Wolfgang Amadeus Mozart, der heute vor 265 Jahren auf die Welt kam, war auch für Richard Wagner ein Fixstern, auf den dieser sich konkret bezog.
Es gibt Tage, da ist einfach zu viel passiert, was in Hinblick auf Wagner relevant ist. Heute zum Beispiel ragen bei den Geburts- und Gedenktagen Mozart (*1756) und Verdi (†1901) heraus. Was tun? Natürlich verweise ich in dem Zusammenhang liebend gerne auf Eckhard Henscheids Standardwerk „Verdi ist der Mozart Wagners“, das unschlagbar meine heutigen Fixsterne vereint und als Reclam-Büchlein nach wie vor zu haben ist. Ansonsten sei aus pragmatischen Gründen entschieden, dass Verdi besser ein ander Mal drankommt.
Mozart also, geboren am 27. Jänner 1756 in Salzburg, spielte in Wagners Leben immer wieder eine Rolle – bis zuletzt. Im November 1878 bezeichnete er sich selber als den „letzten Mozartianer“. Und in einem kleinen Nachtrag zum letzten Venedigaufenthalt heißt es zum 23. Dezember 1882 in Cosimas Tagebuch: „Abends singt er die Arie des Belmonte aus der ‚Entführung‘ und die herrliche Maureske.“
„Mozarts Leben“, schrieb Wagner in seinen Gesammelten Schriften und dachte dabei natürlich immer auch ein bisschen an sich selber, „war ein unausgesetzter Kampf für eine friedlich gesicherte Existenz, wie sie gerade ihm so eigenthümlich erschwert bleiben sollte. Als Kind von halb Europa geliebkost, findet er als Jüngling jede Befriedigung seiner lebhaft erregten Neigungen bis zur lästigsten Bedrückung erschwert, um, von dem Eintritte in das Mannesalter an, einem elend frühen Tode entgegenzusiechen.“
Und weiter: „Ihm ward sofort der Musikdienst bei einem fürstlichen Herrn unerträglich: er sucht sich vom Beifalle des größeren Publikums zu ernähren, giebt Konzerte und Akademien; das flüchtig Gewonnene wird der Lebenslust geopfert. Verlangte Haydn’s Fürst stets bereite neue Unterhaltung, so musste Mozart nicht minder von Tag zu Tag für etwas Neues sorgen, um das Publikum anzuziehen; Flüchtigkeit in der Konzeption und in der Ausführung nach angeeigneter Routine, wird ein Haupterklärungsgrund für den Charakter ihrer Werke. Seine wahrhaft edlen Werke schrieb Haydn erst als Greis, im Genusse eines auch durch auswärtigen Ruhm gesicherten Behagens. Nie gelangte aber Mozart zu diesem: seine schönsten Werke sind zwischen dem Uebermuthe des Augenblickes und der Angst der nächsten Stunde entworfen. So stand ihm immer nur wieder eine reichliche fürstliche Bedienstung als ersehnte Vermittlerin eines dem künstlerischen Produziren günstigeren Lebens vor der Seele. Was ihm sein Kaiser vorenthält, bietet ihm ein König von Preußen: er bleibt ‚seinem Kaiser‘ treu, und verkommt dafür im Elend.“
Man kann daraus durchaus ein ambivalentes Verhältnis herauslesen. War der junge Wagner tatsächlich ein begeisterter Mozartianer und häufiger Mozart-Dirigent, so betonte der werdende Musikdramatiker vor allem die Unterschiede und Defizite des anderen und war erst im Alter wieder frei genug, das Genie Mozart uneingeschränkt zu rühmen. Wagners erster Biograf Carl Friedrich Glasenapp berichtet, dass er unter anderem darüber klagte, „wie wenig gerade das Schönheitsgefühl, vermöge dessen er sich den ‚Nachfolger Mozarts‘ nenne, bisher noch beachtet worden sei“ und verwies dabei als Beispiel auf Brünnhildes „Der diese Liebe mir ins Herz gehaucht“ im 3. Akt der „Walküre“.
Um wenigstens am Schluss nochmals auf Giuseppe Verdi zurückzukommen: Heute vor 172 Jahren wurde „La Battaglia di Legnano“, die einzige Risorgimento-Oper Verdis, in Rom uraufgeführt. Bleiben noch zwei weitere Todestage: Am 27. Januar 1956 starb in Zürich der Dirigent Erich Kleiber, der als entschiedener Förderer neuer Musik und erbitterter Nazi-Gegner 1934 seinen Posten als Generalmusikdirektor in Berlin aufgab und später über ein Jahrzehnt lang am Teatro Colón in Buenos Aires das deutsche Fach und vor allem auch Wagner-Aufführungen dirigierte.
Am heutigen Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus und zum Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust sei außerdem an den Komponisten und Pianisten Gideon Klein erinnert, der am 6. Dezember 1919 bei Olmütz geboren wurde, am Prager Konservatorium studierte, bis das NS-Regime seine weitere Ausbildung unmöglich machte. Im Dezember 1941 wurde er in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert. Vermutlich an einem 27. Januar wurde dort, wovon unter anderem ein kleines Plakat zeugt, das Verdi-Requiem aufgeführt, mit Gideon Klein am Klavier.
Mit namhaften, ebenfalls internierten Musikern wie Hans Krása, Viktor Ullmann und Pavel Haas engagierte er sich für das erst verbotene und dann zu Propagandazwecken missbrauchte Kulturleben der Lagerstadt, gab Konzerte, schrieb kammermusikalische Werke, die auch im Lager aufführbar waren, hielt Vorträge und unterrichtete. Im Oktober 1944, neun Tage nach Beendigung seines Streichtrios, wurde er erst nach Auschwitz und von dort in das Außenlager Fürstengrube verschleppt, wo er kurz vor der Befreiung am 27. Januar 1945 unter ungeklärten Umständen in den Kohlengruben ums Leben kam.
Erstveröffentlichung 2013 in dem Blog „Mein Wagner-Jahr“ auf infranken.de
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