Barrie Kosky hat sich ausführlich zum Straßennamen-Dossier des Berliner Antisemitismus-Beauftragten geäußert, in dem unter anderem empfohlen wird, den Richard-Wagner-Platz umzubenennen.
Die schon länger in vielen Städten, darunter München und Berlin, angedachte oder schon praktizierte kritische Hinterfragung von Straßennamen geht auch Wagnerianer (und Nicht-Wagnerianer) konkret an. Schließlich hat das Münchner Stadtarchiv in jahrelangen Recherchen eine Liste erarbeitet, auf der rund 330 Straßennamen stehen, die zumindest ein erklärendes Schild bekommen sollten. Bei immerhin 45, erklärte Ende September 2021 der Historiker Andreas Heusler, habe sich sogar erhöhter Diskussionsbedarf ergeben – darunter die Richard-Wagner-Straße, die Mottl-, Pfitzner und Richard-Strauss-Straße. Die Debatte dazu in der Landeshauptstadt hat begonnen, über mögliche Umbenennungen wird letztlich der Münchner Stadtrat entscheiden, voraussichtlich gegen Jahresende.
Umfangreich ist auch die Liste, die Samuel Salzborn, der Berliner Antisemitismus-Beauftragte in Auftrag gegeben hat. Der Historiker Felix Sassmannshausen schlägt in dieser Liste für die Bundeshauptstadt fast 100 von insgesamt 290 Straßennamen zur Umbenennung vor, darunter der Richard-Wagner-Platz in der Nähe der Deutschen Oper Berlin, der auch eine U-Bahn-Haltestelle ist. In einem lesenswerten Interview der Berliner Zeitung hat sich jetzt auch Barrie Kosky, Intendant der Komischen Oper Berlin und „Meistersinger“-Regisseur von 2017 bis 2021 in Bayreuth, dazu geäußert. Den Namen Richard Wagners von Plätzen und Straßen zu tilgen, hält Kosky schlichtweg für lächerlich: „Meine erste Reaktion“, erklärt er der Interviewerin Susanne Lenz, „war wirklich schallendes Gelächter. Das kommt mir vor, als sei das aus einem Film von Mel Brooks darüber, wie der Deutsche im 21. Jahrhundert mit Richard Wagner und Antisemitismus umgehen soll. Meine zweite Reaktion war Wut.“ Es lohnt sich, das komplette Interview zu lesen.
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