Kein Teppich, kein Wotan

Am 25. Juli be­gin­nen nach ei­nem Jahr Zwangs­pau­se wie­der die Bay­reu­ther Fest­spie­le – mit An­ge­la Mer­kel, ohne Ro­ten Tep­pich, mo­men­tan so­gar ohne Wo­tan, da­für mit um­fang­rei­chen Corona-Hygienemaßnahmen.

Für jede Tür gibt es ge­son­dert re­gu­lier­te  Ein­gän­ge und jede Men­ge Se­cu­ri­ty-Man­nen, die bei den ge­sperr­ten Ge­ne­ral­pro­ben schon mal ih­ren Ein­satz ge­stellt ha­ben. Alle Fo­tos: Karl­heinz Beer

Wenn man die jüngs­ten Ver­öf­fent­li­chun­gen liest, kommt doch mehr Po­lit­pro­mi­nenz als er­war­tet zur Fest­spiel­eröff­nung. Was – nimmt man die Wag­ne­ria­ne­rin und Noch-Bun­des­kanz­le­rin An­ge­la Mer­kel aus – ver­mut­lich mit dem Bun­des­tags­wahl­kampf zu tun hat. Auch ohne Ro­ten Tep­pich. Ein paar Fo­to­gra­fen wer­den sich be­stimmt ein­fin­den, für et­wa­ige Zaun­gäs­te bleibt der Be­reich vor dem Kö­nigs­por­tal ab­ge­sperrt. Der tra­di­tio­nel­le Staats­emp­fang nach der Pre­mie­re im Neu­en Schloss fällt aus, statt­des­sen rich­tet Mi­nis­ter­prä­si­dent Mar­kus Söder hin­ter­her ei­nen Mini-Emp­fang im Kan­ti­nen­gar­ten des Fest­spiel­hau­ses aus.

Für Ge­sprächs­stoff vor und nach der „Holländer“-Premiere ist un­ab­hän­gig von der ga­ran­tiert heiß dis­ku­tier­ten Neu­in­sze­nie­rung von Dmi­t­ri Tcher­nia­kov ge­sorgt: In der di­gi­ta­len Fest­spiel­pres­se­kon­fe­renz am Sams­tag Nach­mit­tag gab Fest­spiel­lei­te­rin Ka­tha­ri­na Wag­ner un­ter an­de­rem be­kannt, dass Gün­ther Groiss­böck, der noch am Abend zu­vor in der „Walküre“-Generalprobe den Wo­tan ge­sun­gen hat­te, über­ra­schend die Par­tie so­wohl für die drei „Malküre“-Vorstellungen in die­ser Sai­son als auch für den kom­plet­ten „Ring“ 2022 zu­rück­ge­ge­ben hat, nicht je­doch den „Tannhäuser“-Landgrafen, den „Meistersinger“-Nachtwächter so­wie in den Kon­zer­ten Ti­tu­rel und Hun­ding. Auf In­sta­gram hat sich der Künst­ler in­zwi­schen er­klärt. Wer als obers­ter Gott ein­sprin­gen wird, ist noch nicht raus. Auch die Tat­sa­che, dass Jay Scheib für die „Parsifal“-Neuinszenierung 2023 en­ga­giert wur­de, dürf­te schon aus rein bril­len­tech­ni­schen Grün­den ein The­ma am Ran­de des Hü­gels sein.

Vom Fern­se­hen ge­film­ter Pro­be­lauf des Kaffee-Citroën-Wagens

Blei­ben noch die Co­ro­na-Hy­gie­ne­maß­nah­men, die die Fest­spiel­be­su­cher, so­weit es geht, ge­las­sen hin­neh­men und die Re­gis­trie­rungs­bänd­chen auf­he­ben soll­ten, weil sie hof­fent­lich et­was Ein­ma­li­ges blei­ben. Selbst dem Gas­tro­no­mie­kon­zept könn­te man et­was ab­ge­win­nen, denn ein Kaf­fee oder Es­pres­so aus ei­nem al­ten Ci­tro­ën-Kas­ten­wa­gen, wie ihn die wil­de Tann­häu­ser-Re­vo­luz­zer-Crew fährt, das hat was! Ganz zu schwei­gen von der ganz spe­zi­el­len Sitz­ord­nung im Zu­schau­er­raum: Die Plät­ze, die je­weils frei blei­ben müs­sen, sind in schwar­zen Samt ge­hüllt, was si­cher in ers­ter Li­nie akus­tisch hilf­reich ist, aber auch Wag­ne­ria­ner­her­zen hö­her schla­gen las­sen könn­te. Sie brau­chen sich ja nur vor­zu­stel­len, dass die Samt­ver­klei­dun­gen nichts an­de­res sind als rie­si­ge Batsch­kap­pen à la Re­nais­sance, wie sie einst der „Meis­ter“ zu tra­gen pflegte …

Ak­tua­li­siert am 25.7.2021 um 10:00 Uhr