Weg mit dem Mythos

Auch un­ser Mit­glied An­dre­as H. Höl­scher hat den Chem­nit­zer „Tris­tan“ be­sucht, und zwar bei der Auf­füh­rung am 31. Ok­to­ber, die auch un­se­re be­geis­ter­te Grup­pe er­lebt hat.

Sze­ne aus dem 3. Akt mit Da­ni­el Kirch als Tris­tan und Od­dur Jóns­son als Kur­we­nal – Foto: Die­ter Wuschanski

Es ist knapp drei Jah­re her, dass in Chem­nitz ein am­bi­tio­nier­tes Pro­jekt an­läss­lich des 875-jäh­ri­gen Stadt­ju­bi­lä­ums voll­endet auf die Büh­ne ge­bracht wur­de. Ri­chard Wag­ners Te­tra­lo­gie „Der Ring des Ni­be­lun­gen“ wur­de 2018 neu in­sze­niert, und zwar di­rekt von vier ver­schie­de­nen Re­gis­seu­rin­nen. Die fi­na­le „Göt­ter­däm­me­rung“ wur­de von Eli­sa­beth Stöpp­ler und ih­rem Team ge­stal­tet, die In­sze­nie­rung wur­de 2019 mit dem Thea­ter­preis Der Faust aus­ge­zeich­net. Ne­ben der be­ein­dru­cken­den In­sze­nie­rung war die­se Pre­mie­re sei­ner­zeit auch der Abend der gro­ßen Rol­len­de­büts mit be­ein­dru­cken­den Stim­men. Al­len vor­an Sté­pha­nie Müt­her als Brünn­hil­de und Da­ni­el Kirch als Sieg­fried. Die bei­den Ak­teu­re kehr­ten nun als Tris­tan und Isol­de nach Chem­nitz zu­rück. Und wer die „Göt­ter­däm­me­rung“ in Chem­nitz ge­se­hen hat­te, der durf­te ge­spannt dar­auf sein, wie Eli­sa­beth Stöpp­ler ihre Sicht­wei­se auf die viel­leicht emo­tio­nals­te und dra­ma­tischs­te Lie­bes­ge­schich­te der deut­schen Opern­li­te­ra­tur ein­brin­gen wür­de. Eins war von An­fang an klar, Stöpp­ler wür­de in je­dem Fall ver­su­chen, den My­thos von der über­höh­ten Lie­be und der Er­lö­sung durch den Tod zu kip­pen. Da wäre sie nicht die Ers­te, die dar­an schei­tern könn­te. Aber Stöpp­ler tappt nicht in die Fal­le, die Ge­schich­te von „Tris­tan und Isol­de“ neu zu er­fin­den, da­für kennt sie das Werk und den Kom­po­nis­ten zu ge­nau. Sie ver­legt sich auf eine ra­di­ka­le Ana­ly­se der Psy­cho­gram­me der bei­den Haupt­fi­gu­ren und setzt die in den Kon­text zu ih­rem Um­feld in ei­nen „äs­the­ti­schen Rea­lis­mus“, der alle Ge­füh­le als Pro­dukt ober­fläch­li­cher Hand­lun­gen oder trau­ma­ti­sie­ren­der Er­fah­run­gen dar­stellt, und in dem das Un­ter­be­wusst­sein ma­ni­pu­lier­bar ist. Sieg­mund Freud lässt grü­ßen, nur dass der noch ein Kna­be war, als Ri­chard Wag­ner sei­ne „Hand­lung in drei Auf­zü­gen“ fer­tig­stell­te, in­spi­riert von der Phi­lo­so­phie Scho­pen­hau­ers. Der Kom­po­nist ad­ap­tier­te das mit­tel­al­ter­li­che „Tristan“-Epos und schuf eine Mu­sik, die die über­mäch­ti­gen Emo­tio­nen und Ge­dan­ken­strö­me der Haupt­per­so­nen weit mehr in den Vor­der­grund rückt als jede an­de­re Oper zu­vor. In ex­tre­mer Kon­zen­tra­ti­on auf das In­ners­te der kaum noch han­deln­den Ak­teu­re ver­half er sei­ner bei­nah sin­fo­nisch an­mu­ten­den Mu­sik zu größ­ter Ent­fal­tung und Selbst­stän­dig­keit. Durch den strik­ten Ver­zicht auf for­ma­le Zä­su­ren schuf Wag­ner eine hoch­ero­ti­sche Mu­sik, eine „un­end­li­che Me­lo­die“ voll glü­hen­der Span­nun­gen so­wie die ste­tig wach­sen­de, al­les ver­zeh­ren­de Sehn­sucht nach Er­lö­sung. Und ge­nau die­sen My­thos ver­sucht Stöpp­ler in ih­rer In­sze­nie­rung zu ent­zau­bern. Wenn man die­sem An­satz folgt, dann merkt man ganz schnell, wie zeit­los das Werk ist und wie real die Hand­lung ist, wenn man be­stimm­te Hand­lungs­mus­ter ver­folgt. Am Ende steht dann nicht mehr die Ver­klä­rung und der Lie­bes­tod Isol­dens, son­dern ein ra­di­ka­ler und ein­sa­mer Abschied.

Der ers­te Auf­zug spielt auf ei­nem Kriegs­schiff, ver­mut­lich ein U-Boot, denn auf der obe­ren Ebe­ne sieht man die Kom­man­do­brü­cke mit Pe­ri­skop, da­ne­ben die Steu­er­zen­tra­le, die Mann­schaft in dunk­len Kampf­an­zü­gen mit Ba­rett. Eine Eta­ge tie­fer sind die schma­len und en­gen Ko­jen von Isol­de und Bran­gä­ne. Tris­tan er­scheint in Ka­pi­täns­uni­form, sein treu­er Be­glei­ter Kur­we­nal, der wohl we­gen ei­ner Kriegs­ver­let­zung hum­pelt, ist der Ers­te Of­fi­zier. Die Hier­ar­chie an Bord ist so­mit klar ge­re­gelt. Isol­de ist ex­trem auf­ge­bracht, weil sie wie eine Kriegs­ge­fan­ge­ne zu Mar­ke ge­bracht wird, ihre Be­glei­te­rin Isol­de ist ner­vös und hys­te­risch, zün­det sich stän­dig eine Zi­ga­ret­te an. Tris­tan ver­sucht, sei­ne Ner­vo­si­tät mit ei­nem Jo-Jo-Spiel zu über­tün­chen. Isol­de ist trau­ma­ti­siert, denn Tris­tan hat nicht nur ih­ren Ver­lob­ten Mo­rold ge­tö­tet, son­dern hat ihr auch noch des­sen ab­ge­schla­ge­nen Kopf ge­schickt. Mehr Er­nied­ri­gung geht schon fast nicht mehr. Und Tris­tan lei­det an sei­nem Kind­heits­trau­ma, dass er sei­nen Va­ter nie ge­kannt hat und sei­ne Mut­ter un­ter der Ge­burt ge­stor­ben ist. Nun muss er auch noch die Frau, die er meint zu lie­ben, sei­nem On­kel als Braut zu­füh­ren. Es ist eine fa­ta­le Si­tua­ti­on, die na­tür­lich es­ka­liert, und Tris­tan wünscht sich den Tod. Isol­de will Ra­che und Süh­ne, aber nicht pro­fan, son­dern in ei­nem ge­mein­sa­men Sui­zid. Wag­ner über­höht die Si­tua­ti­on, in­dem Bran­gä­ne statt des To­des­tranks ei­nen Lie­bes­trank mischt und Tris­tan und Isol­de in eine aus­sichts­lo­se, ver­zeh­ren­de Lie­bes­be­zie­hung stürzt. Und hier kommt der ers­te ra­di­ka­le An­satz von Stöpp­ler. Es sieht so aus, dass Bran­gä­ne den Trank gar nicht ver­tauscht, son­dern Isol­de tat­säch­lich den To­des­trank reicht. Doch be­vor Tris­tan da­von trin­ken kann, reißt Isol­de ihm den Be­cher aus der Hand, und schafft es nicht, da­von zu trin­ken. Mit die­ser dop­pel­ten Ne­gie­rung schafft Stöpp­ler eine ganz neue Sze­ne­rie, die Tris­tan und Isol­de und de­ren Be­zie­hung un­ter­ein­an­der neu ord­net. Tris­tan bricht in ei­nen Wein­krampf aus, und Isol­de hält ihn wie eine Mut­ter ihr Kind im Arm.

Der zwei­te Auf­zug am Hofe Kö­nig Mar­kes spielt in ei­nem ele­gan­ten Sa­lon, für Mar­ke hat Isol­de nur ein ver­ächt­li­ches La­chen üb­rig. Bran­gä­ne scheint die Lage und die dro­hen­de Ge­fahr für Tris­tan und Isol­de zu ah­nen, ihre Ner­vo­si­tät ver­sucht sie mit ei­ner Zi­ga­ret­te nach der an­de­ren zu be­kämp­fen. Das gro­ße Lie­bes­du­ett zwi­schen Tris­tan und Isol­de im zwei­ten Auf­zug fin­det nur in der Mu­sik statt, in der Rea­li­tät ist es ein lang­at­mi­ges Streit­ge­spräch, in dem je­der sei­nen Stand­punkt ver­tritt. Das ist kein Mit­ein­an­der, mehr ein Gegeneinander.

Wie schon im ers­ten Auf­zug ist der To­des­wunsch greif­bar, aber auch gleich­zei­tig die Un­fä­hig­keit zur Um­set­zung. Tris­tan hat eine Pis­to­le, die er ab­wech­selnd auf Isol­de und auf sich rich­tet, aber er schafft es nicht ab­zu­drü­cken. Die Si­tua­ti­on es­ka­liert, als der aal­glat­te Op­por­tu­nist Me­lot die ver­bo­te­ne Be­zie­hung an Kö­nig Mar­ke ver­rät. Auch Mar­ke ist über­for­dert, ent­täuscht, ge­de­mü­tigt, und das äu­ßert sich in ei­ner Über­sprungs­hand­lung, in dem er Tris­tan auf den Mund küsst, und der sich an­ge­wi­dert ab­wen­det. Zum Schluss des zwei­ten Auf­zu­ges pro­vo­ziert Tris­tan Me­lot und schießt sich dann selbst in die Brust.

Der drit­te Auf­zug bringt die Auf­lö­sung von Stöpp­lers Psy­cho­gramm. Tris­tan ist zu­rück in sei­nem El­tern­haus, und die Sze­ne­rie spielt in sei­nem al­ten Kin­der­zim­mer. Ein gro­ßes Film­pla­kat von „Das Boot“ an der Tür er­klärt, war­um Tris­tan Ka­pi­tän ei­nes U-Boo­tes ge­wor­den ist. Film­pla­ka­te von „Ro­cky“ und „Ram­bo“ er­gän­zen den Hel­den­my­thos. Hin­ter ei­nem schwar­zen Vor­hang ist das Schlaf­zim­mer sei­ner El­tern, und im Fie­ber­wahn öff­net er den Vor­hang und man sieht sei­ne to­ten El­tern auf dem Bett lie­gen, da­ne­ben eine Ba­by­wie­ge. Es ist ein ver­stö­ren­des Bild, und Tris­tans psy­chi­sche Ver­än­de­run­gen ha­ben mit der töd­li­chen Wun­de, die er sich zu­ge­fügt hat, ein ex­tre­mes Aus­maß ge­fun­den. Auch Kur­we­nal ist nicht nur kör­per­lich, son­dern an Geist und See­le ver­wun­det und tut doch al­les, um Tris­tan zu hel­fen, je­doch ver­ge­bens. Der Hir­te ist wie der gute Nach­bar von ne­ben­an, der mal nach dem rech­ten schaut, um dann wie­der zu ver­schwin­den. Am Schluss ver­schließt er die Tür, nach­dem sich Kur­we­nal selbst er­schos­sen hat, und über­lässt Tris­tan und Isol­de ih­rem Schick­sal, nach­dem auch Mar­ke und Bran­gä­ne das Zim­mer ver­las­sen ha­ben. Als Isol­de end­lich er­scheint, ist das Schlaf­zim­mer der El­tern leer, und Tris­tan stirbt auf dem Bett, ohne Hei­lung von Isol­de er­fah­ren zu kön­nen. Die fi­na­le Er­lö­sung Isol­dens, den „Lie­bes­tod“, ver­wei­gert Stöpp­ler. Zu­rück bleibt eine ein­sa­me, trau­ri­ge Frau, ohne Hoff­nung und Perspektive.

Die­sen ra­di­ka­len An­satz muss man nicht mö­gen, aber er ist strin­gent und vor al­lem in al­len Punk­ten nach­voll­zieh­bar und nicht am Werk vor­bei in­sze­niert, wie so häu­fig. Wenn man sich al­ler­dings auf Stöpp­lers Psy­cho­gramm ein­lässt, dann kann man die­sen „Tris­tan“ in der Tat neu ent­de­cken, und dann nimmt ei­nen die In­sze­nie­rung ge­fan­gen, und man lei­det mit den Prot­ago­nis­ten, aber auf eine an­de­re Wei­se als bei ei­ner kon­ven­tio­nel­len In­sze­nie­rung. Mit der Büh­nen­bild­ne­rin An­ni­ka Hal­ler, der Kos­tüm­de­si­gne­rin Ge­si­ne Völlm und dem Licht­re­gis­seur Hol­ger Rei­ni­cke kann Stöpp­ler auf das­sel­be Team zu­rück­grei­fen, das auch die „Göt­ter­däm­me­rung“ vor drei Jah­ren kon­zi­piert hat. Es gibt vie­le Ähn­lich­kei­ten in den Be­zie­hungs­ge­flech­ten der Per­so­nen un­ter­ein­an­der, Brünn­hil­de war stark, Sieg­fried schwach. Das glei­che kann man durch­aus auch für die­se In­sze­nie­rung kon­sta­tie­ren. Eine star­ke Re­gis­seu­rin in­sze­niert star­ke Frau­en und holt sie run­ter vom Wag­ner­schen So­ckel der Die­ne­rin­nen und Er­lö­se­rin­nen und ent­mys­ti­fi­ziert da­bei das Werk von der ho­hen Liebe.

Auch mu­si­ka­lisch und sän­ge­risch über­zeugt die­ser „Tris­tan“ durch höchs­tes Ni­veau, auch wenn es vor der Vor­stel­lung eine kur­ze Schreck­se­kun­de gibt, als In­ten­dant Chris­toph Dittrich auf die Büh­ne kommt und Da­ni­el Kirch als Tris­tan und Alex­an­der Kiech­le als Kö­nig Mar­ke als er­käl­tet an­kün­digt. Doch bei bei­den ist von der In­dis­po­si­ti­on nicht viel zu spü­ren. Kirch ist ei­ner der füh­ren­den Wag­ner-Te­nö­re die­ser Zeit, und sein Leip­zi­ger De­büt als Tris­tan hat in punc­to In­ter­pre­ta­ti­on und Dar­stel­lung neue Maß­stä­be ge­setzt. Das kann er auch in Chem­nitz zei­gen, auch wenn er sich mit Rück­sicht auf die an­ge­schla­ge­ne Stim­me in ei­ni­gen Pas­sa­gen et­was zu­rück­nimmt. Sein ba­ri­to­nal ge­färb­ter Te­nor ist kraft­voll in der Mit­tel­la­ge, aus­drucks­stark in den Hö­hen und strahl­kräf­tig in den dra­ma­ti­schen Aus­brü­chen. Er schafft es trotz sei­ner An­ge­schla­gen­heit, mit sei­ner kraft­vol­len Stim­me über das For­te des Or­ches­ters zu kom­men, ohne dass die stimm­li­che Prä­senz dar­un­ter lei­det. Sei­ne dra­ma­ti­sche Aus­drucks­kraft, sei­ne phy­si­sche Büh­nen­prä­senz und die Dar­stel­lung des schwer trau­ma­ti­sier­ten Men­schen sind be­ein­dru­ckend, glei­ches gilt für sei­ne Textverständlichkeit.

Sté­pha­nie Müt­her hat in der Pre­mie­re acht Tage zu­vor ihr Rol­len­de­büt als Isol­de ge­ge­ben. Sie hat die Fle­xi­bi­li­tät in der Stim­me, die Isol­de in den ly­ri­schen Pas­sa­gen noch ju­gend­lich-dra­ma­tisch mit Ge­schmei­dig­keit und Schön­heit zu ge­stal­ten, hat aber den Stahl und den Fu­ror, in den gro­ßen Aus­brü­chen ins Hoch­dra­ma­ti­sche zu wech­seln. Müt­her über­zeugt vor al­lem mit ih­rer wun­der­ba­ren wei­ten Mit­tel­la­ge, in der sie schö­ne Farb­kon­tras­te er­zeugt. Ihr „Lie­bes­tod“ am Schluss ist Strö­men und Ver­sin­ken in ei­nem, und sie be­geis­tert auch durch ihre groß­ar­ti­ge Bühnenpräsenz.

So­phia Mae­no weiß in der Rol­le der Bran­gä­ne mit ei­nem war­men Mez­zo­so­pran und leuch­ten­den Hö­hen zu be­geis­tern, ihr Wacht­ruf im zwei­ten Auf­zug ist vol­ler An­teil­nah­me und Mit­ge­fühl ge­prägt. Od­dur Jóns­son gibt den Kur­we­nal mit voll­tö­nen­dem Ba­ri­ton und gro­ßer Aus­drucks­stär­ke. Alex­an­der Kiech­le als Kö­nig Mar­ke ver­fügt zwar über ei­nen schö­nen und bal­sa­mi­schen Bass, doch ist er mit sei­nen noch nicht ein­mal drei­ßig Jah­ren ein­fach zu jung für die Rol­le. Das be­trifft so­wohl das Fun­da­ment und die Rei­fe der Stim­me als auch die Büh­nen­prä­senz. Da tut man ihm mit die­ser Rol­le kei­nen Ge­fal­len. Die Rol­le des Me­lot ist mit Till von Or­low­sky gut be­setzt. Mar­tin Pet­zold, das Ur­ge­stein der Oper Leip­zig, ist in der Rol­le des Hir­ten eine Ide­al­be­set­zung. Tho­mas Kiech­le lässt als jun­ger See­mann mit schö­nem Te­nor und gro­ßer Text­ver­ständ­lich­keit auf­hor­chen, und Ja­cob Scharf­mann fügt sich als Steu­er­mann har­mo­nisch ein.  Die Her­ren des Opern­chors Chem­nitz sind von Ste­fan Bilz gut eingestimmt.

Die Ro­bert-Schu­mann-Phil­har­mo­nie un­ter der Lei­tung von Guil­ler­mo Gar­cia Cal­vo mu­si­ziert mit ei­nem ins­ge­samt lang­sa­men und brei­ten Tem­po. Be­rüh­rend sind die sym­pho­ni­schen Ele­men­te wie das Vor­spiel zum ers­ten Auf­zug, das fi­li­gran und zer­brech­lich aus dem Gra­ben er­tönt, so­wie der Be­ginn des drit­ten Auf­zu­ges mit dem Eng­lisch­horn-Solo. Der be­rühm­te dis­so­nan­te Tris­tan-Ak­kord weckt die Hoff­nung auf eine ver­strö­men­de Ton­spra­che, die so cha­rak­te­ris­tisch für die­ses Werk ist. Cal­vo er­zeugt mit der Ro­bert-Schu­mann-Phil­har­mo­nie Stim­mun­gen und Far­ben, die in ei­nem dia­me­tra­lem Ge­gen­satz zur Hand­lung auf der Büh­ne ste­hen und die trotz­dem die Auf­füh­rung zu ei­nem emo­tio­na­len Er­leb­nis wer­den lassen.

Das Pu­bli­kum dankt es am Schluss nach über fünf Stun­den mit gro­ßem Ju­bel für die Ak­teu­re. Wer ein Fan der Chem­nit­zer „Göt­ter­däm­me­rung“ ist, der wird auch die­sen „Tris­tan“ lie­ben, auch wenn er nicht ein­gän­gig ist in sei­ner Radikalität.

Be­such­te 2. Vor­stel­lung am 31. Ok­to­ber 2021, Erst­ver­öf­fent­li­chung auf https://​o​-ton​.on​line, mit freund­li­cher Ge­neh­mi­gung des Autors.

Ähnliche Beiträge