„Wie Wotan sitzen wir auf der Titanic“

Fünf Fra­gen an Pro­fes­sor Dr. Cle­mens Ren­ker zu sei­nem Vor­trag am 15. Ja­nu­ar 2019 um 19.30 Uhr im Ho­tel Bam­ber­ger Hof.

Un­ser Mit­glied Pro­fes­sor Cle­mens Ren­ker Foto: Jens Freu­den­berg, Hoch­schu­le Zittau/​Görlitz.

Er ist ein ge­bür­ti­ger Bam­ber­ger, lebt jetzt wie­der in sei­ner Hei­mat­stadt, ist Mit­glied bei uns  und kann als Wirt­schafts­wis­sen­schaft­ler, Ban­ken- und Mar­ke­ting­fach­mann ei­nen be­son­de­ren Blick auf Wag­ners Te­tra­lo­gie wer­fen: Pro­fes­sor Dr. Cle­mens Ren­ker un­ter­sucht in sei­ner öko­no­mi­schen „Ring“-Exkursion am 15. Ja­nu­ar um 19.30 Uhr im Ho­tel Bam­ber­ger Hof, wel­che Kon­se­quen­zen man aus den Macht-Kon­stel­la­tio­nen im „Ring des Ni­be­lun­gen“ für Wirt­schaft und Po­li­tik heu­te zie­hen kann. Der Ein­tritt zum Vor­trag ist frei, Nicht-Mit­glie­der sind willkommen.

Wie kommt ein Öko­nom auf den Ge­dan­ken, sich fach­lich mit Wag­ners „Ring“ zu be­schäf­ti­gen? Pro­fes­sor Cle­mens Ren­ker: Als ich in den 90er-Jah­ren dank ei­ner ge­schenk­ten Kar­te mei­nen ers­ten „Ring“ in Bay­reuth er­lebt habe, wur­de mir so­fort klar, dass Wag­ner hier im­pli­zit und vor­be­wusst mehr sagt, als wir ex­pli­zit und be­wusst auf­neh­men kön­nen. Vor­aus­ge­setzt man hält die­se lan­gen Opern durch, kann man aus ih­nen also viel­fäl­tigs­ten Nut­zen ziehen.

„Macht im ‚Ring‘ – Kon­se­quen­zen für Wirt­schaft und Po­li­tik heu­te“ heißt Ihr Vortrag. 
Es geht um Macht und Ohn­macht, Macht­miss­brauch und Macht­va­ku­um, denn all das ist re­le­vant für je­den ein­zel­nen Men­schen. Dazu gibt es ei­ni­ge Kern- und wei­te­re Fra­gen, die deut­lich ma­chen, dass Wo­tan als all­mäch­ti­ger Gott nur ein pro­mi­nen­tes Bei­spiel da­für ist, wie man den ei­ge­nen Wil­len ge­gen den Wil­len an­de­rer durch­setzt und zu er­hal­ten und zu ver­tei­di­gen sucht.

Wie ge­schieht das konkret?
Mit al­len mög­li­chen und un­mög­li­chen Mit­teln und Tricks. Wo­tan und sei­ne Mann­schaft sit­zen wie wir auf der Ti­tan­tic: Um ihre Haut zu ret­ten, ver­su­chen sie al­ler­dings nur, ein paar Stüh­le um­zu­stel­len, was na­tür­lich zweck­los ist. Er und sei­ne Um­ge­bung sind nicht fä­hig, die an­de­re Sei­te der Macht zu se­hen – die ko­ope­ra­ti­ve Macht im Sin­ne von Auf­ga­be der Kon­trol­le über sich selbst und die anderen.

Geht es im „Ring“ nicht auch um Liebe?
Ja, aber dann muss man auch Macht an­ders de­fi­nie­ren. Men­schen ha­ben ein Be­dürf­nis nach Macht und brau­chen sie. Aber eben die an­de­re Sei­te der Macht: wenn Macht da­von kommt, sich selbst und an­de­re zu mö­gen, und wenn Macht als Ver­mö­gen im Sinn von Kön­nen ver­stan­den wird.

Ist das nicht eine Uto­pie, wenn man weiß, dass Di­gi­ta­li­sie­rung, Al­go­rith­men und Big Data, die we­der Mo­ral noch Ethik ken­nen, zu­neh­mend un­se­re Welt bestimmen?
Die letz­ten Tak­te in der „Göt­ter­däm­me­rung“ glau­ben an den Men­schen. Die zu­tiefst hu­ma­nis­ti­sche Mu­sik nährt die Hoff­nung, dass die sinn­lo­se Welt sich von der dump­fen und de­struk­ti­ven Macht­sicht verabschiedet.

Zur Per­son Cle­mens Ren­ker wur­de am 1. April 1955 im Mar­kus­haus in Bam­berg ge­bo­ren, stu­dier­te nach dem hu­ma­nis­ti­schen Ab­itur zu­erst Volks­wirt­schaft und Be­triebs­wirt­schaft so­dann Gast­stu­di­en der Phi­lo­so­phie, Psy­cho­lo­gie und Li­te­ra­tur­wis­sen­schaft. Er war zehn Jah­re Füh­rungs­kraft in Kre­dit­in­sti­tu­ten und elf Jah­re Ge­schäfts­füh­rer ei­nes Welt­markt­füh­rers. Zu­sätz­lich übt er die Auf­ga­ben als Auf­sichts­rat, Hoch­schul­rat, Stif­tungs­rat und Bei­rat in in­ter­na­tio­na­len Un­ter­neh­men und wis­sen­schaft­li­chen Or­ga­ni­sa­tio­nen aus. Für sei­ne Bei­trä­ge für die Schaf­fung von Ar­beits­plät­zen, In­no­va­tio­nen und für Kunst und Kul­tur er­hielt er u.a. das Bun­des­ver­dienst­kreuz am Ban­de. Er war „Un­ter­neh­mer des Jah­res“ Deutsch­land und ist auch Trä­ger der baye­ri­schen Eh­ren­amts­kar­te in Gold. Ne­ben sei­ner Hoch­schu­le Zittau/​Görlitz und TU Dres­den lehrt er seit 1984 auch als Do­zent und Gast­pro­fes­sor an acht wei­te­ren Uni­ver­si­tä­ten und Hoch­schu­len. Er hat elf Bü­cher und rund 60 Fach­auf­sät­ze ver­öf­fent­licht. Sei­ne jüngs­ten Neu­erschei­nun­gen sind „Das neue Dorf. Ge­stal­ten, um zu über­le­ben“, Sprin­gerGab­ler Ver­lag, Wies­ba­den 2018. „Busi­ness Mo­del In­no­va­ti­on in Ban­ken“, Sprin­gerGab­ler Ver­lag, Wies­ba­den 2018. Ge­leit­wort zu Ni­kitina, Tat­ja­na V.: „Fi­nanz­sys­tem der Rus­si­schen Fö­de­ra­ti­on“, Sprin­gerGab­ler, Wies­ba­den 2019. „Blü­hen Blu­men blau. Hen­ry und Car­la“, tre­di­ti­on Ver­lag, Ham­burg 2018 so­wie die 4. Auf­la­ge des 2012 erst­mals er­schie­ne­nen Ti­tels „Mar­ke­ting im Mit­tel­stand“, ESV Schmidt Ver­lag, Berlin.