Kein Lohengrin-Wunder mit Alagna

Die im letz­ten Jahr­zehnt üb­lich ge­wor­de­ne all­jähr­li­che Ab­sa­ge-Mel­dung aus dem Fest­spiel­haus kam dies­mal am 30. Juni, also kei­ne vier Wo­chen vor Fest­spiel­be­ginn. „Ro­ber­to Alag­na“, tei­len die Fest­spie­le mit, „wird die Par­tie des Lo­hen­grin in der Neu­in­sze­nie­rung der gleich­na­mi­gen Oper bei den Bay­reu­ther Fest­spie­len nicht sin­gen.“ Die Agen­tur des Te­nors in­for­mier­te die Fest­spiel­lei­tung über die Ab­sa­ge, die da­mit be­grün­det wur­de, dass Alag­na „auf­grund von Über­las­tung die Par­tie nicht hin­rei­chend ein­stu­die­ren konn­te“.  Die Fest­spie­le su­chen nun in­ten­siv ei­nen Ersatz.

Was nicht ganz ein­fach ist. Es gibt zwar eine so­li­de An­zahl an Te­nö­ren, die die Par­tie hin­rei­chend be­herr­schen. Aber spek­ta­ku­lär an die­sem En­ga­ge­ment war ja ge­ra­de, dass Alag­na, der sonst im fran­zö­si­schen und ita­lie­ni­schen Fach zu­hau­se ist, erst­mals als Lo­hen­grin auf­tre­ten soll­te und dazu erst über­re­det wer­den muss­te − von Fest­spiel­lei­te­rin Ka­tha­ri­na Wag­ner und ih­rem Mu­sik­di­rek­tor und „Lohengrin“-Dirigenten Chris­ti­an Thielemann.

Wo­mög­lich soll­te der zu fin­den­de Er­satz so­gar Alag­na ähn­lich se­hen, denn „Lohengrin“-Bühnenbildner Neo Rauch sieht die Oper im Trai­ler auf der Fest­spiel-Web­site als ein „ge­wal­ti­ges Stand­bild“, das Re­gis­seur Yu­val Sharon zum Lau­fen brin­gen will. Eine der männ­li­chen Fi­gu­ren in die­sem blau­en Stand­bild, das die Ki­no­wer­bung zeigt, ist er­kenn­bar Alag­na (Lo­hen­grin); da­ne­ben sind auch Ge­org Zep­pe­n­feld (Kö­nig Hein­rich) und Anja Har­te­ros (Elsa) iden­ti­fi­zier­bar. Letz­te­re soll nach In­for­ma­tio­nen des Fest­spie­le-Blogs zwar schon ge­probt ha­ben, ak­tu­ell muss der Re­gis­seur in der Pro­ben­ar­beit aber, weil Har­te­ros auch bei den Münch­ner Opern­fest­spie­len ak­tiv ist, mit ei­nem Co­ver vor­lieb nehmen.

Das Bay­reuth-De­büt von Anja Har­te­ros ver­dankt sich üb­ri­gens ei­ner Ab­sa­ge: Ur­sprüng­lich soll­ten un­be­stä­tig­ten Be­rich­ten zu­fol­ge Ro­ber­to Alag­na und Anna Netreb­ko das neue Bay­reu­ther „Lohengrin“-Traumpaar in 2018 sein. Die rus­si­sche Star­so­pra­nis­tin hat je­doch − vor al­lem we­gen ih­rer Sprach­pro­ble­me − nach ei­nem ers­ten Ver­such in Dres­den un­ter Chris­ti­an Thie­le­mann die Par­tie der Elsa wie­der auf Eis gelegt.

Är­ger­lich an Alag­nas Ab­sa­ge ist, dass die Fest­spie­le sich ver­mut­lich eben we­gen des­sen dich­tem Ter­min­ka­len­der schon von An­fang an in eine un­gu­te Si­tua­ti­on be­ge­ben ha­ben. Denn an­ders als mit sei­nen Ter­mi­nen lässt sich kaum er­klä­ren, war­um erst­mals in der neue­ren Fest­spiel­ge­schich­te aus­ge­rech­net die na­tur­ge­mäß stark ge­frag­te Neu­in­sze­nie­rung der Sai­son mit nur fünf Vor­stel­lun­gen und nur bis 10. Au­gust auf dem Spiel­plan steht − und dann nicht mehr. Das heißt über die Hälf­te der Fest­spiel­sai­son 2018 wird aus­schließ­lich mit Re­pri­sen bestritten.

Laut ei­ner Er­klä­rung auf sei­ner Face­book­sei­te will Alag­na den Lo­hen­grin, so­bald er die Par­tie kom­plett ein­stu­diert hat, zu­min­dest kon­zer­tant sin­gen. Der ers­te fran­zö­si­sche Schwa­nen­rit­ter im Fest­spiel­haus wäre der am 7. Juni 1963 in Frank­reich als Sohn si­zi­lia­ni­scher El­tern ge­bo­re­ne Alag­na üb­ri­gens nicht ge­we­sen: 1908 san­gen al­ter­nie­rend Al­fred von Bary und der 1871 in Nan­cy ge­bo­re­ne Charles Dal­morès den Lo­hen­grin in Bay­reuth. Foto: klas­sik­ak­zen­te © Alix Laveau

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