Adventskalender 1871 (4)

Heu­te wirft sich R. wie­der zu ei­ner wun­der­ba­ren Lob­prei­sung sei­ner Gat­tin auf, an­sons­ten herrscht in Co­si­mas Ta­ge­buch Trib­sche­ner Win­ter-All­tag mit Schnee, Frost und vie­len Briefen.

Die Ähn­lich­keit ist nicht zu über­se­hen: Ot­ti­lie Brock­haus war die zweit­jüngs­te der ins­ge­samt sechs Wag­ner-Schwes­tern. Vor­la­ge: Fa­mi­li­en­brie­fe von Ri­chard Wag­ner 1832–1874

Mon­tag 4ten [De­zem­ber 1871] Ni­ko­laus-Tag[1]; Schnee und Frost, R. ruft mir zu: „Du bist ein phi­lo­so­phi­scher Be­griff, cau­sa ef­fi­ci­ens und fi­na­lis, Grund und Ur­sa­che des Le­bens.“ Gro­ße Freu­de über die An­kunft Anna Stadelmann’s[2] für die Kin­der. Hoff­nung, daß bes­se­re Ord­nung ein­tritt. An Ot­ti­lie[3] ge­schrie­ben. Mit den Kin­dern ge­ar­bei­tet und ge­spielt; Brief von M. Muchan­off[4], Frl. Liszt[5] u.s.w. Abends Scho­pen­hau­er. Luc­ca[6] schreibt, daß die Trup­pe von Bo­lo­gna nach Flo­renz nun geht, um den Lo­hen­grin zu ge­ben. (R. schreibt an den Kö­nig)[7].

[1] Hier irrt die Ta­ge­buch­schrei­be­rin natürlich.

[2] Anna Sta­del­mann, ein neu­es Kin­der­mäd­chen, das Co­si­ma auf Emp­feh­lung von ih­rer Schwä­ge­rin Ot­ti­lie Brock­haus en­ga­giert hat.

[3] Ot­ti­lie Brock­haus (1811–1883) ist eine Schwes­ter Wag­ners, ver­hei­ra­tet mit dem Ori­en­ta­lis­ten Her­mann Brock­haus und Mut­ter von Cle­mens und Fried­rich Brock­haus. Im Haus Ot­ti­li­ens lern­te Wag­ner 1868 den 24-jäh­ri­gen Fried­rich Nietz­sche ken­nen, über Ot­ti­lie bahn­te sich üb­ri­gens noch eine be­deut­sa­me Be­kannt­schaft an, denn die Fa­mi­lie Brock­haus war weit­läu­fig mit dem Bay­reu­ther Ban­kier und Po­li­ti­ker Fried­rich Feus­tel ver­wandt. Je­den­falls be­rief sich Wag­ner in sei­ner ers­ten Fest­spiel-An­fra­ge an Feus­tel vom 1. No­vem­ber 1871 aus Lu­zern auf Ot­ti­lie und sei­nen Nef­fen Cle­mens Brock­haus. Eine wert­vol­le Ver­net­zung, denn nicht nur Feus­tel soll­te ein Freund und För­de­rer Wag­ners, sei­ner Fa­mi­lie und der Fest­spie­le wer­den, son­dern auch des­sen Schwie­ger­sohn Adolf von Groß.

[4] Ma­rie Muchan­off (1822–1874), vor­mals ver­hei­ra­te­te Ka­ler­gis, ist eine Pia­nis­tin, Freun­din und Mäzenin.

[5] Laut Ta­ge­buch-Fuß­no­te eine Cou­si­ne Co­si­mas in Wien.

[6] Fran­ces­co Luc­ca (1802–1872), Mu­sik­ver­le­ger in Mailand.

[7] Zu dem aus­führ­li­chen Brief an Lud­wig II. vom 4. De­zem­ber legt Wag­ner als ver­spä­te­tes Ge­burts­tags­ge­schenk für den Kö­nig die von Wil­helm Spie­gel an­ge­fer­tig­te Ab­schrift der Or­ches­ter­skiz­ze des 2. Akts „Göt­ter­däm­me­rung“ so­wie den Erst­druck des 1. Bands sei­ner Ge­sam­mel­ten Schrif­ten bei. Er prä­zi­siert in die­sem Schrei­ben sei­ne Bay­reuth-Plä­ne und kün­digt sei­nen kom­men­den Mün­chen-Auf­ent­halt von 9. bis 13. De­zem­ber an.

Quel­len: Co­si­ma Wag­ner: Die Ta­ge­bü­cher: Band I, S. 1563. Di­gi­ta­le Bi­blio­thek Band 107: Ri­chard Wag­ner: Wer­ke, Schrif­ten und Brie­fe, S. 34724 (vgl. Co­si­ma-Ta­ge­bü­cher 1, S. 465); Ri­chard Wag­ner: Sämt­li­che Brie­fe, Band 23 (hg. v. An­dre­as Miel­ke); https://​www​.in​fran​ken​.de/​u​e​b​e​r​r​e​g​i​o​n​a​l​/​i​n​f​r​a​n​k​e​n​b​l​o​g​/​d​e​z​i​d​i​e​r​t​e​-​n​a​t​u​r​e​l​l​a​e​h​n​l​i​c​h​k​e​i​t​-​a​r​t​-​4​0​7​028

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