Hochsicherheitstrakt am Hügel

Die Co­ro­na-Schutz­maß­nah­men der Bay­reu­ther Fest­spie­le sind ri­gi­de. Die Be­su­cher müs­sen frü­her kom­men, denn schon eine Stun­de vor Vor­stel­lungs­be­ginn muss der Re­gis­trie­rungs­pro­zess ab­ge­schlos­sen sein.

Co­ro­na-Test­sta­ti­on für Mit­wir­ken­de der Fest­spie­le und wei­ter hin­ten Auf­ent­halts­zel­te für aus­ge­glie­der­te Ab­tei­lun­gen – Foto: privat

Wer die der­zei­ti­gen, durch­aus stren­gen, aber be­tont freund­lich kom­mu­ni­zier­ten Co­ro­na-Re­ge­lun­gen für Be­su­cher der Baye­ri­schen Staats­oper kennt, dürf­te sich ge­wun­dert ha­ben ob der seit 8. Juli ver­öf­fent­lich­ten Hy­gie­ne­maß­nah­men der Bay­reu­ther Fest­spie­le: Sie fal­len in­halt­lich und sprach­lich noch ei­nen Za­cken här­ter aus. So wird nicht nur der Co­ro­na-Sta­tus nach den drei G’s – ge­ne­sen, ge­impft, ge­tes­tet – ge­nau über­prüft und mit Ein­tritts­kar­te und Aus­weis ge­gen­ge­checkt, son­dern je­der Be­su­cher, der die­se Nach­wei­se glück­lich ab­sol­viert hat, er­hält ein Re­gis­trie­rungs­bänd­chen, ohne das es kei­nen Ein­lass ins Fest­spiel­haus gibt. In der merk­wür­di­ger­wei­se auf 8. Juli zu­rück­da­tier­ten Nach­bes­se­rung der Hy­gie­ne­vor­schrif­ten steht schon in der Über­schrift, dass der Res­trie­rungs­pro­zess eine Stun­de vor Vor­stel­lungs­be­ginn ab­ge­schlos­sen sein muss. Ohne Re­gis­trie­rung bis eine Stun­de vor Vor­stel­lungs­be­ginn mit al­len er­for­der­li­chen Un­ter­la­gen ist es nicht mög­lich, eine Auf­füh­rung der Bay­reu­ther Fest­spie­le zu be­su­chen. Und wei­ter heißt es:
Bei al­len Vor­gän­gen (Re­gis­trie­rung, Ein­lass), auf al­len Ver­kehrs­we­gen im Fest­spiel­haus, auf den Sitz­plät­zen im Saal wäh­rend der Vor­stel­lung, in den Sa­ni­tär­an­la­gen im Au­ßen­be­reich und so­fern der Min­dest­ab­stand von 1,50 m nicht ein­ge­hal­ten wer­den kann, gilt die Pflicht zum Tra­gen ei­ner FFP2-Mas­ke. Aus­nah­men z.B. in Form von At­tes­ten kön­nen nicht ak­zep­tiert werden. 

So­wohl die Gar­de­ro­ben als auch die Be­su­cher­toi­let­ten im Fest­spiel­haus (wo­für es im Au­ßen­be­reich Er­satz ge­ben soll) blei­ben ge­schlos­sen, glei­ches gilt für das Foy­er, das vor den Vor­stel­lun­gen und in den Pau­sen nicht zum Auf­ent­halt ge­nutzt wer­den kann. Ers­te­res be­deu­tet auch, dass es kei­nen Sitz­kis­sen­ver­leih gibt, was fa­tal für man­chen Rü­cken sein kann, letz­te­res könn­te sich so­wohl an sehr hei­ßen Ta­gen wie auch bei mög­li­chem Stark­re­gen als pro­ble­ma­tisch für die Fest­spiel­gäs­te herausstellen.
Auch das „Fä­chern wäh­rend der Auf­füh­run­gen ist un­ter­sagt“. Die 2016 nach dem At­ten­tat im Münch­ner Olym­pia-Ein­kaufs­zen­trum er­folg­te Re­gle­men­tie­rung von mit­ge­brach­ten Ta­schen und ih­rer In­hal­te (die in Mün­chen ak­tu­ell nur für die Open-Air-Ver­an­stal­tung „Oper für alle“ am 31. Juli teil­wei­se An­wen­dung fin­det) gilt wie­der und lautet:
Fol­gen­de Ge­gen­stän­de kön­nen nicht in das Fest­spiel­haus mit­ge­nom­men wer­den: Ruck­sä­cke und Ta­schen, die ein DIN A4-For­mat über­schrei­ten; sper­ri­ge, spit­ze und schar­fe Ge­gen­stän­de; Ge­gen­stän­de, die dem deut­schen Waf­fen­ge­setz un­ter­lie­gen; Sitz­kis­sen; Ge­trän­ke­fla­schen und sons­ti­ge Flüs­sig­keits­be­hält­nis­se so­wie Re­gen­schir­me, die zu­sam­men­ge­klappt eine Ge­samt­län­ge von 30 cm überschreiten.

De­tail­lier­te In­fos – auch zur neu­en Fest­spiel-Gas­tro­no­mie, die im kli­ma­ti­sier­ten Re­stau­rant nur Drei-Gän­ge-Me­nues an­bie­tet – fin­den Sie auf der Home­page der Fest­spie­le un­ter Ak­tu­el­les. Ob es alle Be­su­cher trös­tet, dass stren­ge Hy­gie­ne- und Schutz­maß­nah­men ge­nau­so für die Fest­spiel-Mit­wir­ken­den und Be­schäf­tig­ten gel­ten? Wie der Nord­baye­ri­sche Ku­rier Ende Juni be­rich­te­te, er­war­te die pro­ben­den Künst­ler ein „Hoch­si­cher­heits­trakt“: „Selbst die müs­sen sich je­den Tag tes­ten las­sen und durch Git­ter­kor­ri­do­re, be­wacht von Un­men­gen an Si­cher­heits­per­so­nal. Neun Sek­to­ren gibt es am Hü­gel, die sich nicht mit­ein­an­der mi­schen dür­fen. Chor und Or­ches­ter sind in Dop­pel­schich­ten be­legt, die sich ver­trag­lich ver­pflich­tet ha­ben, nicht mit an­de­ren Kon­takt zu haben.“

Zu­sätz­li­che Zäu­ne und Git­ter­kor­ri­do­re im Fest­spiel­are­al – Foto: privat

Zur Fra­ge, in­wie­fern die Co­ro­na-Schutz­maß­nah­men sich auf die Auf­füh­run­gen aus­wir­ken, heißt es auf der Festspielhomepage:
Das Fest­spiel­or­ches­ter wird in der ge­wohnt vol­len Be­set­zung im Or­ches­ter­gra­ben spie­len. Der Fest­spiel­chor wird aus dem Chor­saal über­tra­gen. Wir ar­bei­ten an der best­mög­li­chen tech­ni­schen Um­set­zung, da­mit der Chor­klang auf dem ge­wohnt ho­hen Ni­veau zu hö­ren sein wird. Ein Teil des Cho­res, der nicht im Chor­saal singt, wird auf der Büh­ne sze­nisch agie­ren. Die Mit­glie­der des Chors und Or­ches­ters wer­den am Tage der je­wei­li­gen Vor­stel­lung auf SARS-CoV-2 getestet.

Blick in den Chor­saal der Fest­spie­le mit Co­ro­naschutz­schil­den – Foto: Bay­reu­ther Festspiele

Dass der Chor­klang nicht di­rekt von der Büh­ne kommt, könn­te so man­chen po­ten­zi­el­len Fest­spiel­gast ab­ge­schreckt ha­ben. Schließ­lich spielt der Chor bei den drei zen­tra­len Pro­duk­tio­nen der Fest­spie­le 2021 – „Der flie­gen­de Hol­län­der“ als Neu­in­sze­nie­rung so­wie die Wie­der­auf­nah­men von „Tann­häu­ser“ und den „Meis­ter­sin­gern von Nürn­berg“ – eine Haupt­rol­le. Nach dem Start des On­line-So­fort­kaufs am 4. Juli ti­tel­te der Nord­baye­ri­sche Ku­rier zwar, dass „Vor­erst al­les aus­ver­kauft“ sei, sprich: fast 23 000 Ti­ckets (für 25 Vor­stel­lun­gen bei ei­ner Zu­schau­er­ka­pa­zi­tät von je 911) ver­ge­ben sei­en, zi­tier­te aber dazu Pres­se­spre­cher Hu­ber­tus Herr­mann, der ein­schrän­kend fest­stell­te, dass dies nur eine „Mo­ment­auf­nah­me“ sei, denn: „Es kom­men im­mer wie­der Kar­ten und Kon­tin­gen­te zu­rück.“ Tat­säch­lich gab es fünf Tage spä­ter wie­der Ti­ckets für zu­nächst alle Auf­füh­run­gen. Mit Stand 11. Juli um 14:30 Uhr sind nur für die „Holländer“-Premiere, zwei der drei „Wal­kü­re“ bzw. „Malküre“-Vorstellungen so­wie „Tann­häu­ser“ IV „der­zeit kei­ne Ti­ckets mehr ver­füg­bar“. Was be­deu­tet, dass die Fest­spie­le bei­lei­be nicht aus­ver­kauft sind, der On­line-Kar­ten­ver­kauf noch lan­ge nicht be­en­det ist und der Web­shop wei­ter­hin of­fen bleibt.

Hier noch ein paar ak­tu­el­le­re Links zu In­ter­views mit Fest­spiel­lei­te­rin Ka­tha­ri­na Wag­ner gibt es von der Deut­schen Wel­le, in der Augs­bur­ger All­ge­mei­nen: so­wie von der Deut­schen Pres­se-Agen­tur; von der dpa stammt auch die jüngs­te Mel­dung zur Ab­sa­ge von „Tannhäuser“-Dragqueen Le Gateau Cho­co­lat.

Ar­ti­kel ak­tua­li­siert am 14. Juli 2021