„Werkstatt Bayreuth“ in der Friedrichstraße: Uwe Hoppe jüngste „Ring“-Adaption glänzt und gleißt in ihrem dritten Aufführungsjahr.
Ein Festspielsommer ganz ohne „Ring“, das ist zwar aktuell oben am Grünen Hügel Realität. Aber unten, in der kleinen Scheune der Klaviermanufaktur Steingraeber an der Friedrichstraße, schließt die Studiobühne Bayreuth die für Wagnerianer doch schmerzliche Lücke: mit Uwe Hoppes mindestens vierter Fassung des Vierteilers und der x-ten Version eines Stücks zum Leben und den Bühnenwerken Richard Wagners.
Bekanntlich gibt es die Festspiele deshalb, weil Wagner sein Monumental-Opus „Der Ring des Nibelungen“ unbedingt komplett aufgeführt wissen wollte, verteilt auf vier Tage, bei einer Gesamtspieldauer von rund vierzehn Stunden. Bei der Studiobühne werden seit bald vierzig Jahren die zwar deutlich kleineren, aber garantiert schärferen „Ring“-Brötchen gebacken.
Mit dem 2017 uraufgeführten „Heda! Heda! Hedo! What the fuck is Wagner?“ ist die Tetralogie endlich bei den Digital Natives angekommen – und dauert mit Pause zweieinhalb erfrischend kurzweilige Stunden. Bei der Wiederaufnahme am Wochenende war das Publikum, darunter Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe, hörbar begeistert, auch wenn die Beleuchtungsanlage konsequent einem falschen Befehl folgte.
Was die Darsteller – die Studiobühnen-Urgesteine Frank Joseph Maisel und Conny Trapper sowie Anja Kraus, Annette Lauckner, Finn Leible und Lukas Stühle als vier in jeder Hinsicht bewegliche Youngsters – in ihren Mehrfachrollen leisten, ist einfach umwerfend. Alle sechs sind so souverän in die anspielungs-, geist- und temporeiche Inszenierung von Autor Hoppe hineingewachsen, dass niemand auf die Idee käme, dass das keine Schauspielprofis sind.
Im Gegenteil: Die beiden Alten, die in ihrem Wagnerhortkeller (Bühne: Michael Bachmann, Kostüme: Heike Betz) erst ziemlich verschüchtert auf die jungen Leute reagieren, laufen bald zu ganz großer Form auf. Und die Grünschnäbel, die sich von ihren Mentoren angeleitet spielerisch und zunehmend enthusiastisch die „Ring“-Geschichte aneignen, haben zwar eine sehr direkte und große Klappe, merken aber schnell, wo es lang und ans Eingemachte geht.
Das Stück ist so angelegt, dass Anfänger wie Kenner der Materie etwas davon haben. Neben der „Ring“-Handlung in unorthodoxer Reihenfolge bekommt man auch bitterböse Anmerkungen zur jüngeren Festpielgeschichte serviert. Nicht zu vergessen die originalen und genial hinzuerfundenen Stabreime. Und bei allem Esprit und Witz erreicht der Abend auch ohne Musik eine Tiefe, die man in mancher Produktion am Hügel oben vergeblich sucht.
Mit drei Vorstellungen von „Leubald“, dem dramatischen Erstling Wagners, bietet die Studiobühne bei Steingraeber ab 3. August noch ein Stück, das man sich nicht entgehen lassen sollte – und im Felsentheater von Sanspareil Shakespeares „Macbeth“, auf den sich der dreizehnjährige Wagner bezog, als er begann, „Leubald“ zu schreiben.
Besuchte Wiederaufnahme-Premiere am 20. Juli, Erstdruck im Feuilleton des Fränkischen Tags. Weitere „Heda!“-Aufführungen am 26. Juli sowie zehnmal im August. Karten unter Telefon 0921/69001, weitere Infos auf der Homepage der Studiobühne
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