Wahnfried-Direktor Sven Friedrich blickt in seinem Vortrag „Mythos und Realität der Stunde Null“ zurück auf den angeblichen Neubeginn und entzaubert den Starkult um Wieland Wagner.
Ein kritisches Schlaglicht auf den NS-belasteten Neubeginn der Bayreuther Festspiele nach 1945 wirft Wahnfried-Direktor Dr. Sven Friedrich in seinem reich bebilderten Vortrag am Dienstag, 11. Oktober 2022, um 19.30 Uhr im KUFA-Saal (Ohmstraße 3). Er entzaubert damit zugleich den Starkult um Wieland Wagner, den Opernregisseur und Enkel Richard Wagners, der bis zu seinem Tod 1966 gemeinsam mit seinem Bruder Wolfgang auch die Festspiele leitete.
Was am Grünen Hügel als Erneuerung galt und bis heute von vielen als „Neubayreuth“ revolutionär verklärt wird, barg jede Menge reaktionärer Kontinuität aus dem dunkelsten Kapitel deutscher Geschichte. Dabei wurden die prekären Rollen einzelner in der Regel ebenso unter den Teppich gekehrt wie die Bedeutung und Funktion der Festspiele für die Propaganda des Dritten Reichs und Adolf Hitler persönlich. Hier ein Bericht von Dirk Jenders vom RWV Frankfurt, der bei der Premiere dieses ungeschminkten Blicks auf Neubayreuth im Juni 2022 im Fritz-Bauer-Institut dabei war. Der Eintritt zum Bamberger Vortrag am 11. Oktober 2022 in Kooperation mit der KUFA ist frei.
Zur Person Sven Friedrich beschäftigt sich seit bald vier Jahrzehnten intensiv mit Richard Wagners Werk und Leben. Er ist seit 1993 Museums- und Archivdirektor des Richard Wagner-Museums mit Nationalarchiv der Richard-Wagner-Stiftung Bayreuth und daneben noch Leiter der städtischen Museen, die Franz-Liszt und Jean Paul gewidmet sind. Darüber hinaus ist er ein brillanter Redner, was viele Opernfreunde bei seinen Einführungen zu den Bayreuther Festspielen erleben durften. Friedrich war bei uns schon mehrfach zu Gast. 2015 stellte er uns kurz vor der Eröffnung das neu eingerichtete Wagnermuseum in Wahnfried samt Erweiterungsbau vor, im letzten Jahr kam er nach coronabedingten Verschiebungen endlich wieder mit einem seiner faszinierenden Vorträge über die „Ring“-Tetralogie. Allein die Auswahl an seinen Publikationen umfasst über fünf Seiten. Kurz, der Mann weiß ganz genau, wovon er redet und er scheut sich nicht, Stellung zu nehmen – eine Haltung, die in Bayreuth viel zu lang nicht gern gesehen war.
Ähnliche Beiträge
- Programmheftwandel 14. Oktober 2020
- Raum und Handwerk 7. November 2022
- Nike Wagner kommt! 17. Februar 2023
- Keine „Stunde Null“ 14. Oktober 2022
- Pausenjahre gab’s schon immer 1. April 2020