Ein Artikel unseres Mitglieds Martin Köhl.
Den Intendanten und den Generalmusikdirektor eines Landestheaters zu einem gemeinsamen Termin nach Bamberg zu bemühen, ist nicht ganz einfach. Dem Bamberger Richard-Wagner-Verband und seiner neuen Prinzipalin Ulrike Müller ist genau dies gelungen. Neil Barry Moss, der vor kurzem vom Operndirektor zum Intendanten des Landestheater Coburg avancierte, kam auf Einladung des RWV mitsamt seinem GMD Daniel Carter an die Regnitz, um über die neuesten Verhältnisse in Coburg zu berichten.
Beide kommen von weit her und sind trotzdem mit den europäischen Theaterwelten so gut vertraut, als wären sie hier und nicht in Australien (Daniel Carter) respektive Südafrika (Neil Barry Moss) geboren. Da die beiden für das Musiktheater zuständig sind, lag es nahe, nach ein paar Bemerkungen über ihre persönlichen Werdegänge zum neuen Saisonprogramm des Coburger Opernbereiches überzugehen, zumal zu jenen Werken, die von Moss (Regie) und Carter (Dirigat) selbst verantwortet werden.
Die Saison hat bereits mit Giacomo Puccinis „Il trittico“ erfolgreich begonnen, wird sich mit Rossinis „Barbier von Sevilla“ fortsetzen und mit „Chicago“ auch ein Musical präsentieren. Die Wagnerianer interessierte natürlich vor allem die für Januar angesetzte Inszenierung des „Fliegenden Holländers“ und die für die Vorweihnachtszeit geplante Märchenoper „Hänsel und Gretel“ von Engelbert Humperdinck, dessen Musiksprache so sehr dem wagnerschen Vorbild ähnelt.
Bezüglich des “Holländers“ musste sich Neil Barry Moss in professioneller Zurückhaltung üben, denn es ist unüblich, vorab die Details einer Neuinszenierung zu „verraten“. Immerhin versprach er eine „starke Senta“ und zeigte sich sichtlich stolz darüber, mit Åsa Jäger und Flurina Stucki die Richtigen dafür gefunden zu haben. Die Frage, ob es in diesem nautischen Stück auch ein Schiff geben werde, wurde klar bejaht, augenzwinkernd ergänzt um die Versicherung, es handele sich um ein „sehr bekanntes“. Ob man sich jetzt wohl auf eine „Titanic“ wird gefasst machen müssen?
Mit Blick auf die geplante Inszenierung von Leoš Janáčeks „Jenūfa“ im Mai 2025 ließ sich in der Person des GMD ein äußerst kompetenter Janáček-Fachmann entdecken. Daniel Carter lebt richtig auf, wenn er über seinen Lieblingskomponisten – natürlich neben Wagner – redet. Er erwähnte aber auch, dass der neue Spielort, also das Ausweichdomizil namens Globe, erhebliche Einschränkungen mit sich bringe. So gebe es kaum Backstage-Bereiche und schon gar keinen Schnürboden.
Die Frage nach barockem Repertoire kam zwangsläufig auf, doch Wünsche nach Monteverdi oder Händel werden wohl vorläufig unerfüllt bleiben, weil ein „normales“ Opernorchester sinfonischen Zuschnitts instrumental viel Extraaufwand betreiben müsste. Neil Barry Moss verriet bezüglich der Humperdinck-Oper, dass künftig in Coburg auch eine „Wiederaufnahmekultur“ angestrebt werde, so dass über das „Abspielen“ eines Werkes nach Stagione-Art hinaus auch Rückgriffe auf ein vorhandenes und gepflegtes Repertoire möglich sein werden.
Unvermeidlich musste am Ende dieses sehr informativen und kurzweiligen Abends die Frage nach der Wiedereröffnung des „alten“ Theaters am Schlossplatz auftauchen. Nach erfolgreicher Sanierung soll das 2035/36 der Fall sein, doch der Intendant kommentierte das ergänzt durch einen ironisch-fatalistischen Hinweis auf die Münchner Stammstrecke und den Berliner Flughafen.
Erstveröffentlichung auf www.fraenkischertag.de sowie in der FT-Druckausgabe vom 26.10.2024
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