Keine „Stunde Null“

Wahn­fried-Di­rek­tor Sven Fried­rich hielt im KUFA-Saal nicht nur ei­nen span­nen­den Vor­trag, son­dern re­de­te auch in der an­schlie­ßen­den Dis­kus­si­on Klartext.

Vie­le Zu­hö­rer ka­men am 11. Ok­to­ber 2022 in die KUFA, um Wahn­fried-Di­rek­tor Sven Fried­rich zu er­le­ben. – Fo­tos: Mo­ni­ka Beer 

Nein, die viel be­schwo­re­ne „Stun­de Null“ nach dem Zwei­ten Welt­krieg gab es na­tür­lich auch und ge­ra­de in Bay­reuth nicht. In der Fest­spiel­stadt mit ih­rer frag­wür­di­gen Ideo­lo­gie­ge­schich­te und der un­über­seh­ba­ren NS-Ver­gan­gen­heit wur­den, wie Dr. Sven Fried­rich, Di­rek­tor des Ri­chard-Wag­ner-Mu­se­ums Bay­reuth und des Na­tio­nal­ar­chivs der Ri­chard-Wag­ner-Stif­tung, bei sei­nem drit­ten Vor­trag für den RWV Bam­berg aus­führ­te, auch noch nach 1945 brau­ne Dräh­te ge­zo­gen. Auch von Wag­ner-En­kel Wie­land Wag­ner, der mit sei­nen In­sze­nie­run­gen eine Er­neue­rung sug­ge­rie­ren woll­te, die nicht wirk­lich eine war. „Man soll­te sich also nichts vor­ma­chen“, sag­te der Re­fe­rent. „Der My­thos von Neu-Bay­reuth ent­springt eher re­vi­sio­nis­ti­schen Sehn­süch­ten und Pro­jek­tio­nen als äs­the­ti­scher und po­li­ti­scher Ein­sicht.“ Was sich in der an­schlie­ßen­den Dis­kus­si­on in et­li­chen Fra­gen spie­gel­te, die der Re­fe­rent mit der ihm ei­ge­nen Klar­heit beantwortete.

Dem reich be­bil­der­ten Vor­trag Fried­richs liegt ein fast fünf­zig­sei­ti­ger Text zu­grun­de, der un­ter dem Ti­tel „Es gibt nichts ‚Ewi­ges‘ “ im Nach­gang auf ein mehr­tä­gi­ges Wahn­fried-Sym­po­si­um zur Fest­spiel­zeit 2017 in Band 16 der Rei­he „Wag­ner in der Dis­kus­si­on“ aus dem Ver­lag Kö­nigs­hau­sen & Neu­mann 2019 ver­öf­fent­licht wur­de. Ein emp­feh­lens­wer­tes Buch, in dem sich acht Au­toren aus­führ­lich mit Äs­the­tik, Zeit­ge­schich­te und Wir­kung bei Wie­land Wag­ner auseinandersetzen.

Sven Fried­rich (rechts) nach dem Vor­trag im Ge­spräch mit Dr. Bernd Buch­ner, Au­tor des Bu­ches „Wag­ners Welt­thea­ter. Die Ge­schich­te der Bay­reu­ther Fest­spie­le zwi­schen Kunst und Politik“. 

Eben­falls zu emp­feh­len ist die bis An­fang Ja­nu­ar 2023 ver­län­ger­te Aus­stel­lung Volks­Wag­ner im Wag­ner­mu­se­um, in der der Wahn­fried-Di­rek­tor in ver­schie­de­nen Schau­käs­ten  auch zwei Gast­ge­schen­ke des RWV Bam­berg zu Ex­po­na­ten er­ho­ben hat: eine FFP2-Mas­ke der Mar­ke Sieg­mund so­wie, zu­sam­men mit ei­nem Wag­ner-Weih­nachts­schmuck, ei­nen Scho­ko-Wag­ner aus der Tor­tis­si­ma-Werk­statt von Ma­ria The­re­sia Worch.