Cosima Wagner abzulehnen, ist leicht und fast Konsens, ihr gerecht zu werden hingegen schwer. Der Vortrag „Theuerste Freundin…“ von Sabine Zurmühl am 7. Juli im Hotel Bamberger Hof wird dem scheinbar nur allzu bekannten Profil dieser Frau widersprechen, die sich eine „Lisztin“ nannte. Was ist die Frau eines berühmten Mannes, fragt die Feministin und Wagnerkennerin Zurmühl, wenn der Blick sich nicht auf ihn, sondern auf ihre Persönlichkeit, ihr inneres Erleben, ihre Lebensbrüche, Lebenssiege und Ängste richtet? Worin bestand die Faszination, die diese Frau auf ihre Mitmenschen zweifellos ausübte?
Wie wirkte sich für ihre Biographie die Instabilität der sie umgebenden Beziehungen aus, mit getrennten Eltern, der jahrelangen Abwesenheit des Vaters und dem Kontaktverbot zur Mutter, dem frühen Verlust der Geschwister durch deren Sterben, das Zerbrechen der ersten Ehe zu Bülow? Wie sind die Widersprüche einzuordnen zwischen ihren eher traditionellen Lebenstheorien und ihrem geradezu revolutionären wirklichen Leben, zwischen ihrer Ablehnung der Emanzipationsbewegung der Frauen und ihrer tiefen, jahrzehntelangen Freundschaft mit Frauen, die wach und kritisch im Leben standen, die sensibel, genau und (auch: selbst-) kritisch und humorvoll die Auseinandersetzung mit Freundinnen suchten?
Die Korrespondenzen und Tagebücher belegen dies auf lebendige Weise. So in der Freundschaft mit Malwida von Meysenbug, die die Bürgerrechte für Frauen einklagte und sich mit den „Memoiren einer Idealistin“ in die Frühemanzipierten einordnete. Oder in den Bayreuther Begegnungen mit der Sängerin Anna Bahr-Mildenburg, die die Erscheinung und Arbeitsweise Cosimas voller Respekt und Sachkenntnis beschrieb. Schließlich die lebenslange wohl tiefste Freundschaft mit Marie von Buch, spätere von Schleinitz, ihre „Mimi“.
Was waren die Bilder von Weiblichkeit und Männlichkeit, die sowohl in Cosimas Bindung an Hans von Bülow als auch in der Beziehung zu Richard Wagner nie den gängigen Klischees entsprach? Und schließlich, wie fügt sich hierein ihr sich ausprägender Antisemitismus und Hang zu Religiosität, spiritueller Suche und ihr großer Wunsch nach Freiheit? Cosima Wagner führte ein kompliziertes und emanzipiertes Leben, in dem sie, wie viele der Frauen ihres Jahrhunderts, um Anerkennung, Liebe und ihren Platz im Leben mit vielen Rückschlägen und Entmutigungen, aber auch erfindungsreich und listig zu kämpfen wusste.
Die Germanistin, Print- und Fernsehjournalistin, Autorin und Mediatorin Sabine Zurmühl arbeitet aktuell an einer Biografie Cosima Wagners. Sie war Mitbegründerin und Herausgeberin der feministischen Zeitschrift „Courage“, mit dem Band „Leuchtende Liebe, lachender Tod. Zum Tochtermythos Brünnhilde“ erschien 1984 ihr erstes Wagner-Buch, eine Reihe von Essays zum „Ring des Nibelungen“ folgten. Sie lebt in und in der Nähe von Berlin. Am 7. Juli 2015 kommt sie auf Einladung unseres Verbands nach Bamberg. Ihr Cosima-Vortrag in den Seminarräumen des Hotels Bamberger Hof beginnt um 19.30 Uhr, der Eintritt ist frei.
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