Es rumort wieder am Rande des Hügels. Es ist die Gesellschaft der Freunde von Bayreuth (GdF) bzw. deren Chef, die für Schlagzeilen sorgen.
Wer die jüngste Nachrichtenlage zu den Bayreuther Festspielen kennt – zunächst gab es eine ausführliche Meldung der Deutschen Presse-Agentur (dpa), dann die Artikel von Peter Jungblut auf BR Klassik, von Egbert Tholl in der Süddeutschen Zeitung (mit Bezahlschranke) und von Markus Thiel im Münchner Merkur – und daraufhin auf die Website der Gesellschaft der Freunde von Bayreuth geht, reibt sich überrascht die Augen, denn dort prangt, Oscar Wilde zitierend, als erstes der Satz: „Großzügigkeit ist das Wesen der Freundschaft“.
Tatsächlich unterstützen die „Freunde“ (GdF) seit stolzen 74 Jahren die Bayreuther Festspiele mäzenatisch und zählen seit der Gründung der Richard-Wagner-Stiftung 1973 und der Gründung der Bayreuther Festspiele GmbH 1985 zu den offiziellen Geldgebern des Festivals (Gesellschafteranteil: 29 Prozent) – neben dem Bund (29 Prozent), dem Freistaat Bayern (29 Prozent) und der Stadt Bayreuth (13 Prozent). Doch seit einiger Zeit ist nicht zu übersehen, dass die „Freunde“ die Festspiele nicht mehr vorbehaltlos wie früher die Festspielleitung unterstützen.
So warf sich der inzwischen 78-jährige Georg von Waldenfels, seit 2020 in Personalunion sowohl Chef des Mäzenatenvereins als auch Vorsitzender des Festspiel-Verwaltungsrats, schon länger auffallend für den langjährigen Festspieldirigenten Christian Thielemann in die Bresche. Er wollte den vormaligen musikalischen Berater auch weiterhin ans Haus gebunden sehen – und offenbar weniger Festspielleiterin Katharina Wagner, deren Vertragsverlängerung als Intendantin heuer ansteht. Im vergangenen Herbst wurde dann ruchbar, dass die GdF als einer der vier Gesellschafter der Festspiel-GmbH die Anschaffung von Spezialbrillen für die „Parsifal“-Neuinszenierung von Jay Scheib mit Augmented Reality nicht unterstützen werde. Was unschwer als eine handfeste Einmischung in künstlerische Entscheidungen gesehen werden kann.
Inzwischen hat der Nordbayerische Kurier in Bayreuth ein ausführliches Interview mit Georg von Waldenfels veröffentlicht (mit Bezahlschranke). In der Druckversion lautet der zitierende Titel „Ich komme sehr gut mit ihr aus“. Gemeint sein soll damit Katharina Wagner, deren Wirken von Waldenfels in den letzten Jahren eher kritisiert denn gut geheißen hat. Überhaupt fällt auf, wie von Waldenfels, der ausgebuffte Anwalt, CSU-Politiker, Ex-Minister, Sport- und Kulturfunktionär, in diesem Interview zurückrudert. Er verneint die gegebenen strukturellen Probleme, verneint auch, dass die GdF in 2024 rund eine Million Euro weniger leisten wolle, was aber genauso angeblich im Protokoll der letzten Verwaltungsratssitzung stehen soll, verneint schließlich, sich in künstlerische Fragen einzumischen. Die größte Herausforderung für die Festspiele sei, sagt er jetzt, ein breiteres und jüngeres Publikum zu finden. Was, wie Interviewer Roman Kocholl anmerkt, ein starkes Plädoyer für den Kurs von Katharina Wagner sei. „Ich habe“, antwortet von Waldenfels, „auch keinen Anlass, warum ich Katharina Wagner kritisieren sollte. Ich komme sehr gut mit ihr aus.“
„Paper don’t blush“ könnte darauf ein Engländer sagen. Und diese Formulierung trifft es viel besser als der deutsche Ausspruch vom geduldigen Papier. Man darf gespannt sein, wie es weiter geht mit den großzügigen Freunden. Und der Festspiel-GmbH. Und der Richard-Wagner-Stiftung Bayreuth, zu deren 50-jährigen Bestehen das Wagnermuseum Bayreuth von 1. April bis 18. Juni eine Sonderausstellung widmet.
P.S. Hier noch der neueste Stand via BR Klassik
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