wird sich immer weiterentwickeln.“
Welche Schwierigkeiten sich bei Neuinszenierungen auftun, erläuterte er schon am Beispiel der „Rheingold“-Ausstattung: Das Bühnenbild für die erste Szene verschlang bereits zwei Drittel des Gesamtetats von 30 000 Euro, weil jedes einzelne der oben schwebenden Blätter Brandimprägnierung haben musste. Was sich natürlich auswirkte auf die anderen Bilder – bei einem Theater, dessen Bühne so groß ist wie die der Semperoper, aber nur Platz hat für 720 Zuschauer. Dennoch konnte Patrick Wurzel selbst bei der Hauptprobe noch befinden, dass die bisherigen Perücken ersetzt werden mussten, weil er in seiner ungewöhnlichen Doppelposition sowohl künstlerische Entscheidungen als auch Kosten und Arbeitseinsatz steuern kann.
Die eher retrospektive „Walküre“ wird in Chemnitz in einem abgebrannten Nonnenkloster spielen, das Schwert in „Siegfried“, wo es ums Erwachsen-Werden geht, soll aus Eis sein und während des Abends schmelzen, das Raumgefüge der von Umwelteinflüssen gebeutelten „Götterdämmerung“ dürfte laut Wurzel spiegeln, dass „alles den Bach runter geht“. Drei unterschiedliche Brünnhilden und Wotans sind engagiert worden, Daniel Kirch (den hiesige Opernfreunde im Coburger „Lohengrin“ kennen lernen durften) als Siegfried und Arnold Bezuyen als Mime: Der „Ring“ in Chemnitz ist der Beginn einer spannenden, frischen und kontinuierlichen Wagner-Pflege, die sich spätestens 2023 mit einem neuen „Parsifal“ runden soll. „Natürlich ist das“, so Wurzel, „für ein Haus unserer Größenordnung eine Herausforderung, aber wenn man mittendrin ist, merkt man es gar nicht mehr.“
Bleibt noch anzumerken, dass noch einige Plätze für die Fahrten zum Chemnitzer „Ring“ 2018 frei sind, und zwar zu folgenden Terminen: 31. März („Das Rheingold“), 22. April („Die Walküre“), 29. September („Siegfried“) und 1. Dezember („Götterdämmerung“). Fahrt und Eintritt für den kompletten „Ring“ kosten für Mitglieder 420 Euro, für Nicht-Mitglieder 470 Euro; Fahrt und Eintritt zu den Einzelwerken jeweils 115 Euro für Mitglieder und 125 Euro für Nicht-Mitglieder. Anmeldungen per E-Mail unter reisedienst-rwv-bamberg@t-online.de. Weitere Infos finden Sie unter Reisen.
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