Wagner und Corona? Ja doch! Er ist eben für fast alles gut. In seinem Briefwechsel* bin ich fündig geworden. Wohlan, ihr lieben Zeitgenossen, die ihr jetzt mehr Muße auch für eine etwas längere Lektüre haben könntet: Hier ist einer seiner glühenden Liebesbriefe an Minna Planer, die damals in Königsberg weilte. Man muss die erwähnten Personen und Lebensumstände nicht kennen, um zu verstehen, worum es in diesem Brief geht. Der gerade erst 23 Jahre alt gewordene Richard will die immerhin fast vier Jahre ältere Schauspielerin, die er gleichwohl immer wieder auch mit „mein Kind“ anredet, dafür gewinnen, ihn endlich zu heiraten. Er schreibt ihr am 22., 23. und 26. Juni 1836 den folgenden Brief aus Berlin ohne Anrede.
Ich habe einen Brief, – ich habe einen Brief, nun athme ich ja wieder, nun lebe ich wieder, u. fühle mich ja wieder so glücklich, – ich habe Dich noch, Du bist mir nicht verloren. Ich fühle wieder Thatenkraft in mir, die [Schwäche] meines Geistes ist gewichen. – Du bist mein, Du liebst mich, – nun muß gehandelt werden, nun [muß etwas] geschehen. Vorwärts, vorwärts! – O Minna, welch’ eine Gewalt übst Du über mich, jedes Deiner [Worte], Deiner Züge u. Mienen ist mir ein großes wichtiges Ereigniß. Begleite u. stärke mich in [meinem] Handeln u. Thun. – Gott gäbe mir die Kraft, Alles zu ertragen, u. lasse meine Bestrebungen [gelingen].
Den 23sten. Ich war gestern bei Wolf, indem ich Deinen Rath befolgte, der mir immer wie[der] heilig sein soll. Ich sprach mit ihm über allerlei Verhältnisse; er sagte, er hätte erst kürzlich [einen Brief] von Hübsch bekommen, worin er geäußert habe, Du hättest sehr gefallen u. er wäre mit Deiner [Po]sition sehr zufrieden. Er verteidigte den Hübsch sehr, er sei solid u. reell, nur oft noch zu … unüberlegt; ich habe ihm gesagt, wie ich mit demselben stehe, in jedem Falle war er bereit … dazu, daß, wenn er etwas für mich höre, – denn Liebhaberinnen würden schon mehrere gesucht – [so] wollte er es mir gleich mittheilen. Es ist dieß nur insofern gut, daß, wenn Schuberth wirklich nicht nach Riga gehen sollte, u. ich demnach nicht nach Königsb: kommen könnte, wir uns doch dahin …, daß wir zum Herbst zusammenkommen; ich würde Dich demnach in K. abholen, wo wir uns vielleicht gleich trauen lassen können. Erkundige Dich doch immer, ob es etwa dort Schwierigkeiten mache. Das beste ist u. bleibt natürlich immer, daß ich in dieser Zeit von selbst nach Königsberg kommen könnte, – was denn wol auch das Wahrscheinlichste u. Gewisseste ist. Nicht wahr, meine Minna? Ostern künftigen Jahres lassen wir dann die Geschichte im Stich u. gehen nach Berlin, – denn, wie ich Dir früher schon geschrieben habe: 1000 Thaler hoffe ich jedenfalls zu bekommen, da Kugler schon 800 Th: hat. Dann habe ich mich schon bei Cerf selbst erkundigt, was es für Nebenverdienste giebt! Denn alles, was ich arrangire, oder Extraproben u.s.w. wird appart bezahlt. Das giebt also vielleicht schon allein 1200 Thal: u. nun denke ich doch auch, daß mir meine Compositionen allmählig etwas eintragen sollen. Nicht wahr? Ich halte es also gar nicht mehr für nöthig, daß Du dann noch bei’m Theater bleiben müßtest, wiewol dieß Schwabe behaupten wollte, weil er meinte, wir würde[n] mit 1200 Thal. nicht auskommen. Was meinst du dazu? – Anfang July reist nun Gläser endlich fort. Ach, Gott, es thut mir wahrlich auch sehr noth, daß ich nun bald wieder etwas verdiene, denn ich habe hier in der niederdrückendsten Lage gelebt, – das kannst Du mir glauben, aber mein Stolz ist zu groß, als daß ich mich an die Meinigen wenden könnte, u. ich will es nun durchsetzen, wie ich es angefangen habe. – An Gottschalk habe ich wieder geschrieben, u. Alles dringend u. ordentlich vorgestellt, – beunruhige Dich nur nicht zu sehr, lieb Kind, – die können uns nichts anhaben, sie müssen warten, – u. wenn sie so patzig kommen, so ist das nur um zu schrecken, erzwingen können sie nichts. Uebrigens will Schwabe in diesen Tagen die Nachricht erhalten haben, daß die Mad: Gottschalk gestorben sei. Was sagst Du dazu? Elend sah sie immer aus, u. bös war sie auch, u. doch hat es auf mich einen sonderbaren Eindruck gemacht. – O Gott, mein Engel, ich habe im Ganzen bittre Jugend verlebt, Gott weiß, mein Mannesalter muß mich dafür entschädigen. In Deinen Armen u. an Deinem Herzen wird es auch so sein; – Du meine Wonne, dieß ist auch meine sicherste u. süßeste Hoffnung; seitdem ich mich ganz an Dich angeschlossen, ist doch, trotz allen Leiden, schon soviel Ruhe in mich gekommen, daß ich in Deinem vollen Besitze auch endlich die Festigkeit u. Ruhe ganz zu gewinnen hoffe, die für mich nöthig ist, um mit freiem u. ungetrübtem Muthe meiner Kunst mit Erfolg leben zu können. O sieh, wie Du mir Alles, Alles bist, wie ich durch Dich Alles zu erringen hoffe, mein süßes Leben, mein wonniges Herz! –
Den 26sten Juny. Heute erst schreibe ich wieder, denn erst heute bin ich mir klar, u. habe meine Fassung wieder. Es sind drei Tage her, daß ich Dir nichts geschrieben habe; – während diesen 3 Tagen habe ich nun wieder einmal erfahren, wie ich mit dem Glück stehe, u. was ich vom Schicksal zu erwarten habe. Minna, laß auch Du von mir, denn ich bin ein Unglücklicher. – Ich stehe im Begriff, in 8 Tagen von hier abzureisen, denn ich habe später hier weiter nichts mehr zu suchen. CERF ist ein unbedachter, leichtsinniger Mensch, der es gewiß recht gut mit mir gemeint hat, als er mir, solange ich nun hier bin, unaufhörlich Gläser’s Stellung hier anbot während dessen Abwesenheit; – Du weißt, wie gelegen das mir kam, weil ich mich bis zu der Zeit, wo ich nach Königsb: kommen könnte, hier anständig auf diese Art souteniren könnte. Ich sprach darüber zuerst mit Gläser u. nichts war gewisser. Daß es nun doch nicht dazu kommen kann, davon ist der Grund nicht etwa der, daß mir Cerf nicht mehr wohl wollte, sondern weil jetzt die Oper, was er früher nicht vermuthete, ganz u. gar geschlossen werden muß. Gestern sang die Gerhard zum letzten mal, Greiner ist schon lange fort, u. Holzmüller u. Fischer, die ursprünglich noch bis Ende August bleiben sollten, gehen nun in Folge eines Prozesses schon den 1sten July ab. Die Sache ist ganz einfach u. klar, u. ich bin hier der Ueberflüssige, der um seine Hoffnungen gekommen ist. Ich muß also nun Berlin verlassen. Der einzige Ersatz, den ich erhalten werde, u. der nun mir allerdings in künstlerischer Hinsicht die Hauptsache ist, ist der, daß mir Cerf meine Oper [gemeint ist „Das Liebesverbot“] abkauft, die er mir, selbst nach Gläser’s u[nd Genée’s?] Ansicht gut bezahlen muß, damit er mir zu gleicher Zeit einen Ersatz für meinen Aufenthalt hier gewärt. Gläser hat sich recht wacker gegen mich benommen, er hat mir auf das Herzlichste versichert, daß er meine Oper, sobald nur die Mittel wieder vorhanden sind, mit der größten Liebe u. Aufmerksamkeit einstudiren werde, u. hat mich darüber sehr beruhigt. Ich kann nun insofern Berlin mit großer Ruhe verlassen, denn ich weiß meine Oper in guten Händen, u. habe somit für mein höheres Weiterkommen am besten gesorgt; denn als ich unter Andern gestern Wolf fragte, was wol die besten Mittel wären, um meiner Oper an anderen Bühnen leichten Eingang zu verschaffen, sagte er, daß das beste Mittel wäre, sie an alle Bühnen Deutschlands zu bringen, wenn sie hier in Berlin gefiele. Und da hat er auch recht. Meine Oper, denke ich, muß hier gefallen; ich habe vieles drin verändert, u. sie wird hier sehr gut gegeben werden. Dann auch habe ich die bedeutendsten Schriftsteller hier alle zu Freunden, die es sich sehr angelegen lassen sein werden, sie besonders in auswärtigen Blättern sehr hervorzuheben. Laube hat schon jetzt in eine Stuttgarter Zeitung sehr viel von mir u. der Oper geschrieben**. – Somit denke ich also doch einen Zweck erreicht zu haben, u. ich sehe dieß als einen Bürgen für unsere Zukunft an, der uns den Rückgang nach Süd-Deutschland vorbehalten soll. Außerdem will ich aber noch meine Zeit hier dazu anwenden, den Cerf zum Abschluß eines Contraktes mit mir für das künftigen Jahr zu bewegen, denn ich stehe keinesweges gespannt mit ihm, sondern wir sind immer noch die besten Freunde; am besten wäre dieß jedoch, wenn es erst nach der Aufführung meiner Oper geschehe. – – Wolf sagte mir, daß Haake für Breslau eine ganz neue u. außerordentlich gute Oper durch ihn engagire, u. nun habe ich Wolf darauf aufmerksam gemacht, daß auch mir sehr viel an Breslau läge, u. daß der dortige Musikdirektor wenig taugen sollte; – er erbot sich darüber sogleich nach Breslau zu schreiben, denn er könnte mich mit dem besten Gewissen empfehlen, da er von Magdeburg aus außerordentlich viel Gutes über mich gehört habe. Mein Opernbuch schicke ich noch heute nach Breslau. Wolf besorgt Dir auch die Corona von Saluzzo***, Hr: Hübsch müßte sie bezahlen, sagte er. Auch nach Braunschweig schreibe ich noch, – u. Du siehst, mein gutes Leben, daß ich mir jetzt keine Vorwürfe zu machen habe, indem ich mit Umsicht u. Bedacht sorge u. handle. Was aber nun zunächst beginnen? – Darüber bin ich den ganzen gestrigen Tag mit mir zu Rathe gegangen, Alles reiflich überlegt u. habe gefunden, daß mir nur 2 Wege offen stehen; – ich gehe entweder nach – – Leipzig, – oder ich gehe nach – – Königsberg. Erschrick nicht, Minna, aber so steht es! – Mein Entschluß ist der: – nach Leipzig – – gehe ich nicht. – Nun höre: – ich hoffe hier ungefähr 60 Thaler übrig zu behalten, – mit diesem Gelde muß ich entweder meinen Zweck erreichen, oder ich muß sie opfern. – Ich komme von hier nach Königsberg, Alles wird sich schneller entscheiden, wenn ich selbst da bin, – Du, mein Engel kannst nicht so für mich sprechen u. handeln, wie ich für mich selbst; – dieß ist keineswegs ein Vorwurf, Du liebes Mädchen, sondern ich sehe dieß vollkommen ein, u. Dein letzter Brief hat mich auch davon überzeugt; – Du stellst Dich zu sehr blos u. kompromittirst Deine eigene Stellung, – das fühle ich u. sehe es ein. Ich werde es selbst thun u. habe es so überlegt: – Das Gewisse ist, Schuberth geht im September nach Riga. Ich werde nun mit dem Manne, den ich von früher her kenne, so reden: „Es sind noch 2 Monate, die Sie hier, (in K.) zu bleiben gedenken. Sie gehen dann nach Riga zurück. Sie haben in Riga Ihre Familie. Ohne Zweifel ist Ihnen lieb, dieselbe bald wieder zu sehen. Ich habe diese 2 Monate über nichts zu thun, u. es liegt mir daran, diese beiden Monate eher bei meiner Braut als irgendwo anders zuzubringen. Ohne Beschäftigung wünsche ich aber diese Zeit nicht zu verbringen. Ueberlassen Sie mir daher schon von jetzt an Ihre Stelle, gehen Sie nach Riga zu Ihrer Familie, u. disponiren Sie gefälligst über Ihren Gehalt für den nächsten Monat, – u. entschädigen Sie sich damit, ich will meine eigenen Mittel bis dahin zu Rathe ziehen.“ – Ich hoffe, mein Kind, daß ich darüber mit ihm einig werde, u. will die 30 Thaler, die mir nach der Hinreise übrig bleiben werden, für einen Monat zu meinem Leben verwenden, u. hoffe damit auszukommen, ohne jemand beschwerlich zu fallen. – Der zweite Fall ist der, daß Schuberth nicht nach Riga zurückgehen wollte, so würde ich sogleich mit Riga in Unterhandlung treten, wo ich sowohl den Direktor als den dortigen Stadtmusik-Direktor Dorn, früher in Leipzig, sehr gut kenne, um uns für dort eine Vereinigung zu bereiten. Für den allerschlimmsten Fall, daß sich garnichts machte, so würde ich mit meinem übrigen Gelde zurückreisen, um mich in Leipzig – – todtzuschießen! – Wie ist Dir, mein Kind? – Bist du für oder gegen diesen Plan? Es ist der einzige Ausweg, der mir jetzt offen steht. Es ist von mir keine Flatterei, es ist mir feierlicher Ernst. Es muß jetzt etwas geschehen, das habe ich schon längst gefühlt, u. habe es Dir auch schon geschrieben; es ist meine äußerste u. ernstliche Anstrengung, – führt diese nicht zu unsrem Glücke, – – nun so sollen wir kein Glück haben! – Zudem habe ich jetzt einige Mittel in Händen, Hrn: Hübsch günstig für mich zu disponiren. Erstlich wird mir Hr: Wolf, der der intimste Freund von Hr: Hübsch ist, einen Brief an ihn mitgeben, der sehr zu meinem Besten wirken soll. Zweitens habe ich durch denselben erfahren, daß Hübsch sehr nöthig einen Tenoristen gebraucht. Wolf reflektirt auf Schmitt in Leipzig, den er für den besten hält, u. zugleich für den einzigen, – Schmitt stehe aber auch in Unterhandlungen mit Breslau, u. wird Breslau gewiß vorziehen; jedoch liegt es ganz in meiner Macht, Schmitt für Königsberg zu bestimmen, u. ich kann somit Hr: Hübsch einen großen Dienst leisten. Sag’ ihm das! – – Du wirst gewiß sehr überrascht sein, meine Minna, von meinem Entschluß u. Vorsatz, Du wirst es vielleicht im ersten Augenblick tollkühn u. voreilig nennen. Betrachte es ruhig, mein Engel, es ist jetzt das Einzige, was ich für die Entscheidung unsres Glückes thun kann. Es heißt jetzt: Entweder, Oder –, u. es ist von mir in einer feierlichen Stunde, wo es mir ernst u. düster zu Muthe war, beschlossen worden, u. ich erwarte umgehend von Dir eine Nachricht, ob Du mit mir übereinstimmst, – u. ich hoffe, Du wirst es! Ich hoffe es!
Ehe ich abreise, schreibe ich nach Magdeburg an meinen Justizkommissar, daß er meine Zahlungstermine verschieben lassen soll, u. beweist sich Hr: Gottschalk hartnäckig, so übertrage ich ihm die Sache mit ihm, u. kläre ihn über die Art der Schuld auf, wodurch jener gewiß zur Nachgiebigkeit gebracht wird. – Mein liebes Weib, das Unglück macht mich nun allmälig stark, u. Du wirst mich vielleicht schon jetzt um vieles verändert finden. Halte mich in diesem Augenblick nicht im Mindesten für aufgeregt, ich bin in einer ernsten, feierlichen u. entschlossenen Stimmung. – Mein Entschluß steht fest, u. Du wirst mich durch nichts davon abbringen können, außer, wenn Du mir schriebst, oder zu verstehen gäbest, meine Gegenwart würde Dir jetzt unangenehm oder lästig sein. Nur dieß würde mich abhalten, meinen Entschluß auszuführen. – Ich muß Dich jetzt sehen, Minna, ich muß jetzt vereint mit Dir unser Schicksal entscheiden; – Gott wird uns Muth u. Kraft, u. endlich auch einmal Glück geben. Wo nicht, nun, so breche es denn zusammen, u. das Schicksal mache Dich frei von einem Geliebten, von einem Bräutigam, der zu Deinem Unglück da sein sollte, zu Deinem Kummer, Qual u. Noth. – – Schreibe mir umgehend, denn späthestens in 8 Tagen erwarte ich Deine Antwort, sieh, was Du mir noch in der Schnelligkeit mittheilen kannst, sondire flüchtig den Schuberth u. den Hübsch, u. denn Gott befohlen! Ich kann nicht weiter! – Sei so mild als möglich gegen mich, meine Minna, denn ich habe einen furchtbaren Argwohn gegen mich selbst, – nähmlich, daß ich ein Friedensstörer, Plagegeist u. lästiger Geselle bin, – daß Du meiner allmälig überdrüssig werden würdest u.s.w. – Ich bin auch ein ekliger Mensch, ein graues u. schwarzes Blatt in Deinem Lebensbuche, ein Unglückspinsel, – jaja, – u. dazu noch hypokondrisch, – ’s ist arg. Soll aber besser, besser werden, – besser, viel besser; – – Glück, – oder – – Sieh, da komme ich in meine Lieblingslaune, –in dergleichen liebenswürdigen Selbstgesprächen kannst Du mich jetzt oft überraschen; – ich bin ein ernster, trüber Narr geworden, – jaja, Minna, das Leben, das Glück! – Hab’ Mitlied mit mir, hab‘ Mitleid, mein Engel, Du wirst mich wieder gesund machen, dann bricht entweder mein Herz in tausend Stücken, oder – Glück, – Glück – Minna! Ach, schon verzweifle ich an meinem Erdenglück; – liebe mich, – behalte mich lieb, aber schmähe mich nicht, hab’ Mitleid mit einem Unglücklichen, denn er ist ja doch Dein Richard.
*Richard Wagner. Sämtliche Briefe. Gesamtausgabe in 35 Bänden und Supplementen, Band 1 (Briefe bis März 1842), Verlag Breitkopf & Härtel
**In der Wochenschrift „Europa. Chronik der gebildeten Welt“ (Leipzig und Stuttgart) erschien im Jahr 1836, Bd. 2, in der Beilage Nr. 5 vom 4. Mai 1836, S. 19, folgende, vermutlich von Heinrich Laube übermittelte Notiz: „In Magdeburg wurde eine neue komische Oper ‚die Novize von Palermo‘ von Richard Wagner, Musikdirektor am Theater daselbst, am 29. März mit Beifall gegeben.“ Ob Laube außerdem in einer Stuttgarter Tageszeitung „sehr viel“ von Wagner „und der Oper“ geschrieben hat, erscheint sehr fraglich. Wagners Äußerung könnte durchaus ironisch aufzufassen sein.
***„Corona von Saluzzo“, Romantisches Schauspiel vom Benjamin Ernst Salomo Raupach, uraufgeführt am Wiener Burgtheater in der Saison 1834/35 und später auch in Oldenburg, woher der hier abgebildete Theaterzettel stammt. Vorlage: Landesbibliothek Oldenburg digital.
Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, darf der einzige Corona-Eintrag in Cosima Wagners Tagebüchern nicht fehlen. Sie notierte zum 3. April 1870:
Sonntag 3ten Brief des Advokaten aus Berlin, daß ich nichts zu tun und bloß zu warten habe. R. arbeitet, ich sticke. Beim Frühstück sprechen wir vom Hamlet, und R. sagt mir, er hielte dafür, daß Hamlet nach der Erscheinung des Geistes komplett wahnsinnig ist, nicht etwa sofort den Wahnsinn spielt, sondern wirklich es geworden. – Ob Fidi dem Zauber der Musik verfallen wird? „Wenn er es nicht würde, wäre er ein Vieh!“ „Beethoven unsrer Welt gegenüber ungefähr ein Mensch wie Eberle, durch sein Genie aber in einer Welt zu Hause, von welcher er jeden Winkel kennt und von der wir keine Ahnung haben.“ „Darum hassen und fürchten [sie] die Musik so sehr, weil sie wissen, daß nichts gegen sie Stich hält. Es ist nicht die Darstellung einer Idee, sondern die Idee selbst.“ „Das ganze Schönheitsgefühl der Menschheit hat sich in die Musik geflüchtet“, sagt ich zu R., und er gab mir Recht. – Der Brief Richard’s an Richter steht in der Zeitung und ein Bericht aus Florenz, laut welchem Hans in Florenz mit großem Beifall dirigiert und gespielt hat und der König von Italien den Orden der Corona d’Italia ihm verliehen. Im Garten mit den Kindern gespielt; herrliches Wetter!
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