Bei der 15. Bamberger „Lounge in the City“ präsentierte Staatsministerin Melanie Huml am Montag Festspielchefin Katharina Wagner als Ehrengast.
Hohen Besuch gab es bei Melanie Humls „Lounge in the City“ mit Gästen aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft schon öfter. Aber diesmal konnte die Staatsministerin mit einer Frau aufwarten, die sich gern rar macht: Katharina Wagner, Urenkelin von Richard Wagner, Opernregisseurin, Honorarprofessorin und seit 2008 Festspielchefin in Bayreuth, deren Vertrag gerade erst bis 2025 verlängert wurde.
Zur 15. „Ladies After Work Party“ am 25. November wurde aus gutem Grund in die soeben eröffnete Kulturfabrik Kufa an der Ohmstraße geladen, als erste externe Veranstaltung. Huml ist die Schirmherrin des Hauses, in dem „Kultur für alle“ praktiziert wird, das heißt: Menschen mit und ohne Behinderung haben jetzt einen festen Platz, an dem sie künstlerisch tätig sein können. „Wir wollen“, sagte sie, „diesen Ort mehr bekannt machen und damit die Lebenshilfe in ihrer Arbeit unterstützen.“
Im fast leer geräumten Theatersaal tummelten sich rund 150 Besucherinnen – und zu Beginn die hauseigene Tanzgruppe Wackelkontakt, die mit ihrem barfüßigen Auftritt gleich für Aufsehen sorgte. Claudia Bachmann, Humls Pressereferentin, hatte anschließend für die „Oberfränkin, die die Welt erobert hat“ Fragen vorbereitet, die die 41-jährige Festspielleiterin bereitwillig und mit einer Prise trockenem Humor beantwortete.
Mehrfach kam bei dem fast halbstündigen Gespräch die Rede auf die Publikumsreaktionen im Festspielhaus. „Gebuht“, sagte Katharina Wagner, „wird eigentlich immer, denn Regie ist auch Geschmackssache. Wenn kein Buh kommt, wäre ich irritiert.“ Ganz abgesehen davon müsse man den Regisseuren Freiheit lassen, denn: „Kunst darf nie halbherzig sein. Das Schlimmste ist doch, wenn es keine Emotionen gibt, nur lauwarmer Applaus kommt und mancher an seine Steuererklärung denkt.“
Die Männerdominanz im Opernbusiness stört sie nicht, denn sie begegnet Männern nicht anders als Frauen. „Es geht doch in erster Linie darum, dass man tausendprozentig hinter der Sache steht. Man muss lieben, was man macht.“ Dass unabhängig davon der Anteil an weiblichen Festspielmitwirkenden teilweise schwächelt, liegt nach ihren Angaben auch daran, dass die Festspiele in die Hauptferienzeit fallen. „Damen im Orchester sind nicht so leicht zu bekommen, wenn sie Kinder haben.“ Umso mehr sei sie stolz darauf, dass im kommenden Sommer zwei Kontrabassistinnen im Festspielorchester spielen werden und im Jahr darauf erstmals eine weibliche Dirigentin eine Festspielproduktion leiten wird. Nur deren Namen wollte sie noch nicht verraten.
Dass sie aufgrund ihrer Promi-Herkunft schon immer im Rampenlicht stehen musste, nimmt sie inzwischen gelassen: „Man kann es ja nicht ändern. Man muss da mitmachen. Punkt.“ Warum sie mitmacht, ergibt sich auch aus dem, was für sie die größte Faszination in ihrer Arbeit darstellt – und zwar unabhängig davon, ob es sich um Produktionen anderer Regisseure handelt oder die ihres Teams: „Wenn nach allen Vorgesprächen und Vorarbeiten das Modell einer Inszenierung in Originalgröße umgesetzt wird und plötzlich alle Rädchen des Betriebs ineinander greifen, wenn das, was ursprünglich nur als Plan vor einem auf dem Schreibtisch lag, plötzlich auf der Bühne lebendig wird, das ist für mich das Schönste.“
Die einmalige Akustik im Festspielhaus und das Einmalige an jedem Opernabend, die Diskurs-Veranstaltungen, Kartenfragen und Kinder-Oper wurden gestreift. Und nicht zuletzt die Wagnerianer. Das kommende Programm des Bamberger Richard-Wagner-Verbands lobte die Festspielleiterin ausdrücklich. Kein Wunder, enthält es doch gleich drei Veranstaltungen, die direkt mit den Festspielen zu tun haben: den Vortrag der Kunsthistorikerin Dr. Barbara Fischer-Kohnert und des Bauforschers Dr. Tillman Kohnert über die Bau- und Renovierungsgeschichte des Festspielhauses am 28. Januar 2020, den Vortrag von Konrad Kuhn, dem Dramaturgen vom neuen „Ring“ und der diesjährigen „Tannhäuser“-Neuinszenierung, über die Arbeit eines Festspieldramaturgen am 21. April 2020 und die Konzertfahrt zur Aufführung von Beethovens Symphonie Nr. 9 am 30. August 2020 unter Marek Jaowski im Festspielhaus.
Bleibt noch anzumerken, dass die Festspielleiterin als Gastgeschenk aus Bamberg ein Bild aus der Malerwerkstatt der Lebenshilfe nach Bayreuth mitnehmen konnte: das Gemälde „Lichtstreif“ von Dennis Wolter.
Erstdruck in einer kürzeren Version auf der Mittendrin-Seite im Lokalteil Bamberg des Fränkischen Tags vom 27.11.2019
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