„Probieren kann man’s immer“

Ka­tha­ri­na Wag­ner und Hol­ger von Berg, die bei­den Ge­schäfts­füh­rer der Bay­reu­ther Fest­spie­le GmbH, bei der letzt­jäh­ri­gen Pres­se­kon­fe­renz. Foto: Jörg Schulze/​Bayreuther Festspiele

In­ter­view: Hol­ger von Berg, Ge­schäfts­füh­ren­der Di­rek­tor der Bay­reu­ther Fest­spie­le, spricht über die Neue­run­gen im Kar­ten­ver­kauf – und über die schwar­zen Schafe.

Die Zei­ten, wo man bis zu sie­ben Jah­re auf eine Fest­spiel­kar­te war­ten muss­te, sind vor­bei: Auch ohne War­te­lis­te gab es sechs Tage vor Fest­spiel­be­ginn im On­line-So­fort­ver­kauf noch Ti­ckets für die Vor­stel­lung des „Flie­gen­den Hol­län­ders“ am 7. Au­gust. Die jün­ge­ren Än­de­run­gen im Kar­ten­ver­kauf und Maß­nah­men ge­gen den Schwarz­markt hat Hol­ger von Berg auf den Weg ge­bracht. Der 52-jäh­ri­ge Di­plom-Volks­wirt be­gann sei­ne Thea­ter­lauf­bahn an der Al­ten Oper Frank­furt, wei­te­re Sta­tio­nen führ­ten ihn ans Lan­des­thea­ter Meck­len­burg in Neu­stre­litz und die Städ­ti­schen Büh­nen Re­gens­burg. Von 2002 an war er Ge­schäfts­füh­ren­der Di­rek­tor des Baye­ri­schen Staats­schau­spiels in Mün­chen, seit April 2016 ist er Ge­schäfts­füh­ren­der Di­rek­tor der Bay­reu­ther Festspiele.

Was muss man tun, wenn man jetzt noch Fest­spiel­kar­ten kau­fen will?
Hol­ger von Berg: Am Auf­füh­rungs­tag um zehn Uhr di­rekt im Kar­ten­bü­ro nach­fra­gen, ob noch et­was zu­rück­ge­kom­men ist, denn na­tür­lich neh­men wir in be­grün­de­ten Fäl­len auch ver­kauf­te Kar­ten in Kom­mis­si­on wie­der zu­rück. Und man kann im In­ter­net nach­gu­cken, im On­line-So­fort­ver­kauf. Groß sind die Chan­cen nicht mehr, aber pro­bie­ren kann man’s immer.

Muss man on­line nicht schon als Kun­de re­gis­triert sein, da­mit man sich an­mel­den kann?
Hol­ger von Berg: Das ist nur nö­tig, wenn wir den On­line-So­fort­ver­kauf star­ten, denn dann ist der An­sturm auf un­se­re Sys­te­me so groß, dass wir bei­des nicht par­al­lel schal­ten kön­nen. Ak­tu­ell müss­te al­les ohne Pro­ble­me ge­hen – was na­tür­lich auch ab­hängt von den je­wei­li­gen Com­pu­ter­kennt­nis­sen der Be­stel­ler, die, wie soll ich sa­gen, sehr un­ter­schied­lich sind. Aber die bis­he­ri­gen Quo­ten des Aus­drucks von On­line-Kar­ten sind ziem­lich gut.

Neu ist die Per­so­na­li­sie­rung der Online-Karten. 
Hol­ger von Berg: Das ist ja in vie­len Be­rei­chen in­zwi­schen üb­lich. Da wir uns im Zuge der Di­gi­ta­li­sie­rung kom­plett auf On­line-Ti­ckets um­stel­len wol­len, ist die Per­so­na­li­sie­rung ein Si­cher­heits­merk­mal für die Kar­te und auch ein Ab­wehr­me­cha­nis­mus, der den Schwarz­markt betrifft.

Was soll­te man tun, wenn die aus­ge­druck­te Per­so­na­li­sie­rung nicht mehr stimmt?
Hol­ger von Berg: Am bes­ten recht­zei­tig kom­men und ins Kar­ten­bü­ro gehen.

Muss man, wie es in den Ge­schäfts­be­din­gun­gen steht, für die Än­de­rung pro Kar­te bis zu zwan­zig Euro ex­tra zahlen?
Hol­ger von Berg: Das hängt vom je­wei­li­gen Grund ab. Wenn je­mand krank ge­wor­den ist oder aus an­de­ren plau­si­blen Grün­den nicht kann, ist das kein The­ma, ins­be­son­de­re dann, wenn der Be­stel­ler sel­ber vor Ort steht. Wir wer­den in die­sem Jahr – das Per­so­nal wird ge­ra­de ent­spre­chend ge­schult, da­mit wir das al­les rei­bungs­los re­geln kön­nen – ku­lant sein, weil so­wohl wir selbst als auch un­se­re Kun­den sich erst dar­an ge­wöh­nen müs­sen. Und wie bei an­de­ren Neue­run­gen auch, hilft manch­mal zu­nächst  ein freund­li­cher Hin­weis. Aber wenn sich uns auf­drängt, dass es be­kann­te Schwarz­markt­händ­ler sind, die an­de­re zum Um­schrei­ben rein­schi­cken, kann das pro Kar­te zwan­zig Euro kosten.

Was tut sich denn auf dem Schwarzmarkt?
Hol­ger von Berg: Wir ha­ben den Ein­druck, dass es we­ni­ger ge­wor­den ist. Wir ha­ben al­ler­dings ei­ni­ges dazu ge­tan – auch da­durch, dass wir die Kar­ten sehr spät ver­schickt ha­ben. Erst da­nach ging es auf den ein­schlä­gi­gen Por­ta­len spür­bar los.

Was ist so schlimm daran?
Hol­ger von Berg: Es ist nicht ein­zu­se­hen, dass an­de­re mit un­se­ren Ti­ckets Zu­satz­ge­schäf­te ma­chen. Sonst könn­ten am Ende un­se­re öf­fent­lich-recht­li­chen Ge­sell­schaf­ter viel­leicht sa­gen, war­um ma­chen die Fest­spie­le das nicht selbst und er­hö­hen die Prei­se! Das aber ist et­was, das wir nicht un­be­dingt wol­len, bloß weil da zwei drei schwar­ze Scha­fe sind. Es wird im­mer ei­nen Schwarz­markt, ei­nen Se­kun­där­markt für Ti­ckets ge­ben – und die­sen Leu­ten wol­len wir es zu­neh­mend schwer machen.

Für die meis­ten ist es jetzt leichter …
Hol­ger von Berg: Der Bun­des­rech­nungs­hof hat uns ja auf­ge­ge­ben, so et­was wie eine Ver­tei­lungs­ge­rech­tig­keit zu or­ga­ni­sie­ren. Des­we­gen ver­su­chen wir, dass mög­lichst vie­le Be­stel­ler Kar­ten be­kom­men. Im Er­geb­nis be­kommt dann der ein­zel­ne nicht mehr so vie­le, wie das frü­her viel­leicht der Fall war. Und des­halb ha­ben wir beim On­line-So­fort­ver­kauf eine War­te­zeit von 24 Stun­den für die­je­ni­gen ein­ge­führt, die schon Kar­ten ha­ben. Ich weiß, es gibt Fa­mi­li­en, die zu fünft kom­men wol­len, aber nur vier Kar­ten ha­ben. Aber wir kön­nen es eh’ nicht al­len recht machen!

Ha­ben sich die Kar­ten­kon­tin­gen­te in den letz­ten Jah­ren verändert?
Hol­ger von Berg: In den drei vier Jah­ren, in de­nen ich das über­bli­cken kann, nein.

Die Ge­sell­schaft der Freun­de von Bay­reuth be­kommt 14 000?
Hol­ger von Berg: Ge­nau sind es 13 996. Es ge­hen au­ßer­dem 1200 Kar­ten weg für die Wag­ner­ver­bän­de, 1000 für Ju­gend-, Nach­wuchs­för­de­rung und die Sti­pen­dia­ten, klei­ne­re Kon­tin­gen­te für die Pres­se, die Mit­wir­ken­den und Ähn­li­ches. Was al­lein die Fest­spie­le in die­sem Jahr ver­kauft ha­ben, sind zir­ka 44 000 Karten.

Und die Reiseveranstalter?
Hol­ger von Berg: Krie­gen grund­sätz­lich kei­ne Kar­ten von uns. Wie die An­zei­gen schal­ten kön­nen für Fest­spiel­rei­sen zu Ri­chard Wag­ner nach Bay­reuth, ist mir schleierhaft.

Sie brau­chen den Schwarzmarkt …
Hol­ger von Berg: … oder die Rei­se fin­det viel­leicht gar nicht statt! Ich ver­mu­te in­zwi­schen, dass das zu­min­dest teil­wei­se nichts an­de­res ist als rei­ne Kun­den­adres­sen­ak­qui­se. Da gibt es dann An­ge­bo­te für Ba­den-Ba­den oder nicht aus­ver­kauf­te an­de­re Festspiele.

Bei der Süd­deut­schen Zei­tung gibt es Bay­reuth als Le­ser­rei­se mit Ga­le­rie­plät­zen. Wie schaf­fen die das?
Hol­ger von Berg: Das weiß ich nicht. Wo­bei das wohl eher so sein wird, dass es min­des­tens Ga­le­rie ist und für ei­nen Auf­preis bes­se­re Plät­ze zu ha­ben wä­ren. Ge­ra­de bei der Ga­le­rie ha­ben wir ein be­son­de­res Au­gen­merk drauf, wer die­se Kar­ten letzt­end­lich kau­fen kann.

Was emp­feh­len Sie Be­su­chern, die ihre Kar­te nicht di­rekt bei Ih­nen bzw. Ih­ren Part­nern ge­kauft haben?
Hol­ger von Berg: An­sprech­part­ner für alle Fäl­le ist das Kar­ten­bü­ro, das auf­füh­rungs­täg­lich von zehn bis zwölf Uhr ge­öff­net ist und je­weils zwei Stun­den vor Be­ginn der Vor­stel­lung. Grund­sätz­lich ver­kau­fen wir Kar­ten di­rekt an die­je­ni­gen, die sie auch nut­zen, an End­ver­brau­cher ge­wis­ser­ma­ßen – und nicht an Zwi­schen­händ­ler. Wer sich dar­auf ein­lässt, Kar­ten auf dem Schwarz­markt zu er­wer­ben, dem kön­nen wir nur dann hel­fen, wenn wir auch wis­sen, wer die Kar­te wirk­lich ge­kauft hat. Na­tür­lich kann es pas­sie­ren, dass man ver­hin­dert ist: weil man krank wird oder weil die Toch­ter zu­fäl­lig im Au­gust hei­ra­tet und man die Kar­ten schon im No­vem­ber be­stellt und ge­kauft hat. In sol­chen Fäl­len neh­men wir Kar­ten in Kom­mis­si­on zu­rück, und die Käu­fer be­kom­men ihr Geld wie­der, wenn wir die Kar­ten ver­kauft ha­ben. Das klappt in der Re­gel. Wir hat­ten in etwa 120 Fäl­le, wo wir das ge­macht ha­ben – und das war mit ei­ner der Grün­de, war­um es den zwei­ten On­line-So­fort­ver­kauf 2018 noch gab. Es kann ja nicht sein, dass wir Maß­nah­men ge­gen den Schwarz­markt un­ter­neh­men und auf der an­de­ren Sei­te Kar­ten nicht zu­rück­neh­men und die­je­ni­gen, die nicht sel­ber kom­men kön­nen, auf den Schwarz­markt zwingen.

Wer muss mit Pro­ble­men rech­nen, wenn er Fest­spiel­kar­ten auf eBay anbietet?
Hol­ger von Berg: So­lan­ge je­mand nicht mehr ver­langt als den re­gu­lä­ren Kar­ten­preis, ent­spricht das un­se­ren All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen. Wer Auf­prei­se ver­langt, ris­kiert eine Ab­mah­nung. Im letz­ten Jahr gab es da­von knapp fünf­zig, das heißt, wer ab­ge­mahnt wird, be­kommt ers­tens die be­zahl­ten Kar­ten nicht, zwei­tens wird das Geld nur ab­züg­lich ei­ner Ge­bühr zu­rück­er­stat­tet und drit­tens ver­kau­fen wir an der­lei Schwarz­händ­ler auch in Zu­kunft kei­ne Kar­ten mehr. Wir müs­sen da­bei na­tür­lich auf­pas­sen, dass wir nicht alle Kar­ten­käu­fer un­ter Ge­ne­ral­ver­dacht stel­len we­gen je­nen ein bis zwei Pro­zent, die sich nicht an die Re­geln halten.

Was ist in Be­zug auf den Kar­ten­ver­kauf ak­tu­ell Ihr größ­ter Wunsch?
Hol­ger von Berg: Dass er so bleibt, wie er ist. Wir sind aus­ver­kauft, ha­ben wie im­mer viel mehr An­fra­gen als Kar­ten. Die Man­gel­ver­wal­tung ist zwar an­stren­gend, aber ei­gent­lich ganz schön.

Erst­ver­öf­fent­li­chung im Feuil­le­ton des Frän­ki­schen Tags am 19. Juli 2018